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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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mehr. Also lassen Sie meinen Vater aus dem Spiel.«
    Dr. Westphal seufzte hörbar. »Was ist mit Ihrer Mutter?«
    »Sie besucht mich regelmäßig. Und früher hat sie oft mit mir über das gesprochen, was damals geschehen ist, aber irgendwie ist sie nie richtig zu mir durchgedrungen.«
    »Vermutlich weil Sie Ihre Mutter nicht direkt damit in Verbindung bringen konnten.«
    »Ja, vielleicht.«
    »Und heute reden Sie nicht mehr darüber?«
    »Nein. Ich schätze, irgendwann hat sie auch angefangen, das Ganze zu verdrängen. Sie hat damit abgeschlossen, und deshalb sehe ich keine Veranlassung, sie in ihrem Alter wieder damit zu konfrontieren. Sie hat genug durchgemacht. Und falls Sie auch auf meine Schwester zu sprechen kommen wollen, sie hat ein Stipendium in den USA und studiert dort Meeresbiologie. Sie könnte ohnehin nicht viel zu den Ereignissen beisteuern, sie war damals erst elf. Also wäre es wohl ziemlich unnötig, sie deswegen extra hierherzubitten.«
    »Aber immerhin wäre sie eine Bezugsperson für Sie.«
    »Ich sehe meine Schwester nur einmal im Jahr an Weihnachten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich zu meinem Apotheker einen näheren Bezug habe. Die wichtigsten Personen in meinem Leben sind meine Frau und mein kleiner Sohn.« Er zögerte einen Augenblick. »Und …«
    »Ja?«, fragte Dr. Westphal neugierig.
    »Na ja, es gibt da noch jemanden, einen guten Freund. Er ist einer der wenigen Menschen, denen ich vertraue. Sein Name ist Stefan Tauber.«
    »Weiß er über die Ereignisse in Ihrer Kindheit Bescheid?«
    »Ja, ich habe oft mit ihm darüber gesprochen. Na ja, eigentlich war es eher umgekehrt«, korrigierte er sich. »Er scheint großes Interesse daran zu haben.«
    »Gut, dann würde ich Ihren Freund gerne hinzuziehen. Zuerst in einem Einzelgespräch und dann mit Ihnen zusammen. Ihr Einverständnis vorausgesetzt.«
    »Wenn Sie meinen.« Toms Antwort klang übertrieben gleichgültig.
    Dr. Westphal seufzte erneut. »Tom, Sie müssen mir schon ein wenig entgegenkommen, sonst kann ich Ihnen nicht mehr helfen.«
    Tom spielte nervös an seinen Fingern herum. »Ich weiß«, sagte er kleinlaut, »aber wenn man in ständiger Angst lebt, ist es ziemlich schwer, sich jemandem zu öffnen. Es frisst einen innerlich auf.«
    »Angst ist etwas ganz Natürliches, Tom. Sie könnten lernen, damit zu leben, wenn Sie mit ihr umzugehen wissen.«
    »Ich will aber keine Angst mehr haben!« Wütend fuhr Tom aus dem Sessel auf und lief aufgebracht im Raum umher. »Sie macht mich zu jemandem, der ich nicht sein will. Und ich bin einfach nicht länger bereit, das hinzunehmen.« Er drehte sich zu der Ärztin um und sah ihr in die Augen. »Und ich habe diese Therapien satt! Seit dreizehn Jahren erzähle ich Leuten wie Ihnen meine Geschichte, schlucke Medikamente und höre mir schlaue Ratschläge an, aber nichts ändert sich. Und dann schickt mir ein offensichtlich Irrer ein paar verwirrte Zeilen und erreicht damit mehr, als jede Therapiesitzung es je vermocht hätte. Anscheinend habe ich mich jahrelang an die falschen Leute gewandt. Ganz offensichtlich braucht man tatsächlich einen Geistesgestörten, um einen Geistesgestörten zu heilen.«
    »Ich kann Ihre Ungeduld durchaus verstehen«, erwiderte Dr. Westphal noch immer ruhig, »aber eine Psychotherapie benötigt viel Zeit. Man kann den Erfolg nicht erzwingen. Und Sie begeben sich auf äußerst gefährliches Gebiet, wenn Sie sich auf die grausamen Spielchen eines gewissenlosen Verbrechers einlassen. Dieser Jemand will Ihnen nicht helfen, Tom, er will Ihnen schaden. Und nach dem, was Sie mir eben erzählt haben, grenzt es fast an ein Wunder, dass er das noch nicht geschafft hat.« Ihre Augenbrauen zogen sich zusammen. »Tom, ist Ihnen eigentlich klar, welcher Gefahr Sie sich gestern ausgesetzt haben?«, fragte sie besorgt. »Diese Gedächtnisblockade, die Ihr Bewusstsein errichtet hat, hat durchaus ihre Berechtigung. Sie existiert zu Ihrem Schutz, Tom. Sie ohne weiteres einzureißen könnte fatale Folgen für Sie haben. Und als ich gesagt habe, Sie sollen sich Ihren Ängsten stellen, habe ich damit nicht gemeint, dass Sie in diesen Keller zurückrennen und das Ganze noch einmal durchleben sollen. Eine derart direkte Konfrontation mit Ihrer Vergangenheit sollte nie ohne ärztliche Aufsicht durchgeführt werden. Im ungünstigsten Fall wären jahrelange Therapieerfolge verloren. Wollen Sie das wirklich riskieren, Tom? Nur für ein paar grauenhafte Erinnerungen?«
    Er lehnte an der

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