Stolen Mortality
Beide hatten noch keine offensichtlichen Verletzungen, doch während der Vampir immer noch überlegen und vollkommen lässig wirkte, keuchte Jamian bereits vor Anstrengung und hielt sich die Seite. Junias wollte seinen Bruder unterstützen, aber dann sah er, dass der blonde Vampir Sinead unter sich begraben hatte. Ihre Waffe lag unerreichbar für sie im Gras. Auch der Vampir schien von ihr entwaffnet worden zu sein. Sinead suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, ihn zu packen, doch er drückte ihre Unterarme zu Boden. Allein durch wildes Herumschlagen ihres Kopfes konnte sie ihre Kehle vor den Zähnen schützen. Junias atmete zwei Züge tief durch und legte ein weiteres Mal an. Der Vampir hockte seitlich zu ihm und sah ihn nicht, doch er musste den Schuss gehört haben, denn er wich in einer plötzlichen Bewegung aus, riss Sinead mit und die Kugel traf ihren Arm. Sie schrie auf, Junias fluchte, stürzte ein paar Schritte vor und bekam nur noch aus den Augenwinkel n mit, wie Jamian und Jonathan ineinander verkeilt auf dem Boden aufschlugen.
Der blonde Vampir ließ Sineads verletzten Arm für einen Moment los, griff ihr ins Haar und schlug ihren Hinterkopf mit voller Wucht auf den Boden. Sineads Augen rollten und ihre Hand, die nach dem Angreifer gepackt hatte, fiel schlapp hinunter . Noch bevor Junias einen klaren Gedanken fassen konnte, ging der Vampir auf ihn los. Er legte den Hebel an seiner Pistole auf Dauerfeuer um und drückte ab. Die Beretta spuckte drei unmittelbar aufeinanderfolgende Kugeln aus. Der Rückschlag war so hart, dass Junias ’ Hand zuckte. Doch wieder gelang es dem Vampir mit unglaublicher Geschwindigkeit , auszuweichen, er wurde nur von einem Schuss an der Schulter gestreift. Ehe Junias sich versah, schleuderte der Gegner ihn hart zurück, und er landete auf dem Rücken. Ungewollt ging die Waffe los. Drei weitere Schüsse peitschten ins Leere. Und dann spuckte die Beretta nur noch ein klickendes Geräusch aus.
„Fuck! Fuck! Fuck!“ Er japste und griff nach dem Ersatzmagazin in seiner Hosentasche. Bevor er es auch nur in der Hand hielt, hatte der Vampir ihn erreicht und riss ihn grob am Kragen hoch.
Im Gesicht des Blutsaugers prangte ein Grinsen von höhnischer Überlegenheit und Junias wurde sein eigener Vorteil im gleichen Moment klar: Der Vampir sah in ihm nichts als ein kleines, junges und hilfloses Opfer. Ganz leichte Beute.
Er presste ein ängstlich erscheinendes „Nicht!“ hervor. In einer genüsslichen Bewegung holte sein Gegner aus und zielte mit der Faust auf sein Gesicht. Doch in dem Moment, als er zuschlagen wollte, entfesselte Junias seine ganze Kraft, riss den Kopf zur Seite und boxte seinem Gegner gleichzeitig die freie Faust unters Kinn. Knochen brachen und dem Vampir wurde der Kopf in den Nacken geschlagen. Er ließ Junias los und fiel taumelnd zurück. Noch während er zu Boden stürzte, setzte Sinead, die sich wieder gefangen hatte, einen Tritt in seine Magengegend nach.
Für den Moment, den Junias brauchte, um schwer atmend und trotz seiner vom Schlag schmerzenden Hand die Waffe nachzuladen, gab er sich Zeit, in Jamians Richtung zu sehen. Aller beherrschten Ruhe zum Trotz blieb ihm fast das Herz stehen.
Jamian und Jonathan standen sicher dreißig Meter tiefer im Wald, beide blutverschmiert und um Atem ringend. Jamian stand mit dem Rücken an einem Baum und nahm dem Vampir mit der linken Hand Lebenskraft an dessen Unterarm, Junias erkannte es deutlich an dem dämonischen Glühen in seinen Augen. Mit der rechten versuchte er, den Vampir mit dem Dolch zu verletzen, doch dieser hatte seine Hand abgefangen und presste Jamians Hals gegen den Baum. Was immer Jamian tat, es schien nicht zu reichen. Es beeindruckte den Blutsauger nicht, denn dieser verdrehte nun mühelos Jamians Arm in eine Stellung, die anatomisch nicht möglich war. Junias glaubte, trotz der Entfernung und des schmerzverzerrten Schreien s seines Bruders zu hören, wie Knochen knirschend zerdrückt wurden. Der Schrei wurde zu einem Stöhnen, der Dolch fiel zu Boden.
Sinead kreischte Junias in ihrem Kampf gegen den anderen Vampir etwas zu, was wie „Meine Waffe!“ klang, doch er nahm sie kaum mehr wahr. In lähmendem Entsetzen beobachtete er, wie das Leuchten in Jamians Augen nachließ und er Jonathan für einen winzigen Moment resigniert in die Augen sah, ehe seine zufielen und er den Kopf zur Seite sinken ließ.
„Nein!“, hauchte Junias fassungslos und dann schrie er das Wort, als Jonathan seine
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