Stolz der Kriegerin
offen überwechseln, oder schleichen wir uns heimlich durch die Büsche?«
»Was schlägst du vor?«
»Die Büsche wären mir lieber!«, erklärte Tharon. »Die Grenzwachen von Maraand sind sehr genau, und man mag T’wooler dort nicht besonders.«
»Dabei sind wir beide gar keine T’wooler«, antwortete Rogon mit einem Lachen.
Tharon sah ihn überrascht an. »Wie kommst du darauf, dass ich keiner sein soll?«
»Du sprichst von den T’woolern so, als würdest du nicht dazugehören! Darum nahm ich an, du wärst nicht dort geboren.«
»Du bist ein schlaues Kerlchen«, sagte Tharon mit widerwilliger Anerkennung. »Aber du hast recht. Ich bin woanders zur Welt gekommen, auch wenn ich die meiste Zeit in T’wool lebe. Doch wo kommst eigentlich du her?« Das war eine Fangfrage, da sein Begleiter bislang seine Herkunft noch nicht preisgegeben hatte.
Rogon entzog sich mit einem fröhlichen Lachen einer genauen Antwort. »Geboren wurde ich in Edessin Dareh, wo auch noch ein Teil meiner Familie lebt. Ein paar Jahre habe ich im Norden gewohnt, was ein wenig auf meine Aussprache abgefärbt hat, und jetzt ziehe ich auf der Suche nach Abenteuern durch die Welt.«
Erneut kam Tharon der Verdacht, den Sohn eines Priesters oder einer Priesterin des blauen Tempels in der Heiligen Stadt vor sich zu sehen, der sich dem geregelten Leben eines wardanischen Edelmannes entziehen wollte.
»Wenn du auf Abenteuer aus bist, warum hast du dich dann keiner Söldnertruppe angeschlossen?«, bohrte er nach, um noch mehr über den jungen Wardan zu erfahren.
Rogon winkte mit einer verächtlichen Geste ab. »Nenne mir einen Söldneranführer, über den heute noch jene Lieder gesungen werden, die einen dazu bringen könnten, sich ihm anzuschließen!«
»Rogar a’Terell!«, antwortete Tharon und schüttelte über sich selbst den Kopf. »Nein, der ist kein Söldnerführer mehr, sondern König in Andhir geworden. Sein Söldnertrupp hat sich aufgelöst, und andere bekannte Söldneranführer sind im Südkrieg umgekommen. Was jetzt noch existiert, steht im Dienst irgendeines Fürsten oder Königs, um dessen Thron und die Grenzen seines Landes zu bewachen. Abenteuer kann man auf diese Weise nicht mehr erleben.«
Während des Gespräches waren die beiden von der Straße abgewichen und überquerten die Grenze bei einem Waldstück. Ein Unsichtbarkeitszauber von Tharon sorgte dafür, dass niemand sie entdeckte.
Da sie auf heimlichem Weg nach Maraand gekommen waren, mieden sie menschliche Ansiedlungen und wanderten durch die Wildnis nach Südwesten. Die Berge blieben hinter ihnen zurück, und sie erreichten ein ausgedehntes Waldgebiet, das sich bis nach Maischalh und Vanaraan erstreckte. Die Bäume hier waren blau, wie es sich für ein Reich der blauen Stammtafel gehörte, und doch kannte Rogon sie nicht und wusste auch nicht zu sagen, welche Früchte und Samen essbar waren und welche nicht.
Tharon erklärte ihm einiges, und da die Bäume einander glichen wie Brüder, benutzte er zwischendurch kurze Versetzungszauber, um rascher voranzukommen. Rogon und er legten auf diese Weise die Strecke von drei Tagesreisen in weniger als einem Tag zurück und erreichten die Grenze zwischen Maraand und Vanaraan, bevor die Nacht hereingebrochen war.
Der Reisezug mit der Prinzessin konnte nicht mehr fern sein, das spürte Tharon. Mehr aber beunruhigten ihn die blauvioletten Krieger, die seine Sinne in der Umgebung wahrnahmen. Ihre Zahl war mittlerweile auf fast tausend angewachsen, und sie hielten den Brautzug unter scharfer Beobachtung.
»Wenn da mal keine Meandirerei geplant ist«, sagte Tharon mehr zu sich als zu Rogon.
Dieser vernahm es trotzdem und krauste die Stirn. »Wie meinst du das?«
»Nun, ich … ich verfüge über leichte Spürerfähigkeiten und habe eben etliche Blaue entdeckt, die sich abseits der Hauptstraße halten, auf der die Prinzessin reisen muss«, antwortete Tharon mit einem missratenen Lachen. »Blaue, die Grüne umschleichen. Da kann man leicht Übles annehmen.«
Nachdem Daar ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, bemerkte Rogon ebenfalls schwache, blaumagische Präsenzen in der Nähe, die eine violette Flamme in sich trugen. Noch deutlicher aber konnte sein geistiges Auge den Brautzug sehen. Die t’woolischen Panzerreiter mit ihrer magisch gestärkten Wehr und den Amuletten erschienen ihm wie schwarzer Nebel, der grüne, aber auch weiße, violette und blaue Präsenzen umgab.
Irritiert schüttelte Rogon den Kopf.
Tharon sah es und
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