Stevens, Chevy
mich ab, gerade als sie ihre Freundin neben sich anstieß. Ich
brachte Emma wieder ins Auto und machte mich auf die Suche nach dem
Immatrikulationsbüro.
Für das
Herbstsemester war ich zu spät dran, also füllte ich die Bewerbungsunterlagen
für Januar aus. Ich hatte keine Mappe, aber ich hatte daran gedacht, meinen
Skizzenblock mitzubringen, und den zeigte ich dem Studienberater hinter dem
Tresen. Er sagte, ich dürfte keine Probleme damit haben, einen Platz zu
bekommen, und gab mir Tipps, welche Skizzen ich einreichen sollte. Ich war
enttäuscht, dass ich so lange würde warten müssen, aber der Typ meinte, ich
könnte ein paar Abendkurse belegen, um mich vorzubereiten.
Auf dem
Heimweg schmiedete ich bereits Pläne für den bevorstehenden Umzug, doch als
ich mich Clayton Falls näherte, verfolgten mich Christinas Worte: Du läufst
davon. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass sie die Frechheit
besessen hatte, mir das zu sagen. Was zum Teufel wusste sie schon? Und mir zu
sagen, ich sei nicht allein? Natürlich war ich allein. Meine Tochter war tot,
mein Dad war tot, meine Schwester war tot, und meine Mutter könnte genauso gut
tot sein. Wer zum Teufel war Christina, mich für irgendetwas zu verurteilen,
was ich tat? Du läufst davon.
Stunden
später parkte ich in Christinas Auffahrt, rannte zu ihrer Tür und hämmerte
dagegen.
»Annie!«
»Ist Drew
hier?«
»Nein, er
übernachtet bei einem Freund. Was ist los?«
»Christina,
ich sehe ein, dass du eine schwere Zeit durchmachst, aber das gibt dir nicht
das verdammte Recht, mein Leben zu kontrollieren. Das ist mein Leben, meins. Nicht
deins.«
»Okay,
Annie, ich wollte nur ...«
»Warum
kannst du mich nicht einfach in Ruhe lassen? Du hast keine Ahnung, was ich
durchgemacht habe.«
»Nein, das
habe ich nicht. Weil du es mir nicht sagst.«
»Wie
kannst du so etwas zu mir sagen? Meine Mutter hat mich entführen lassen!«
»Ja, das
hat sie.«
»Sie hat
mich belogen.«
»Sie hat
jeden angelogen.«
»Sie hat
mich da oben gelassen. Allein.«
»Vollkommen
allein.«
»Meine
Mutter hat mir das angetan.«
»Deine Mutter, Annie.«
»Und jetzt
wird sie ins Gefängnis kommen. Ich habe niemanden mehr. Niemanden.«
»Du hast
mich.«
Da brach
ich endlich zusammen.
Christina
hat mich nicht im Arm gehalten, als ich geweint habe. Wir saßen nebeneinander
auf dem Fußboden, Schulter an Schulter, während ich schluchzend die Kränkungen
meiner Mutter aufzählte. Jede Ungerechtigkeit, die sie mir angetan hat, seit
ich ein Kind war, jeden zerplatzten Traum und unerfüllten Wunsch. Immer, wenn
ich eine Sache ausgespuckt hatte, nickte Christina und sagte: Ja, das hat
sie dir angetan. Und das war falsch. Sie hat dir unrecht getan.
Schließlich
wurden meine Schluchzer zu einem gelegentlichen Schniefen, und eine
merkwürdige Ruhe überkam mich.
Christina
sagte: »Holst du Emma aus dem Wagen, während ich uns einen Tee mache?«
Wir zogen
uns aus und schlüpften in zwei von ihren Pyjamas. »Seide«, erklärte sie
lächelnd und erntete ein »Natürlich« sowie ein zittriges Antwortlächeln. Dann
saßen wir am Küchentisch, mit einer vollen Kanne Tee vor uns. Ich holte tief
Luft.
»Meine
Tochter? Sie hieß Hope. Hoffnung.«
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