Stilettos für Anfänger
genug, um für sich selbst zu sorgen, obwohl ihre Brüder ihr halbes Leben versucht hatten, es für sie zu tun. Guy schätzte, dass er es auch tat, wenn auch in geringerem Ausmaß. Aber sie war eine so kleine, zarte Frau, mit einer solch enormen Fähigkeit zum Mitgefühl, dass es furchtbar leicht für jemand sein würde, sie auszunutzen.
Der Gedanke, jemand könnte ihr das Herz brechen, erfüllte ihn mit Wut.
Und da wusste er, was er zu tun hatte. Kaum hatte er sich mit seinem Schicksal abgefunden, fühlte er sich tatsächlich schon ein wenig besser. Guy machte es sich auf der Couch bequem und legte die Füße auf den Glastisch. Während er Pläne schmiedete, um Annie vor ihrer eigenen Neugier zu bewahren, blätterte er gedankenlos in den Büchern. Sie waren nicht ohne Reiz, das musste er zugeben. Tatsächlich waren sie sogar sexy wie die Sünde. Und Lacy hatte recht: die Bilder waren hervorragend.
Annie brauchte ganz entschieden seinen Schutz. Ein unschuldiges kleines Wesen wie sie könnte sich von den sinnlichen Verheißungen dieser Bücher mühelos entflammen lassen. Es wäre schrecklich unfair gegen Annie, ihre Unschuld an irgendeinen Mistkerl zu verschwenden, der sie gar nicht wirklich wollte und sie vielleicht nicht einmal zu schätzen wusste.
Er sah plötzlich diesen verdammten Perry vor sich und erinnerte sich an die Lust in seinem Blick, wenn er Annie anschaute. Guys Hände wurden feucht. Er würde nicht zulassen, dass dieser Kerl sie anfasste.
Er wischte sich die Hände an den Jeans ab und beschloss, ihr auf jeden Fall zu helfen, ob es ihr nun bewusst war, dass sie Hilfe brauchte, oder nicht.
So schwierig würde es gar nicht sein. Es gab eine unbefangene Kameradschaft zwischen ihnen. Guy hatte es gleich gespürt, als er Annie das erste Mal begegnet war und sie ihm erst knapp bis zum Ellbogen gereicht hatte. Wegen der zehn Jahre Altersunterschied zwischen ihnen hatte er sie eigentlich immer nur als ein kleines Kind gesehen. Damals schien sie nur aus großen blauen Augen und wildem dunklen Haar zu bestehen, mit mageren Beinen und einem scheuen Lächeln. Aber sie hatte ihm vertraut. Und er hatte sie gemocht. Wenn Daniel zu sehr mit seinem Studium beschäftigt gewesen war, ihr Vater arbeitete oder Max sie wieder einmal geärgert hatte, war sie zu ihm gekommen. Ihr Vertrauen in ihn, ihre Freundschaft, war etwas, was er immer in Ehren halten würde und was er höher schätzte als irgendetwas anderes in seinem Leben.
Ihre Beziehung war gelegentlich ein wenig angespannt gewesen, als Annie erwachsen wurde; es gab Momente, in denen seine Hormone seinen Geist und seinen Körper beherrschten und ihn jegliche Vernunft ignorieren ließen. Er hatte vergessen, dass sie die kleine Schwester seines besten Freundes war, und hatte Dinge getan, die er nicht hätte tun sollen.
Wie sie zu küssen.
Und zu berühren.
Und zu begehren.
Aber meistens hatte er diese Wünsche unterdrückt. Meistens.
Es gab stille Nächte, in denen sein Unterbewusstsein stärker war und er unendlich enttäuscht aus einem Traum erwachte, in dem er sie geliebt hatte. Was er brauchte, war eine Ehefrau. Dann würde er nicht mehr in Gedanken Annie benutzen, um die Lücken in seinem Leben zu füllen. Es war nicht fair, sie zu einem Ersatzpartner zu machen, nur weil er keine Frau fand, die ihn ernsthaft interessierte.
Es war ihm so wichtig, seine Freundschaft mit Annie aufrechtzuerhalten. Er stand auch Daniel nahe, aber Männerfreundschaften waren Einschränkungen unterworfen, und da galten Regeln, die man nicht ignorieren durfte. Bei Annie brauchte er sich nicht darum zu sorgen, wie die anderen zu sein und sein Macho-Image aufrechtzuerhalten. Er liebte Daniel – und sogar Max – wie Brüder. Aber es war Annie, bei der er sich vollkommen unbefangen fühlte.
Und gerade, weil sie sich so nahestanden, war es nur allzu leicht für ihn, seine Gedanken in eine verbotene Richtung abschweifen zu lassen. Aber so sollte es nicht sein, und sobald er verheiratet wäre, würde das auch aufhören.
Bevor er sich jedoch verlobte und sich alles zwischen ihnen veränderte, würde er sich ihres kleinen Problems annehmen. Dafür hatte man Freunde, und Annie war noch immer seine beste Freundin. Sie verdiente einen Mann, der sie umwarb, nicht umgekehrt.
Nachdem Guy sich für eine Strategie entschlossen hatte, begann er sich allmählich zu entspannen.
Er las gerade in einem Buch über erogene Zonen des weiblichen Körpers, nickte bei jenen, die er kannte, und zog
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