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Stirb ewig

Titel: Stirb ewig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter James
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fiel ihm eine Theorie über zirkadianische Biorhythmen ein, von der er einmal gelesen hatte. Alle lebenden Organismen auf der Erde unterlagen einem Vierundzwanzig-Stunden-Rhythmus, nur der menschliche Biorhythmus lag bei etwa fünfundzwanzigeinhalb Stunden. Man hatte Experimente durchgeführt, bei denen Menschen wochenlang in dunklen Räumen ohne Uhr untergebracht wurden. Alle glaubten, sie seien kürzere Zeit darin gewesen, als dies tatsächlich der Fall war.
    Na super, ich bin zum Versuchskaninchen verkommen.
    Sein Mund war so trocken, dass seine Lippen aneinander klebten. Es tat weh, sie zu öffnen; es war, als zerrisse dabei die Haut.
    Dann leuchtete er mit der Taschenlampe senkrecht nach oben, betrachtete die immer tiefer werdende Furche, die er ins Holz geschabt hatte, nahm seinen Gürtel und rieb erneut mit der Metallschnalle über das Teakholz. Dass es Teak war, merkte er, und er wusste auch, dass es ungefähr das härteste Holz überhaupt war. Er schloss die Augen, als Sägemehl herunterrieselte, die Schnalle wurde heißer und heißer, bis er innehalten und sie abkühlen lassen musste. Dann kratzte er weiter.
    »Sony, kann jetzt nicht reden, er ist hier – kapierst du jetzt, was ich sage?«
    Michael runzelte die Stirn. Wer zum Teufel steckte hinter dieser pseudoamerikanischen Stimme?
    Wie konnten die das nur komisch finden? Was in Gottes Namen hatten sie Ashley erzählt? Und seiner Mutter?
    Nach einigen Minuten hörte er erschöpft auf zu kratzen. Aber er musste weitermachen. Dehydrierung macht müde. Er musste dagegen ankämpfen. Um jeden Preis raus aus dieser Scheißkiste. Raus und die Schweinehunde finden, das würde ihnen noch Leid tun.
    Er mühte sich noch ab, kratzte mit zugekniffenen Augen weiter, schürfte sich die Handknöchel auf, bis er nicht mehr konnte. Seine Hand fiel herab, die angespannten Nackenmuskeln lockerten sich, sein Kopf sank nach hinten.
    Er schlief ein.
     

    19
     
     
     
    AM ABEND WURDE ES ungewöhnlich früh dunkel. Mark parkte unmittelbar hinter einer Bushaltestelle und wartete einen Moment. Die breite Straße glänzte im herabströmenden Regen wie Lack, vereinzelt fuhren Autos vorbei. Niemand schien zu Fuß unterwegs zu sein; niemand würde ihn bemerken.
    Er zog sich die Baseballkappe ins Gesicht und schlug den Kragen seines Anoraks hoch, bevor er zu Michaels Haus eilte, wobei er einen Blick in jeden Wagen warf. Michael sagte den Leuten immer, Mark sei in ihrem Team der Mann fürs Spezielle. Dann schränkte er dies mit einer Bemerkung ein, die Mark zutiefst hasste. Mark ist unglaublich anal fixiert.
    Aber Mark wusste, dass er Recht hatte und Double-M Properties nur deshalb so erfolgreich war, weil er die eigentliche Arbeit erledigte. Er hatte die Aufgabe, die Kostenvoranschläge der Baufirmen minuziös zu prüfen, vor Ort zu sein, sämtliche Baumaterialien zu genehmigen, die Zeitpläne zu überwachen und die Wirtschaftlichkeit bis auf den letzten Penny durchzurechnen. Während Michael die halbe Zeit umherstolzierte, Frauen anmachte und alles nicht so ernst nahm. Mark war davon überzeugt, dass der geschäftliche Erfolg allein sein Verdienst sei. Dennoch besaß Michael die Mehrheit an der Firma, nur weil er bei der Gründung mehr Kapital eingebracht hatte.
    Er hatte die Wahl unter zweiundvierzig Türklingeln. Er drückte einen Knopf, der zu einer anderen Etage gehörte. Keine Reaktion. Dann versuchte er es bei »Maranello«.
    Nach einer Weile meldete sich eine knisternde Männerstimme mit starkem italienischem Akzent: »Hallo? Ja? Hallo?«
    »Eine Lieferung«, rief Mark.
    »Was für Lieferung?«
    »FedEx. Aus Amerika, für Maranello.«
    »Sie haben was? Lieferung? Ich nicht – nicht – «
    Stille. Dann sprang der elektrische Schnappriegel mit einem Summton zurück.
    Mark drückte die Tür auf und ging geradewegs zum Aufzug, mit dem er in den vierten Stock fuhr. Michael hatte einen Ersatzschlüssel unter der Matte, falls er sich – was schon einmal vorgekommen war – nackt und betrunken aussperrte. Zu Marks Erleichterung lag er noch da, ein einzelner Yale-Schlüssel voller Staubflocken.
    Mark klingelte vorsichtshalber und wartete ab, schaute den Flur hinunter und hoffte, dass ihn niemand entdeckte. Dann schloss er auf, schlüpfte hinein und zog die Tür hinter sich zu. Er holte eine kleine Taschenlampe hervor. Michaels Wohnung ging auf die Straße hinaus, gegenüber befand sich ebenfalls ein Wohnhaus. Vermutlich hätte er auch das Licht einschalten können, wollte aber kein

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