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Stoer die feinen Leute nicht

Titel: Stoer die feinen Leute nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky , -ky
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Mar… Marciniak oder so.“
    „Ja, die wohnt bei mir.“
    „Vielleicht ist morgen was von Carsten bei. Ist ja ein ganz schönes Stück von Australien rüber.“
    „Ja… Ja, hoffen wir’s.“
    Magerkort verabschiedete sich von seiner Schwester und legte auf. Hoffentlich war sein Neffe noch am Leben.
    Er ging ein wenig nachdenklich zu seinem Arbeitsplatz zurück, wechselte ein paar Worte mit den Kollegen, hörte sich einen Witz an und machte dann seinen sogenannten Ablagestellenbeutel fertig. Den beförderte nachher ein Bote zur Ablagestelle am Ende der Knochenhauerstraße, zu Heidtkes Schreibwarenladen, so daß er die Sendungen, die er auf dem letzten Teil seiner Tour abzuliefern hatte, nicht die ganze Zeit über mit sich herumschleppen mußte.
    Nachdem er alle Sendungen, die für den ersten Teil bestimmt waren, in seine schwarze Zustelltasche einsortiert hatte, holte er sich von der Prüfstelle die nachzuweisenden Sendungen, Einschreiben, Nachnahmen und so.
    Als er das erledigt hatte, war es auch schon 8 Uhr 03. Aber noch Zeit genug für eine kleine Frühstückspause. Er nahm seine Brote aus der Aktentasche, zog sich – ausnahmsweise mal – aus dem Automaten auf dem Flur eine Cola und setzte sich zu den Kollegen auf den großen Aussacktisch im Betriebsraum. Bultmann lächelte ihm zu: „Magst wat äten? Appelkoken? Is noch nog dor.“ Magerkort deutete auf seine Brote. „Välen Dank!“ Bultmann sah es nicht gern, daß sie Cola tranken. „Man bäter weer een moie Taß Koffi!“ Magerkort war froh, daß sie ihn zum Postamt Bramme 2 versetzt hatten; da war das Betriebsklima am besten. „Wir Straßenkamele!“ sagte Bultmann. Man unterhielt sich über Trinkgelder, über die Anschriften der Gastarbeiter, die so schwer zu entziffern waren, über die Bundesliga und über diese oder jene Grüne Witwe, die im Morgenmantel öffnete, wobei diesem oder jenem die Phantasie ein wenig durchging.
    Wie es der Plan vorsah, verließen die Zusteller kurz vor halb neun das Amt. Einige schoben ihre Zustellkarre vor sich her, andere, die einen größeren Bezirk zu versorgen hatten, ihren vierrädrigen Zustellwagen, von ihnen Po-Go-Cart genannt; Magerkort hingegen schwang sich auf sein gelbes Fahrrad, rief einigen Kollegen noch ein paar aufmunternde Bemerkungen zu und radelte dann in Richtung Marktplatz davon. Die Regenwolken hatten sich verzogen; es war ein wunderschöner Sommermorgen geworden. Viertel nach eins hatte er heute Feierabend. Blieb der ganze Nachmittag, um mit der Familie zum Brammer Meer zu fahren, zu baden und Federball zu spielen. Magerkort pfiff seinen Lieblingsschlager: In Hamburg sind die Nächte lang…
    Auf dem Marktplatz herrschte bereits reges Treiben, und er mußte einige Schlenker machen, ehe er den schmalen Mönchsgang erreichte, der zwischen dem Wespennest und dem Gebäude der Deutschen Bank seinen Anfang nahm und dann, allmählich breiter werdend, in einem unregelmäßigen Bogen auf die Knochenhauergasse zulief. Er stellte das Rad vor der roten Backsteinruine des Zisterzienserklosters ab, hing sich die Zustelltasche über die Schulter und begann seine Tour in der im Begehungsplan festgelegten Reihenfolge.
    Im Mönchsgang standen überwiegend abbruchreife zweistöckige Häuser, die von Rentnern, Gastarbeitern oder Studenten bewohnt wurden; da hatte er nicht viel Arbeit. Ein paar Briefe, einige Drucksachen, kaum mal ein längeres Gespräch in einem der winzigen Vorgärten.
    So konnte er den Mönchsgang ziemlich schnell abhaken. Als er an der Knochenhauergasse angelangt war, ging er erst mal zur Zoohandlung Wachmann hinüber, um sich die Fische in den beiden großen und einigen kleineren Aquarien anzusehen. Das tat er jeden Morgen, obwohl er selber ein Aquarium zu Hause hatte. Fische waren seine große Leidenschaft. Wachmann hatte neue Schleierkampffische bekommen, smaragdgrüne und kornblumenblaue. Ob er sich den einen oder anderen leisten konnte? Mal sehen, schließlich hatte er ja im Mai 10 Mark gespart, als sie nicht zum Bundesligaspiel nach Bremen gefahren waren. Vielleicht gab es auch wieder mal ein vernünftiges Trinkgeld, wenn er was Erfreuliches ins Haus brachte.
    Er erfreute sich noch ein, zwei Minuten an den munteren Zebrabärblingen, den zierlichen Kardinalfischen, den Neonfischen und den Glühlichtsalmlern, die Wachmann anzubieten hatte, dann ging er zum Schuhgeschäft hinüber, lieferte ein paar Kataloge ab und kassierte anschließend im Lichthaus Bruns etwas über 40 Mark für eine

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