Steve Jobs: Die autorisierte Biografie des Apple-Gründers (German Edition)
abgehängt.« Er erklärte, das Windows-Team müsse etwas Entsprechendes auf den Markt bringen, und fügte hinzu: »Das erfordert eine Neuausrichtung auf einen End-to-End-Dienst mit einem direkten und sofortigen Nutzen für den Anwender, etwas, was wir bislang noch nicht haben.« Microsoft verfügte zwar über einen eigenen Internetservice (MSN), aber anders als Apple setzte man in der Regel nicht auf End-to-End-Lösungen.
Um 22.46 Uhr meldete sich schließlich Bill Gates zu Wort. Sein Betreff – »Jobs mal wieder« – verriet seinen Ärger. »Steve Jobs’ Fähigkeit, sich auf einige wenige relevante Sachen zu konzentrieren, Leute anzuheuern, die gute Benutzeroberflächen zustande bringen, und Produkte als revolutionär zu vermarkten, ist ganz erstaunlich«, erklärte er. Und auch er zeigte sich überrascht, dass Jobs imstande gewesen war, die Plattenfirmen für den iTunes Store zu gewinnen. »Das kommt mir ziemlich seltsam vor. Deren Download-Dienste sind wirklich alles andere als benutzerfreundlich. Aus irgendeinem Grund haben sie Apple die Möglichkeit übertragen, etwas sehr Gutes zu machen.«
Gates fand es außerdem seltsam, dass sonst keiner einen Dienst zustande gebracht hatte, mit dem man Musikstücke erwerben und nicht nur monatsweise abonnieren konnte. »Ich will damit nicht sagen, dass wir es vermasselt haben – oder wenn wir es vermasselt haben, dann auch nicht mehr als Real und Pressplay und MusicNet und alle anderen«, schrieb er. »Nun, da Jobs es geschafft hat, müssen wir schnellstens etwas mit ebenso guter Oberfläche und ebenso guten Konditionen hinbekommen … Wir müssen beweisen, dass wir schnell reagieren und gleichziehen oder sogar besser sein können, auch wenn uns Jobs wieder einmal kalt erwischt hat.« Das war ein erstaunlich persönliches Eingeständnis: Microsoft war wieder einmal kalt erwischt worden und würde wieder einmal versuchen, Boden gutzumachen, indem es Apple kopierte. Aber Microsoft schaffte es genauso wenig wie Sony, obwohl Jobs ihnen vorgemacht hatte, wie es ging.
Stattdessen hängte Apple Microsoft weiter ab und portierte, wie Cole es vorhergesagt hatte, die iTunes-Software und den Store auf Windows. Dem gingen allerdings heftige interne Auseinandersetzungen voraus. Jobs und seine Leute mussten zunächst entscheiden, ob der iPod unter Windows funktionieren sollte. Anfänglich war Jobs dagegen. »Indem wir den iPod ausschließlich dem Mac vorbehielten, verkauften wir sogar noch mehr Macs als erwartet«, erinnerte er sich. Allerdings hatte er seine vier Topmanager geschlossen gegen sich: Schiller, Rubinstein, Robbin und Fadell. Es ging darum, wie Apples Zukunft aussehen sollte. »Wir wollten nicht nur im Mac-Geschäft sein, sondern auch im Musikgeschäft«, sagte Schiller.
Jobs wollte immer, dass Apple eine eigene, in sich geschlossene Utopie schuf – einen von einer unsichtbaren Mauer umgebenen Garten, in dem Hardware, Software und Peripheriegeräte reibungslos miteinander arbeiteten und dem Anwender größte Lust verschafften und der Erfolg eines Produkts die Absatzzahlen aller anderen in die Höhe trieb. Jetzt sollte er dazu gebracht werden, dass sein neues Lieblingsprodukt mit Windows-Rechnern arbeitete, und das ging ihm gegen den Strich. »Monatelang stritt ich mich mit den anderen deswegen«, erinnerte sich Jobs. »Nur über meine Leiche« ließe er zu, dass Windows-User iPods benutzen könnten, schimpfte er einmal. Aber seine Leute gaben nicht nach. »Das Ding muss PC-kompatibel werden«, sagte Fadell.
Schließlich erklärte Jobs: »Ich werde das erst zulassen, wenn ihr mir beweist, dass das Ganze geschäftlich etwas bringt.« Letztlich leitete er damit seine Kapitulation ein. Denn wenn man Gefühle und Grundsätze einmal beiseiteließ, lag es auf der Hand, dass es geschäftlich sinnvoll war, Windows-Nutzern den Kauf eines iPod zu ermöglichen. Alle hinzugezogenen Fachleute und durchgeführten Analysen kamen zu dem Schluss, dass der Profit höher wäre. »Wir kalkulierten das Ganze durch«, so Schiller. »Egal welches Szenario man betrachtete, so groß konnte der Kannibalisierungseffekt beim Mac gar nicht sein, dass er durch die Einnahmen durch den iPod nicht ausgeglichen werden würde.« Anders als es sein Ruf vermuten ließ, war Jobs gelegentlich zum Nachgeben bereit, auch wenn er einen Teufel tun und das offen zugeben würde. »Ich habe keine Lust mehr, euch Arschlöchern zuzuhören. Macht doch, was ihr wollt«, sagte er, als man ihm die Analysen
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