Stilettos für Anfänger
löste all jene Symptome bei ihr aus, die sie gerade bei Guy verzeichnet hatte. Sie räusperte sich. “Suppe gekocht.”
Er blickte zur Küche, als könne er ihr nicht ganz glauben.
“Es ist nur Hühnersuppe mit Nudeln. Du weißt, dass ich keine gute Köchin bin. Aber sie müsste bald fertig sein. Ich weiß, wie oft du normalerweise isst, und deshalb dachte ich …”
Sie merkte, dass sie Unsinn redete, und unterbrach sich. Natürlich sah er hungrig aus. “Möchtest du … würdest du lieber hier auf der Couch liegen statt im Bett? Wir könnten uns einen Film ansehen.”
Seine Nasenflügel blähten sich, und ohne ein Wort zu sagen, ging er zu der breiten Couch. Annie räumte rasch ihren Stapel Bücher weg.
Die Sitzgruppe war breit wie ein Bett und hatte die Form eines offenen Quadrats. “Sei vorsichtig. Lass mich dir ein paar Kissen holen.”
Guy stöhnte, als er sich setzte, nahm sich aber rasch wieder zusammen. Annie wusste, dass er sein Unbehagen vor ihr verbergen wollte.
Und sie wusste, dass sie zu diesem Unbehagen beitrug.
Aber er war körperlich erregt gewesen, erinnerte sie sich. Und daher wusste sie, dass er nicht vollkommen immun gegen sie war.
Sie eilte ins Schlafzimmer und nahm die Kissen von dem Bett. Als sie sah, dass das Päckchen Aspirin noch unberührt auf dem Nachttisch lag, lächelte sie zufrieden.
Guys Augen waren geschlossen, als sie zu ihm zurückkam. Sanft berührte sie ihn an der Schulter. “Sei so lieb und beug dich vor, Guy.”
Er tat, was sie verlangte, und Annie legte ein Kissen hinter ihn und hob dann vorsichtig sein Bein an, um ein weiteres Kissen unter sein verletztes Knie zu schieben. “Daniel sagte, du solltest das Bein hochlegen. Hier.” Sie reichte ihm das Aspirin und das Wasser und ermahnte ihn, es dieses Mal zu nehmen.
Er widersprach nicht. Als er die Pillen geschluckt hatte, fragte er: “Hast du die Suppe versalzen?”
“Nein, diesmal nicht.”
“Hast du irgendwas Komisches hineingetan?” Er hatte die Augen geschlossen und hielt Distanz zu ihr.
“Ich habe sie überhaupt nicht gewürzt, weil ich Angst hatte, sie zu verderben.”
Annie setzte sich neben ihn. Es war nicht leicht, aber sie schaffte es, ihre Hände bei sich zu behalten. “Die Wahrheit ist, ich bin mir nicht mal sicher, ob man es eine Suppe nennen kann. Ich habe einfach nur Hühnerfleisch gekocht, bis es gar war, und dann Nudeln dazugegeben. Ich wollte einen Salat dazu machen.”
“Wie lange wird es noch dauern, bis es fertig ist?”
Er war erstaunlich höflich, und das brach Annie beinahe das Herz. Da er den größten Teil des Tages geschlafen hatte, musste er schrecklich hungrig sein.
“Ich kann dir gleich einen Teller holen, wenn du möchtest.” Sie stand auf, doch bevor sie sich entfernen konnte, griff Guy nach ihrer Hand.
“Annie.”
Sie drückte seine Finger. “Schon gut. Ich hätte dich nicht so bedrängen sollen.” Rasch entzog sie ihm wieder ihre Hand, weil sie seine Erklärungen und Ausreden, warum er sie zurückgewiesen hatte, erst gar nicht hören wollte.
Aus der Küche fragte sie: “Möchtest du Milch, Wasser oder Tee?”
“Milch. Danke.” Er zögerte einen Moment, bevor er sagte: “Es ist mir unangenehm, hier zu sitzen und mich bedienen zu lassen.”
“Das tue ich doch gern, Guy. Du würdest das Gleiche auch für mich tun.”
“Klar würde ich das. Aber das ist etwas anderes.”
“Wieso?” Annie füllte einen Teller.
“Weil du eine Frau bist. Und so klein.”
“Und weil du mich gern hast?”
Ein leichtes Zögern, dann: “Ja.”
Sie spürte, dass er sie beobachtete, und konnte die Hitze seines Blickes fühlen. “Ich mag dich auch, obwohl du groß und männlich bist.”
Besonders, weil du groß und männlich bist
.
“Und du vertraust mir?”
Ich liebe dich, dachte sie. “Ja.”
“Das ist gut. Denn ich möchte mir dir reden.”
Draußen rauschte der Wind in den Bäumen, und dicke Regentropfen schlugen gegen die Fenster. Es sah ganz so aus, als braue sich ein neuer Sturm zusammen, doch hier drinnen war es warm und gemütlich. Das Feuer prasselte, und es lag genug trockenes Holz neben dem Kamin und unter der überdachten Veranda. Sie hatte Daniel angerufen, als Guy schlief. Es war alles bereit. Er konnte reden, so viel er wollte, aber sie würde ihn nicht heimbringen.
Guy schien sich einigermaßen bequem zu fühlen auf der Sitzgruppe. Annie stellte ihm ein Tablett mit einem Teller Suppe, einem kleinen Salat und einem Glas Milch auf den Schoß
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