Stirb ewig
Angehöriger?«
»Nein, sein Geschäftspartner.« Sofort bereute er, dass er sich nicht als Joshs Bruder ausgegeben hatte. Es wäre ihr gar nicht aufgefallen.
»Bedauere«, sagte sie, als täte es ihr Leid, dass sie deswegen ihr Gespräch unterbrochen hatte. »Wir dürfen solche Informationen nur an Angehörige weitergeben.«
»Können Sie mir denn nicht sagen, wohin er verlegt wurde?«
Ein Summer ertönte. Sie schaute zu den Bildschirmen hoch, neben einem blinkte eine rote Lampe. »Tut mir Leid, ich muss gehen.«
Sie eilte zu den Betten.
Mark holte sein Handy hervor, dann sah er das große Schild. IN DIESEM KRANKENHAUS IST DIE BENUTZUNG VON MOBILTELEFONEN STRENGSTENS UNTERSAGT.
Er wich zurück, eilte zum Aufzug und fuhr ins Erdgeschoss. Von Angst getrieben, rannte er durch ein Labyrinth von Fluren, bis er den Haupteingang erreichte.
Auf dem Weg zum Empfang hörte er plötzlich eine laute, hysterische Stimme und entdeckte Zoe, die Augen rot verweint, mit wirrem Haar.
»Du und dein Freund Michael und eure blöden Scheißstreiche«, kreischte sie. »Saublöde, unreife Arschlöcher.«
Schweigend starrte er sie an. Dann brach sie schluchzend in seinen Armen zusammen. »Er ist tot, Mark, er ist eben gestorben. Er ist tot. Josh ist tot. O Gott, er ist tot, bitte hilf mir, was soll ich nur machen?«
Mark umschlang sie fest. »Ich – ich dachte, es geht ihm besser, dass er durchkommt«, sagte er unbeholfen.
»Sie haben gesagt, sie konnten nichts mehr für ihn tun. Er hätte nur noch vor sich hin vegetiert. O Gott, o Gott, bitte hilf mir, Mark. Was soll ich den Kindern sagen? Dass ihr Daddy nie mehr nach Hause kommt? Was soll ich ihnen sagen?«
»Möchtest du – einen Tee – oder so?«
Unterbrochen von tiefen Schluchzern stieß sie hervor: »Nein, ich will keinen Scheißtee, ich will meinen Josh zurück. O Gott, sie haben ihn in die Leichenhalle gebracht. Mein Gott, was soll ich nur machen?«
Mark stand schweigend da, hielt sie fest, streichelte ihr den Rücken und hoffte, dass sie ihm nicht anmerkte, wie erleichtert er war.
20
MICHAEL ERWACHTE MIT EINEM RUCK aus einem wirren Traum, wollte sich aufsetzen und prallte schmerzhaft gegen den Sargdeckel. Er schrie auf, versuchte die Arme zu bewegen, stieß links und rechts gegen die unnachgiebigen Satinwände. Geriet in Panik und warf sich verzweifelt herum.
»Holt mich hier raus!« Er brüllte, trat um sich, rang nach Luft, schwitzte und fror zugleich.
»Holt mich doch bitte hier raus!«
Seine Stimme erstarb. Es nutzte nichts, sie war ebenso gefangen wie er. Er tastete nach der Taschenlampe, konnte sie vor lauter Panik zuerst nicht finden. Dann hatte er sie, schaltete sie ein und leuchtete die Wände seiner Zelle ab. Sah auf die Uhr. Elf Uhr fünfzehn.
Abends?
Morgens?
Abends, es musste noch Abend sein, Donnerstagabend.
Schweiß rann an ihm herunter. Bildete unter seinem Körper eine Lache. Eine Lache – er streckte die Hand aus, leuchtete, das Licht spiegelte sich. Wasser.
Mindestens zwei, drei Zentimeter.
Entsetzt schaute er an sich herunter. Undenkbar, dass er so geschwitzt hatte.
Drei, wenn nicht vier Zentimeter.
Wieder tastete er. Leuchtete. Streckte den kleinen Finger wie einen Messstab aus. Das Wasser reichte bis zum zweiten Glied. Das war kein Schweiß. Er schöpfte etwas mit der Hand und trank gierig, achtete nicht auf den schlammigen Geschmack. Er trank mehr und mehr, schien durstiger zu werden, je mehr er trank.
Als er endlich fertig war, drängte sich ein neuer Gedanke auf. Das Wasser stieg. Er nahm die Gürtelschnalle und schabte wieder wie wahnsinnig am Deckel, doch bald war sie so heiß, dass er sich die Finger verbrannte.
Scheiße.
Er nahm die Whiskyflasche. Noch zu einem Drittel voll. Er schlug damit heftig gegen das Holz über seinem Kopf. Nichts passierte. Wieder versuchte er es, hörte den dumpfen Aufprall. Ein winziger Glassplitter brach ab. Zu schade drum. Er setzte die Flasche an, nahm einen Schluck von der brennenden Flüssigkeit. Es tat gut. Er legte sich zurück, steckte die Öffnung in den Mund und ließ es einfach laufen, schluckte, schluckte, schluckte, bis er nicht mehr konnte.
Er hielt die Flasche blinzelnd hoch, alles verschwamm ihm vor den Augen. Nur ein winziger Schluck war übrig. Nur…
Ein dumpfer Laut über seinem Kopf. Der Sarg bewegte sich!
Noch ein Rums.
Wie ein Schritt.
Als stünde jemand auf dem Sarg!
Neue Hoffnung durchzuckte ihn. Mein Gott, endlich!
»Okay, ihr
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