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Stigma

Stigma

Titel: Stigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Hübner
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vermisst gemeldet. Allerdings stammt das Opfer nicht von hier, sondern aus der Nähe von Wiesbaden. Bei den Kollegen dort wurde auch die Vermisstenanzeige erstattet. Bis jetzt haben wir nur wenige Anhaltspunkte, wie das Mädchen hierhergekommen ist und was den eigentlichen Todeszeitpunkt betrifft, denn unser Gerichtsmediziner hat festgestellt, dass der Leichnam über längere Zeit gekühlt worden ist.«
    Aus Toms Gesicht schien jegliche Farbe gewichen zu sein. Beinahe apathisch sah er die Beamten an. »Sie … Sie sagen, das Mädchen wurde in einer Grube gefunden?« Es war, als höre er sich selbst aus weiter Ferne sprechen. Er kam sich vor wie in einem bösen, immer wiederkehrenden Traum, aus dem er jeden Moment zu erwachen hoffte.
    »Das ist richtig. Der Aushub war frisch, die Erde war zum Teil noch nicht getrocknet. Alles deutet darauf hin, dass der Täter beim Vergraben der Leiche überrascht worden ist.«
    Tom sackte nach vorn, fing sich jedoch schnell wieder und ließ sich nach hinten in die Polster sinken. Seine Hände verkrampften sich. »Ich … ich glaube, ich brauche ein Glas Wasser«, stammelte er. Sein Puls raste, und er spürte, wie er am ganzen Leib zu zittern begann.
    Ganz ruhig, Junge, hallte die altbekannte Stimme wieder durch seinen Kopf, während der Raum um ihn herum immer enger wurde. Das ist nur wieder einer von deinen üblichen Anfällen. Gleich geht es dir besser.
    »Hier, Tom, trink.« Karin reichte ihm das Wasser, und er trank das Glas gierig in einem Zug leer. Er hatte gar nicht mitbekommen, wie sie den Raum verlassen hatte, um es ihm zu holen.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte sich Dorn.
    »Bitte entschuldigen Sie«, sagte Tom mit noch immer zittriger Stimme, während er versuchte, die Panikattacke, so gut es ging, zu überspielen, »aber ich bin etwas anfällig, wenn es um solche Nachrichten geht. Wir haben selbst einen kleinen Sohn, und es ist ziemlich beängstigend, wenn so etwas Entsetzliches hier in unmittelbarer Nähe passiert.«
    »Ehrlich gesagt wundert es uns, dass Sie noch nicht davon erfahren haben. Es stand heute Morgen bereits in allen Zeitungen.«
    »Ich lese keine Zeitungen, Herr Kommissar, ich beziehe meine Informationen ausschließlich aus Büchern. So gelingt es mir, Abstand zu solchen Dingen zu bewahren.«
    »Aber sind es denn nicht genau diese Dinge, über die Sie schreiben?«, wollte Bender erstaunt wissen.
    »Das stimmt. Aber das sind nur erfundene Geschichten, kombiniert mit ein wenig Recherche über Polizeiarbeit und etwas Grundwissen in Psychologie. Nichts, was der Realität entspringt. Das macht es …«
    »Distanzierter«, vervollständigte Bender den Satz.
    »Ja.«
    »Verstehe«, meinte der Polizeibeamte. »Die Realität ist etwas anderes, als nur darüber zu schreiben, nicht wahr?«
    »Das muss ich leider zugeben. Meine Romanfiguren sind diesbezüglich etwas abgebrühter.« Er versuchte sich an einem Lächeln, was ihm jedoch nicht darüber hinweghalf, wie sehr ihn die Routine erschreckte, mit der die beiden Beamten solche Nachrichten überbrachten. Für sie schien dergleichen Alltag zu sein, so wie ein Kurzschluss für einen Elektriker. Nur eine weitere Akte, die ihnen Arbeit verschaffte.
    »Ich hoffe, wir haben Sie nicht zu sehr schockiert«, sagte Dorn, als könne er Toms Gedanken lesen. »Oder sollen wir die Befragung lieber später fortsetzen?«
    »Es geht schon wieder«, beteuerte Tom und setzte sich auf. »Sie sagen, das Mädchen stammt aus Wiesbaden?«
    »Aus der näheren Umgebung«, bestätigte Kommissar Dorn. »Soweit wir wissen, haben auch Sie einmal dort gelebt, nicht wahr?«
    Normalerweise hätte es Tom beunruhigen sollen, dass zwei Kriminalpolizisten sich mit Details aus seiner Vergangenheit beschäftigten. Doch eine solche Information hätte jeder auf seiner offiziellen Internetseite abrufen können.
    »Meine Schwester und ich sind dort aufgewachsen«, entgegnete er. »Das liegt aber schon viele Jahre zurück. Meine Familie ist hierhergezogen, nachdem …« Er stockte. »Nun, es gab in Wiesbaden einfach nichts mehr, was uns hielt. Ich kenne dort niemanden mehr.« Und ich kann mich auch an niemanden mehr erinnern, den ich dort einmal gekannt habe. Nervös spielte er mit dem leeren Glas in seiner Hand. »Und Sie haben keine Ahnung, wie das Mädchen hierhergekommen ist?«
    »Nein. Unseren Erkenntnissen nach hat die Familie hier weder Verwandte noch Freunde.«
    »Demnach haben Sie also auch noch keinen konkreten Verdacht, was den Täter

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