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Stillmanns Münzen (German Edition)

Stillmanns Münzen (German Edition)

Titel: Stillmanns Münzen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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erscheinen? Wenn du nicht schon so lange hier wärst, ich würde dich auf der Stelle feuern. Aber so: verpiss dich nach Hause, nüchter' dich aus und komm morgen wieder.“
    Die Menschenmassen sind weg, das Foyer beinahe leer, Michael schaut sich irritiert um. Alle Menschen um ihn sind wieder normal, alles ,in Ordnung', ohne an Zombies zu erinnern. Er starrt André ratlos an.
    „Worauf wartest du? Geh' nach Hause, Michael! Den Rest schaffen wir auch allein.“
    Als Michael sich noch immer nicht rührt, schreit André, dass David und Maria neben ihm sich erschrocken zurückziehen. In den nächsten zwei Minuten fallen viele Schimpfwörter, bis André zu husten beginnt, der sich in eine Agonie steigert, bis er keine Luft mehr kriegt. Blau anlaufend fällt er zu Boden. Michael bleibt apathisch stehen, während David sein mobiles Telefon hervor holt und die Nummer vom Notruf wählt.
    Michael bleibt am Pult stehen, als die Sanitäter eintreffen, ihm ist noch immer schwindelig. Er hält sich weiter fest und möchte gar nicht gehen, eigentlich möchte er nur sagen, ich wusste es. Als die Sanitäter Andrés leblosen Körper auf einer Bahre an ihm vorbei tragen, schaut einer von ihnen Michael in die Augen.
    „Geht es dir gut?“, fragt er, aber erwartet gar keine Antwort. Schon sind sie weg, die Rolltreppe hinunter. David und Maria schauen sich blass und sprachlos an. Jetzt fehlen ihnen die Worte, obwohl es ein Thema gäbe, über das sie bisher noch nie sprachen, den Tod eines Arbeitskollegen. So viel gaben die Sanitäter zu verstehen, bevor sie gingen, dass die Chancen gleich null sind. Sie konnten ihn nicht wiederbeleben. Er ist erstickt, sagten sie.
    Ich habe mich gefragt, ob jemand versuchen soll, André zu helfen, aber nein, sie stehen alle herum wie es Schaulustige immer tun, Angestellte und Gäste gleichermaßen. Nur Michael, ich bin mir sicher, er würde etwas versuchen, ihm auf den Rücken klopfen oder so, wenn er sich nicht vorkommen würde wie in einem Traum. Und wie in einem Traum kommt er der Aufforderung endlich nach, nach Hause zu gehen, als Lena ihm das befiehlt. Mit ihr waren heute zwei Leute in der Theaterleitung und eigentlich hat Lena Feierabend, aber jetzt werde sie wohl bis zum Ende bleiben müssen, aber Michael, der hat nach Hause zu gehen, so ,dicht' wie er ist. Wie in einem Traum fährt er nach Hause. Die Merkmale des Todes sind von den Menschen verschwunden, vorerst wohl, denkt er. Ihm ist schwindelig und schlecht und seine Augen schmerzen, als wollten sie aus ihren Höhlen, als wären sie Fremdkörper, die sich von ihm lösen möchten. Es ist wie in einem Traum, als er nach Hause kommt, viel früher als sonst, und die Tür verschließt, indem er die Kette vor hängt. Da merkt er, dass etwas nicht stimmt. So oft schon stimmte etwas nicht in letzter Zeit, ,Normalität' scheint aufgelöst, dass Michael nicht lange braucht, um zu bemerken, was denn nicht stimmt.
    Er ist nicht allein. Jemand atmet in der Dunkelheit seines Zimmers.
    „Weißt du eigentlich, wie einfach es war, herauszufinden, wo du wohnst?“
    Michaels Schwindelgefühl verfliegt mit einem Mal und eine beängstigende Nüchternheit macht sich breit. Er fühlt alles, was er zuvor verdrängt hat. Der Irrsinn seiner Beobachtungen im Kino, sogar seine Angst, den Job zu verlieren wegen Drogenkonsums, und der große Respekt vor dieser Gestalt, die sich aus dem Hintergrund der Masse pellte. Doch was er jetzt am stärksten spürt, sein nächtlicher Besucher ist real und greifbar vor ihm in der Dunkelheit, Konturen einer hageren Gestalt, was Michael spürt, ist die Angst zu sterben.
    Als der hagere Mann gestern drohte, er werde es bereuen, da fürchtete Michael zum ersten Mal um sein Leben, so wahr, als steckte er in einer Messerstecherei am Bahnhof. Und der hagere Mann ist hier. Michael erkennt die Stimme sofort. Sie klingt ruhig und ausgelassen, aber unter der Oberfläche lauert das Biest. Und die Freundlichkeit, mit der die Stimme im Zimmer ertönt, verstärkt das unheimliche Gefühl noch.
    „Du hast etwas, das mir gehört, und wenn du es mir jetzt gleich gibst, dann sehe ich von allem ab, was ich mir seit gestern vorstellte, dir anzutun.“ Der hagere Mann schickt ein hustendes Lachen hinterher, aber es klingt tatsächlich belustigt, nicht böse gemeint, amüsiert ob dieser Situation. „Und komm' ja nicht auf die Idee, wegzulaufen oder dich zu verstecken. Ich habe eine Waffe auf dich gerichtet und ich werde sie nutzen, wenn es sein muss. Und

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