Stolz der Kriegerin
vorgetragen hat. Dafür diesen braven Leuten Geld abzufordern, finde ich wirklich dreist!«
»Weißt du, was ich dreist finde?«, bellte der Barde. »Dich und dein Benehmen! Das erfordert Strafe!«
»Wenn du raufen willst, soll es mir recht sein. Beschwere dich aber hinterher nicht über die Beulen, die ich dir beibringen werde.« Rogons Laune war nicht die beste, und da kam ihm der Kerl gerade recht.
Der Barde hatte jedoch keine Lust auf einen Faustkampf, der die Gelenkigkeit seiner Finger gefährden konnte, sondern zeigte auf seine Harfe. »Ich fordere dich zum Zweikampf der Sänger heraus! Sprechen die Zuhörer mir den Preis zu, wirst du diese Stadt mit nicht mehr als deinem Lendentuch bekleidet verlassen. Alles andere gehört dann mir.«
Rogon hörte Tirahs empörten Aufschrei in sich. »Untersteh dich, mein Schwert und die anderen Sachen, die mir gehören, zu riskieren!«
Da er jedoch in Andhir im Gesang unterrichtet worden war und man ihm eine gute Stimme bescheinigt hatte, nickte er. »Dazu bin ich bereit. Allerdings besitze ich kein Instrument. Du müsstest mir daher deine Harfe leihen.«
»Wie käme ich dazu!«, rief der andere aus.
Damit brachte er Rogon in eine Klemme. Nur mit der Stimme allein glaubte er nicht, gegen den Barden bestehen zu können, und sah sich daher um. »Ist einer der Herrschaften hier bereit, mir mit einer Harfe oder einem anderen Instrument auszuhelfen?«
Die Leute sahen sich an, und schließlich hob einer die Hand. »Ich habe eine Laute zu Hause. Allerdings hat seit Jahren niemand mehr darauf gespielt. Es ist nämlich eine mit neun Saiten, und die zu beherrschen erfordert viel Übung. Ich selbst spiele lieber die Laute mit sechs Saiten, aber ich bringe es damit bei weitem nicht zu der Meisterschaft wie dieser Barde hier!«
Rogon überlegte, ob er um die sechssaitige Laute des Mannes bitten sollte, begriff aber, dass die Leute als Violette zu dem Tivenga halten würden. Um hier zu gewinnen, musste er schon eine außerordentliche Leistung vollbringen.
»Wenn du nicht gewinnst und dadurch mein Schwert an den Kerl verlierst«, meldete Tirah sich, »dann werde ich dich in dem Augenblick, in dem ich wieder einen Körper besitze, mit meinen eigenen Händen erwürgen!«
»Soll ich dem Kerl in die Finger beißen, damit er nicht spielen kann?«, fragte Jade neugierig.
Rogon schüttelte den Kopf. »Das wäre unehrenhaft«, sagte er lautlos zu der Katze und wandte sich dann dem Ligaijer zu.
»Bring mir die Laute!«
Der Mann eilte davon und kehrte nach einer Weile mit dem Instrument zurück. Es hatte weniger Saiten als die Harfe des Sängers, besaß dafür aber einen stärkeren Resonanzkörper. Ein Meister, der dieses Instrument beherrschte, konnte darauf Melodien spielen, die weit über die Leistung der Wanderharfe hinausgingen. Diese war jedoch leichter zu erlernen und daher das beliebtere Instrument.
Rogon nahm die Laute entgegen und prüfte sie genau. Obwohl sie uralt war, befand sie sich in einem ausgezeichneten Zustand. Ein Siegel zeigte, dass sie einst im blauen Sechstel von Edessin Dareh gefertigt worden war. Also musste sie einen langen Weg bis zu ihrem jetzigen Besitzer zurückgelegt haben.
In diesem Augenblick dankte Rogon der Andhirhexe Seranah, auf deren Geheiß er auch ein solches Instrument hatte erlernen müssen, und stimmte die Saiten so, wie es ihm richtig dünkte.
Sein Gegner bedachte jeden seiner Handgriffe mit spöttischen Bemerkungen, um die Zuhörer für sich zu gewinnen. Rogon nahm er als Sänger nicht ernst. Für ihn war dieser ein Wardan-Bürschlein, das nicht mehr gelernt hatte, als ein paar Liebeslieder zu schluchzen.
»Bist du bald so weit, oder willst du alles so weit hinauszögern, bis unsere Zuhörer eingeschlafen sind?« Da soeben die Mittagsstunde angebrochen war, stellte diese Frage eine Frechheit dar.
Eigentlich hatte Rogon sich hier auf dem Markt nur eine Kleinigkeit zu essen kaufen wollen. Nun aber ging es um mehr.
»Was ist dein Einsatz?«, fragte er den Barden.
Der sah ihn stirnrunzelnd an, denn an die Möglichkeit einer Niederlage hatte er keinen Gedanken verschwendet. Allerdings begriff er, dass er einen Preis nennen musste, wenn er seinem Gegenüber nicht die Gelegenheit geben wollte, sich ohne Gesichtsverlust dem Sängerwettkampf zu entziehen. Mit einem raschen Blick schätzte er die Besitztümer des jungen Mannes ab. Wirklich wertvoll erschien ihm nur das lange Schwert mit dem violetten Knauf, das dieser über den Rücken
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