Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Berufs von einem anderen Staat belangt werden, ist ungewöhnlich. Es ist nun einmal ihre Pflicht, deutsche Steuersünder zu jagen. Doch es geht gar nicht um die drei Steuerfahnder, denn sie haben pflicht- und auftragsgemäß gehandelt. Es geht vielmehr um das Verhältnis zweier souveräner Staaten und um die Grundsatzfrage, ob der Staat sich rechtlich zweifelhafter Methoden bedienen darf, um seine Gesetze durchzusetzen. Zum Beispiel, indem er Diebesgut als Beweisstück nutzt und überdies Geld dafür bezahlt, um in dessen Besitz zu kommen.
Wohl ist einem dabei nicht. Schon gar nicht darf das ökonomische Kalkül erlaubt sein, wonach der Staat nur 2,5 Millionen Euro für das Diebesgut bezahlen muss, um an 100 Millionen Euro Fluchtsteuer zu kommen. Wer soll einem Staat noch trauen, der (Steuer-)Gerechtigkeit herstellt, indem er rechtswidrig handelt? Der Zweck heiligt nicht die Mittel: Das ist die Botschaft, die der Haftbefehl aus der Schweiz aussendet. Schließlich ist das Alpenland ein Rechtsstaat und keine Bananenrepublik.
Mehr und mehr geht die traditionelle staatliche Souveränität verloren. Staaten versuchen, den Geltungsbereich ihrer Rechtsordnung auf andere Staaten auszudehnen – das gilt derzeit vor allem im Bereich Steuern. Doch es ist nicht nur der hehre Gleichheitsgrundsatz bei der Besteuerung, der die Länder bewegt. Hinzu kommt die schiere Haushaltsnot, die Staaten, darunter auch Deutschland, in Steuerfragen zunehmend bissiger werden lässt. In der Schweiz ist Steuerhinterziehung keine Straftat, was den Banken bislang ein lukratives Offshore-Geschäft mit ausländischen Kunden ermöglichte hat. Selbst wenn sie nicht aktiv und offensiv Steuerflüchtlinge angelockt haben.
Eines muss in jedem Fall klar sein: Die wahren Täter sind nicht die Steuerfahnder, sondern diejenigen, die in Deutschland große Vermögen anhäufen, sich dann aber aus dem Staub machen. Die Schweiz setzt sich im konkreten Fall auch nicht ein, um Kriminelle zu schützen. Das Alpenland hat sein Strafrecht, darin ist die Verletzung des Bankgeheimnisses nun mal mit Strafe bedroht (§ 273). Zusätzlich versucht die Schweiz, ihre wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen und so lange wie möglich den Zustand zu bewahren, der ihr als Finanzplatz jahrzehntelang Vorteile gesichert hat. Die Steuermilliarden aus dem Ausland gehören dazu. Im Streit zwischen der Schweiz und Deutschland spielen zudem die Empfindlichkeiten eines Kleinstaats gegenüber der mächtigsten Wirtschaftsmacht Europas eine große Rolle.
Deutsch-schweizerischer Steuerdeal: letzte Chance für Steuerhinterzieher
Anfang April 2012 war es endlich soweit: Durch das nachgebesserte Steuerabkommen mit der Schweiz bleiben Zehntausende deutsche Steuerbetrüger nicht nur anonym. Sie zahlen auch weniger als das, was ein ehrlicher Steuerzahler in der gleichen Zeit hat zahlen müssen. Zehn Milliarden Euro Zusatzeinnahmen verspricht sich das Finanzministerium, doch ob dieser Betrag letztlich zusammenkommt, bleibt offen. Denn die Schwarzgeldbesitzer können bis Ende 2012 ihre Gelder von den Schweizer Banken abziehen und zu Finanzinstituten in Offshore-Zentren, mit denen Deutschland keine Informationsaustauschabkommen in Steuerangelegenheiten hat, transferieren.
Die verschärften Regelungen erfassen auch Erbschaften, außerdem werden Schwarzgeldvermögen deutscher Steuersünder für die vergangenen zehn Jahre einmalig mit 21 bis 41 Prozent besteuert. Auf alle künftig anfallenden Kapitalerträge soll der in Deutschland geltende Steuersatz von 26,4 Prozent erhoben werden. Der Bund erhofft sich hieraus in Zukunft jährlich eine Milliarde Euro an Einnahmen. Die Schweiz überweist das Geld an den deutschen Fiskus, die Steuersünder bleiben anonym.
Der konkrete Steuertarif wird mit einer komplizierten Formel berechnet. Er steigt umso stärker an, je mehr Geld auf das jeweilige Konto geflossen ist. Damit dürfte für viele Betroffene eine herkömmliche strafbefreiende Selbstanzeige in Deutschland die günstigere Lösung sein. Erben müssen 50 Prozent des Schwarzgeldvermögens abführen, sofern sie nicht einer Offenlegung des Depots zustimmen – und damit meist deutlich besser davonkommen. Die deutschen Steuerbehörden können zudem jährlich 650 Auskunftsersuchen über deutsche Steuerpflichtige stellen, von denen keine Kontoverbindungen bei Schweizer Banken bekannt sind.
Das Abkommen respektiert das Bankkundengeheimnis der Schweiz, zugleich sorgt es dafür, dass Deutschland berechtigte
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