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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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sofort eingreifen, wenn ich Bedenken hätte.«
    »Und Sie sind wirklich überzeugt, dass mir das helfen könnte?«, fragte er, noch immer zweifelnd.
    »Wenn Sie eine Garantie wollen, Tom, dann müssen Sie sich einen Fernseher kaufen«, gab sie schlagfertig zurück. »Die Psychoanalyse kann das nicht. Vertrauen ist alles, was ich Ihnen anbieten kann.«
    »Na schön.« Er sah auf seine Armbanduhr. Es war kurz nach zehn. Karin würde ihn in ein paar Minuten abholen, und er konnte es kaum erwarten, wieder in seinen eigenen vier Wänden zu sein.
    In einem Zug trank er sein Mineralwasser aus und stellte die Flasche zurück auf den Tisch. »Ich werde es mir überlegen«, versprach er, doch es klang nicht besonders glaubhaft.
    »Tun Sie das, Tom. Und wenn Sie zu einer Entscheidung gekommen sind, lassen Sie es mich wissen. Ich veranlasse dann alles Nötige.«
    »Hypnose?«, wiederholte Karin, während sie den Wagen durch die engen Straßen der Altstadt in Richtung Autobahn lenkte.
    »Klingt ziemlich verzweifelt, was?«, meinte Tom, der nervös die losen Papiere in der Mappe durchblätterte, um nicht aus dem Fenster schauen zu müssen.
    »Findest du? Für mich hört sich das an wie eine faszinierende Alternative.«
    »Für dich hört sich in letzter Zeit alles faszinierend an, was Dr. Westphal sagt«, entgegnete er gereizt. »Ich glaube, sie könnte mir auch vorschlagen, einen Wochenendausflug auf den Mount Everest zu machen, und du wärst fasziniert von dieser Idee.«
    »Ich halte sie nun mal für eine sehr gute Therapeutin. Immerhin habe ich mal für sie gearbeitet, schon vergessen?«
    »Nein, Schatz. An ein paar Dinge kann ich mich durchaus noch erinnern, auch ohne diesen Voodoo-Zauber.«
    Karin hielt an einer roten Ampel. Sie betrachtete Tom argwöhnisch und schüttelte den Kopf. »Du bist ganz schön unaufgeschlossen.«
    »Da hast du recht. Vielleicht sollte ich das Ganze ja als Inspiration betrachten. Wenn es nicht hilft, kann ich hinterher wenigstens darüber schreiben, wie mir irgend so ein Kurpfuscher mit einem Pendel vor der Nase herumgewedelt hat.« Er winkte abfällig ab. »Hypnose, ich bitte dich.«
    Tom sah kurz von den Unterlagen auf. In diesem Moment hielt auf der Spur neben ihnen ein Auto, worauf er so erschrak, dass ihm die Mappe entglitt und die Blätter sich lose im Fußraum verteilten. Der Fahrer des Wagens neben ihnen sah verwirrt zu ihnen herüber.
    »Verdammt, was glotzt du so?«, fuhr Tom den Mann durch die geschlossene Scheibe an. »Hast du noch nie einen erwachsenen Mann gesehen, der sich vor Angst in die Hosen pisst?«
    »Tom, reg dich ab«, sagte Karin und griff energisch nach seiner Hand. »Ich weiß, du bist ziemlich angespannt, aber du brauchst deine Laune nicht an uns auszulassen.« Sie deutete mit dem Kopf in Richtung Rücksitz, wo Mark saß und seinen Vater argwöhnisch betrachtete.
    Tom schloss einen Moment die Augen und atmete tief durch. »Hey, kleiner Mann«, sagte er kleinlaut und verbog die Lippen zu so etwas wie einem Lächeln. »Das … das war gerade sehr unhöflich von mir. Verstehst du, ich hab im Moment ziemlich viel um die Ohren und …« Er brach ab und seufzte. »Weißt du was, wir vergessen das Ganze einfach. Tut mir leid, dass ich so ausgerastet bin. Ich wollte dir bestimmt keine Angst machen, glaub mir, das ist das Letzte, was ich will. Davon habe ich nämlich selbst schon genug.«
    Die Ampel schaltete auf Grün, und sie bogen auf die Bundesstraße ab, die aus der Stadt führte.
    »Wovor hast du denn Angst, Papa?«, fragte Mark.
    »Tja, weißt du …«, begann er zögerlich. »Als ich noch ein Kind war, ist mir mal etwas Schlimmes passiert. Und das hat mir ziemliche Angst gemacht. Und diese Angst ist noch immer da und erschreckt mich manchmal. Das ist so, als würde dir plötzlich eine dicke Spinne den Arm heraufkrabbeln.« Er strich mit den Fingern an Marks Arm hinauf.
    »Iiiiihh!«, quiekte Mark und zog eine Grimasse.
    »Genauso geht es mir dann auch«, sagte Tom. »Und dann versuche ich, diese Spinne totzuschlagen, aber sie ist immer schneller als ich und versteckt sich an einer Stelle, wo ich nicht hinkomme. Und da wartet sie dann nur darauf, mich wieder zu erschrecken, verstehst du?«
    Mark nickte. »Papa, was ist Hypnose?«
    Tom sah Hilfe suchend zu Karin hinüber, die konzentriert auf die Straße blickte, sich aber ein Lächeln nicht verkneifen konnte.
    »Tja, weißt du«, antwortete er schließlich, »das ist ein Mittel, mit dem man böse Spinnen

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