Stolz der Kriegerin
nämlich!«
»Aber das wird deine Herrin nicht mögen«, wandte Rogon ein.
Das Kätzchen machte eine Geste, die ihn an Kopfschütteln erinnerte. »Die wird froh sein, wenn ich ihr nicht mehr unter die Augen komme.«
»Und deine Mutter und deine Geschwister?«
»Denen geht es nur darum, gestreichelt zu werden und gutes Futter zu bekommen. Sie sind im Kopf völlig taub und furchtbar dumm! Daher komme ich mit dir!«, erklärte das Kätzchen mit Nachdruck.
»Ich glaube, sie hat einen Narren an dir gefressen. Kein Wunder nach dem, wie man sie behandelt hat. Was wirst du mit ihr tun?«, fragte Tirah und sandte ihm ein breites Grinsen.
Rogon musterte die Katze, deren Farbe ihn an die zartblaue Jade erinnerte, die in Andhir gebrochen wurde, und wusste die Frage nicht zu beantworten. Schließlich schnitt er ein Stückchen von dem Rauchfleisch ab, das er als Frühstück aufbewahrt hatte, und warf es der Katze hin.
»Hier! Du wirst hungrig sein!«
Das Tier fiel über das Fleischstückchen her und verschlang es in Windeseile. Danach blickte es wieder bettelnd zu Rogon auf.
»Ich habe immer noch Hunger!«
Mit einem missmutigen Knurren schnitt Rogon dem Kätzchen noch ein wenig Fleisch ab und aß den Rest selbst. Danach tauchte er das hart gewordene Brot in die Quelle, damit es etwas aufweichte, und steckte es sich in den Mund.
»Ich habe schon besser gefrühstückt«, beschwerte Tirah sich.
»Eine Frau, die andauernd um einen herumwieselt, ist schon schlimm, aber eine, die in einem selbst steckt, kommt beinahe schon Tenelins Hölle gleich!«, gab Rogon zurück.
Er packte seine Sachen und machte sich zum Aufbruch fertig. Doch kaum war er zwei Schritte weit gekommen, rannte die Katze hinter ihm her und kletterte an ihm hoch.
»Du willst also wirklich nicht nach Hause gehen?«, fragte er, doch das Tierchen schnurrte nur und rieb den Kopf an seiner Wange.
»Rogon, der Krieger mit der Katze«, rief Tirah und wunderte sich, weshalb ihr Wirt auf einmal zu lachen begann.
»Was ist los?«
»Du hast mich eben auf eine gute Idee gebracht!« Rogon streichelte die Katze und ging weiter, ohne Tirahs bohrende Fragen zu beantworten.
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Elftes Kapitel
Der Sänger
A uf ihrem Weg nach Süden hatten Rogon und Tirah Pilltark hinter sich gelassen und das violette Reich Ligaij erreicht. Ein genaues Ziel für ihre Wanderung besaßen sie noch immer nicht. Tirah nahm jedoch an, dass Sirrin sich an den Grenzen jener Länder aufhielt, die der Feind erobert hatte. Unterwegs waren ihnen etliche Berichte zu Ohren gekommen, die von gewaltigen Schlachten und fürchterlichen Zaubern berichteten. Verlässliche Informationen hatten sie jedoch keine erhalten. Das meiste, was man sich erzählte, verlor sich in einem Wust von Sagen und Gerüchten, mit denen Bänkelsänger auf Jahrmärkten die Leute erschrecken konnten. Da Tirah ihre Erfahrungen im Kampf mit den Rittern des Westens gesammelt hatte, tat sie das meiste als Unsinn ab, während Rogon immer mehr an sich zweifelte. Was konnte er mit seinen geringen Fähigkeiten schon angesichts dieser gewaltigen Todeszone ausrichten? Selbst sein Vater wäre samt seinen Wolfssöldnern in deren bester Zeit dort gescheitert.
Seine Anfälle von Mutlosigkeit ärgerten Tirah. »Sobald du mich bei Sirrin abgeliefert hast, werde ich dafür sorgen, dass man dich wieder nach Andhir zurückbringt«, schimpfte sie, als Rogon sichtlich beeindruckt von den Greuelmärchen, die ein Sänger gerade zum Besten gab, den Kopf hängen ließ.
Der Barde, ein Tivenga mit schulterlangem Haar und der eintätowierten flammenden Hand, dem Zeichen der Linirias, auf der Wange, hatte Rogon bereits bemerkt. Da dieser anders als die übrigen Zuhörer nicht in den Beutel griff, um ihn zu belohnen, sprach er ihn im höhnischen Tonfall an.
»Dir ist bei meinem Lied wohl einiges in die Hose gegangen, Wardan-Bürschlein?«
Die Umstehenden, die zu den violetten Völkern zählten, lachten schallend, denn sie hielten sich für mutiger und kampferprobter als die blauen Wardan.
Tirah spürte, wie Trotz und Wut in Rogon aufstiegen, und versuchte, ihn zu bremsen. Trotz ihrer Warnung trat er auf den Barden zu und musterte den gut um einen halben Kopf größeren Mann mit einem nachdenklichen Blick.
»Du nimmst den Mund arg voll, mein Freund. Dabei solltest du zuerst einmal singen lernen. Du hast nur wenige Töne richtig getroffen. Überdies stammen Teile deines Liedes aus einem Werk des Barden Loangrel, der es vor über zweihundert Jahren
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