Stiller und der Gartenzwerg - Main-Krimi
undercover recherchieren will, kann ich ja wohl schlecht meinen eigenen Namen angeben.«
Sie nickte. Dann schüttelte sie den Kopf. »Aber warum haben Sie ausgerechnet meinen Namen genannt?«
»Mir ist auf die Schnelle nichts Besseres eingefallen.« Stiller zeigte auf seine Bürotür. »Lassen Sie uns vom Gang verschwinden. Es müssen ja nicht gleich alle mitbekommen.«
Sie stieß sich von der Wand ab und folgte ihm.
»Übrigens war das keine schlechte Eingebung, so im Nachhinein betrachtet«, sagte er im Weitergehen, ohne sich nach ihr umzusehen.
»Ach?« Ihr Ton ließ erkennen, dass sie diese Einschätzung nicht teilte.
»Ich brauche einen Perso. Sie müssen mich heute Abend begleiten, wenn ich den Vertrag unterzeichne. Als meine Frau. Und Ihren Ausweis vorlegen.«
»Ich muss mich auch noch als Ihre Frau ausgeben? Was soll ich dazu sagen?«
»Chaotisch intuitiv.« Stiller ließ ihr den Vortritt und zog die Bürotür hinter sich zu. »Ihr Fachgebiet.«
Wie am Vormittag setzte sie sich dem Schreibtisch gegenüber auf einen Stuhl, knöpfte die Kostümjacke auf und ließ den Dinosaurier frei.
»Paul …« Sie atmete tief durch. »Seien Sie froh, dass ich Kreativitätstrainerin geworden bin und keine Therapeutin.« Plötzlich erwiderte sie Stillers Lächeln. »Schon interessant, dass Ihnen auf die Schnelle gerade mein Name eingefallen ist.«
»Ziehen Sie bloß keine falschen Schlüsse!« Stillers Lächeln gefror.
»Würde mich wirklich sehr interessieren, was Ihre Frau dazu sagt.«
***
»Du hast was? Warum das denn?« Ruth war dabei, den Küchentisch abzuräumen. Am Vormittag, als sie einer Gruppe älterer Damen Töpferunterricht gegeben hatte, hatte er als Arbeitsfläche gedient. »Du kümmerst dich doch nicht einmal um unseren eigenen Garten.«
Stiller stand zerknirscht an der Küchentür und sah ihr zu. »Ich weiß«, sagte er. »Sorry.«
»Du hättest gescheiter eine Werkstatt pachten sollen. Das würde zur Abwechslung mal mir das Leben vereinfachen. Aber dafür haben wir natürlich kein Geld.«
»Für den Kleingarten kommt der Verlag auf. Das ist beruflich.«
Ruth fasste ihr rotes Haar zusammen und streifte ein schwarzes Band über. Dabei sah sie Stiller ernst an. »Du sagst, du arbeitest an einem Mord. Für mich sieht das eher aus wie eine Reportage über das Schrebergartenwesen.«
»Nein, das siehst du falsch«, sagte Stiller. »Wenn ich mich in der Kolonie aufhalte, kann ich vielleicht etwas herausbekommen, was die Polizei nicht weiß.«
Ruth begann, Tonklumpen in Plastikfolie zu wickeln. »Wenn ich das schon höre: was die Polizei nicht weiß. Geht das jetzt wieder los?«
»Ob ich bei der Recherche im Büro sitze oder auf der Terrasse einer Gartenlaube, das macht doch keinen Unterschied.«
»Ach? Auf der Terrasse recherchieren – und wer erledigt die Gartenarbeit? Macht die sich von alleine? Glaub bloß nicht, dass ich auch nur einen Finger dafür krümme.«
»Das brauchst du auch nicht.« Stiller räusperte sich. Er fühlte, wie ihm Schweiß auf die Stirn trat. »Offiziell ist es gar nicht mein Garten. Die CITT wird ihn pachten.«
»Die wer?«
»Unsere Kreativitätstrainerin. Ich hab dir von ihr erzählt. Dr. Frauke Heiner-Döberlin.«
»Die Bohnenstange?« Ruth hielt inne und sah ihn an.
»Genau die. Sie wird sich …«, er räusperte sich erneut, »als meine Frau ausgeben.«
Ruth knallte den Tonklumpen, den sie in der Hand hielt, so fest auf den Tisch, dass ein paar Spachtel vor Schreck von der Platte sprangen und über den Fliesenboden klapperten. »Sie wird was? Warum das denn?«
»Ich will – ich muss anonym bleiben, wenn ich möchte, dass die Leute mit mir reden.«
»Na, herzlichen Glückwunsch zur Vermählung.« Ruth zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. »Oben im Bad liegt deine Schmutzwäsche.« Sie wies zur Decke. »Die bring ihr mal schön mit, deiner neuen Frau Stiller.«
Er setzte sich ihr gegenüber. »Ruth, versteh doch: Ich bin nicht Stiller!«
»Schön, dass ich das auch mal erfahre.«
»In der Kleingartenkolonie heiße ich Döberlin. Heiner Döberlin. Außerdem ist es nur für ein paar Tage.«
»Ein Tag, eine Woche … Ich überlege gerade, ob du nicht gleich für den Rest deines Lebens in diesen Schrebergarten ziehen solltest.«
»Es ist verboten, dort zu wohnen.«
»Erzähl mir nicht, dass du bei diesem Mordfall ausnahmsweise deine Nächte zu Hause verbringen willst. Bin gespannt, was deine neue Ehefrau dazu sagt.«
Stiller nahm erfreut wahr,
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