Stille Nacht: Ein Fall für Hubertus Hummel (German Edition)
niemand ihn und seinen verkommenen Bruder zusammen sieht«, sprudelte es aus ihm heraus.
»Des Thema war jo au ziemlich heikel«, fuhr nun wieder Winterhalter fort. »Jedenfalls habet Sie ihn dann getötet.«
»Ich wollte ihn nicht umbringen! Er hat mir gesagt, für so einen wie mich könne er nichts tun bei Edelmann. Und dann meinte er noch, ich sei so uneinsichtig, und er werde jetzt zur Polizei gehen. Mein eigener Bruder! Da bin ich durchgedreht!«
Dold kämpfte mit den Tränen.
»Sie haben ihn mit voller Wucht gegen die Orgel gestoßen. Und danach sind Sie durch die Tür zu Ihrer alten Schule verschwunden«, sprach Müller weiter.
Dold nickte langsam. Er hatte sich wieder einigermaßen im Griff. »Als plötzlich die Kirchentür unten abgeschlossen wurde, habe ich mich an den Durchgang zur Realschule erinnert.«
Müller nickte. »Und so waren Sie noch vier Tage lang auf freiem Fuß, in denen Sie zwei Mordversuche begangen haben. Da Sie nach dem Gespräch mit Ihrem Bruder wussten, dass man dem Mörder auf der Spur war und es möglicherweise bald ein Phantombild geben würde, haben Sie sich verschanzt – und zwar in Schlenkers Jagdhütte in Oberkirnach. Diese war unter der Belegschaft der Brauerei bekannt. Frau Schlenkers Hinweis ist es zu verdanken, dass wir Sie dort aufgespürt haben.«
Der Kommissar redete weiter auf Dold ein. Immer schneller. Vermutlich nicht nur, damit das Geständnis umfassend und lückenlos würde, sondern auch, um zu verhindern, dass Kollege Winterhalter sich noch einmal zu Wort meldete. Immerhin gebührte ja wohl ihm, Müller, der Großteil der Meriten.
»Sie wollten zwei Zeugen von der Straße abdrängen und einen von ihnen später auf der Loipe der Martinskapelle umbringen: Herrn Hummel und Herrn Riesle.«
»Ich wollte Ihnen nur einen Schrecken einjagen«, sagte Dold leise.
Hubertus ächzte empört.
»Das glaube ich kaum, Herr Dold«, sagte Müller. »Aber ehrlich gesagt fällt das bei all den anderen Straftaten gar nicht mehr ins Gewicht.«
»Wieso wollten Sie uns an den Kragen?«, fragte Klaus den Täter nun direkt.
»Mein Bruder hat mir in der Benediktinerkirche erzählt, dass Sie Zeugen des Mordes und außerdem sehr neugierig seien. Ich habe herausgefunden, wo Sie wohnen, und Sie dann beschattet. Ich musste natürlich abwarten, bis Sie gemeinsam unterwegs waren.«
»Und auf der Loipe wollten Sie erst Hubertus töten und dann vermutlich mich gleich hinterher«, murmelte Klaus. »Aber mit uns beiden gleichzeitig wollten Sie es dann doch nicht aufnehmen …«
Müller machte Anstalten, ein Schlusswort zu sprechen, doch Hubertus meldete sich zu Wort: »Halt! Und der Zettel mit der Buchstabenfolge ED? Dolds Name beginnt doch gar nicht mit ED!«
Jetzt, da Müller seinen Triumph auskostete, ließ er sogar Zwischenfragen zu.
»Stimmt, Herr Detektiv, der Zettel gehörte aber auch nicht dem Täter, wie Sie vermutet haben, sondern dem Opfer. Und dieses Opfer war für die Edelmann-Brauerei unterwegs – ED.«
Dold schaltete sich nun doch wieder ein. »Rüdiger hat mir die Spendenquittung gezeigt, die er zuvor in seiner Hosentasche gefunden hatte. ›Für solche Summen bin ich verantwortlich‹, hat er geprahlt. ›Du könntest das nicht. Du würdest solche Beträge gleich versaufen.‹ Da bin ich durchgedreht. Ich habe ihm das Papier weggeschnappt und gesagt: ›Da siehst du, was ich mit dem Fetzen mache!‹ Dann habe ich ihn zerrissen. Rüdiger hat sich wie ein Wilder auf mich gestürzt.« Er schüttelte wieder den Kopf. »Mein eigener Bruder wollte mich verpfeifen – und dann greift er mich noch an. Das war Notwehr, eindeutig.«
Jetzt war Riesle noch an der Reihe: »Aber Hubertus hat ja nur einen Teil der Spendenquittung mit dem ›ED‹ gefunden. Den anderen Teil hatte der Täter, oder?«
»Als Helmut Dold die Quittung zerrissen hat, muss der zweite Teil über die Empore in den Kirchenraum getrudelt sein. Dort jedenfalls hat inzwischen ein Besucher das fehlende Fragment unter einer Kirchenbank gefunden und uns gestern zukommen lassen. Unsere Spurensicherung war offenbar nur im Bereich um die Orgel gründlich genug«, sagte der Kommissar.
Das mit der Spurensicherung konnte man als Seitenhieb auf Winterhalter verstehen, dem diese ja oblag. Doch der gemütliche Schwarzwälder verzog keine Miene.
Müller beendete nun das Treffen. »Danke noch mal, meine Damen und Herren. Sie sehen, Sie können sich auf die Polizei verlassen.«
Er wandte sich an Riesle: »Heute um fünfzehn
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