Stoerfall in Reaktor 1
unten, dumm gelaufen! Tja, dann müsst ihr wohl leider selber raus und nachgucken, was los ist. Schön Schutzanzüge an und bloà den Geigerzähler nicht vergessen und dann Tür auf und taktaktaktaktaktak ⦠Au ScheiÃe, ist noch alles voll verstrahlt, Papa! Was machen wir jetzt? Müssen wir noch mal dreiÃig Jahre hierbleiben? Papa, was hast du denn? Ach, du bist schon tot? Und Mama? Auch tot? Na so was, wie kommt das denn?«
Lukas hat sich so in Rage geredet, dass er im ersten Moment gar nicht mitkriegt, wie Jannik ihn am Arm packt und in den Gang hinausschiebt.
»Halt einfach dein Maul«, sagt er gleichzeitig, »es reicht!«
Alex stolpert wortlos hinter ihnen her, erst als sie auf den Treppenstufen vor dem Bunker sind, befreit sich Lukas aus Janniks Griff und stottert: »Es ⦠es ist okay, lass mich, ich kann alleine laufen.«
»Dann weiÃt du ja auch, wie du vom Hof runterkommst«, sagt Jannik nur.
Lukas ist klar, dass er zu weit gegangen ist. Aber er sieht gar nicht ein, sich zu entschuldigen. Er hat die Nase gestrichen voll. Irgendwie war er davon ausgegangen, dass seine Kumpels zu ihm halten. Und er kapiert überhaupt nicht, was plötzlich passiert ist. Alex â okay, mit dem ist er nicht richtig befreundet, aber wieso fällt ihm auch noch Jannik in den Rücken? Kann es sein, dass sie tatsächlich nur Angst haben? Genau wie alle anderen?
»Ich mach mich dann auch mal vom Acker.« Alex steigt an ihnen vorbei die erste Stufe hoch. Aber dann hält er doch noch mal an und fummelt irgendwas aus seiner Jacke. Eine zusammengefaltete Zeitung, die er ihnen hinstreckt. »Wollte ich euch eigentlich noch zeigen. Hab ich gestern bei meinem Alten gefunden, als ich mal ein bisschen seinen Kram auf dem Schreibtisch zu Hause durchsucht hab. Aber so wie ihr drauf seid, kann man mit euch ja sowieso nicht reden â¦Â«
Jannik greift nach der Zeitung. Lukas sieht, dass es das Gemeindeblatt ist, das einmal im Monat erscheint.
»Das ist vom letzten Jahr«, sagt Jannik irritiert, nachdem er auf das Datum geblickt hat.
»Zur Zeit der Bürgermeisterwahlen«, erklärt Alex nickend. »Ab Seite 2 wirdâs interessant. Macht damit, was ihr wollt«, setzt er dann hinzu. »Ist eure Sache jetzt, ich bin drauÃen.« Er dreht sich um und will endgültig gehen.
»Warte mal!«, ruft Jannik halblaut, während er die Titelseite umblättert. »Ich kapier noch nicht, was du meinst. Das sind nur Wahlkampfreden, erst von deinem Vater und dann von diesem Burmeister â¦Â«
»Genau. Und das lies mal!«
Zehn
Jannik hält die Zeitung so, dass Lukas mitlesen kann. Er hat recht, denkt Lukas, was soll das? Okay, in dem Artikel ging es darum, ob Janniks Vater noch mal als Bürgermeister wiedergewählt wird oder nicht. Und Jens Burmeister war der Gegenkandidat. Andere Partei, anderes Programm. Alexâ Vater hat über die Zukunft von Wendburg geredet, hohles Getöne, dass die nur stattfinden würde, solange sie auch das AKW im Ort hätten. Die Wahl war noch vor der Katastrophe in Japan, überlegt Lukas schnell, aber die Rede unterscheidet sich nur wenig von dem, was der Bürgermeister auch heute wieder von sich gegeben hat. Kein AKW , keine Zukunft. Ohne AKW würden bei ihnen allen die Lichter ausgehen: »Kernkraftwerke erzeugen billigen Strom, Elektrizität ist für unsere moderne Gesellschaft das Lebenselixier schlechthin, Strom ist Leben!« Und noch ein bisschen mehr Blabla, und natürlich auch wieder die dreiste Aussage, dass Kernenergie CO 2 -freie Energie ist und damit praktizierter Umweltschutz! Und dann Burmeister, der tatsächlich versucht, jeden einzelnen Punkt zu widerlegen: 70.000 Tonnen Uranbedarf für die AKW s pro Jahr, massive Umweltzerstörung beim Abbau, hoher Energiebedarf für Herstellung und Transport der Brennelemente, keine Lösung für die Endlagerung verbrauchter Elemente. Und ein paar Zahlen, dass Atomkraft eben nicht billiger ist, und vor allem, dass alle AKW s sofort vom Netz genommen werden könnten, ohne dass irgendwo die Lichter ausgehen. Es folgen ein paar Sätze zur Arbeitsmarktsituation, dass sogar zusätzliche Arbeitsplätze im Bereich alternativer Energien benötigt werden würden.
Und dann kommt es!
Unwillkürlich stöÃt Lukas einen Pfiff aus, als er die nächsten Sätze laut vorliest: »âºIch fordere die sofortige Stilllegung
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