Stolz der Kriegerin
noch den Völkern des Westens besondere Achtung abnötigte. Selbst sein Vater wird daran nicht viel ändern können, dachte Rogon. Dabei wäre es gerade in der jetzigen Zeit besonders wichtig, ein Reiterheer aufzustellen, das es sowohl mit den Panzerreitern von T’wool wie mit den Rittern des Westens aufnehmen konnte.
Die beiden Damen ließen Rogon Zeit für diese Überlegungen, denn sie musterten ihn eine Weile ungeniert. Während die Baronin blasiert wirkte, beugte ihre Freundin sich schließlich vor und winkte Rogon zu sich heran. Er gehorchte und sah verwundert, wie ihm die Frau mit ihrem Zeigefinger über Kinn und Wangen strich.
»Seltsam«, sagte sie dabei. »Dieser junge Mann trägt wie wir das Zeichen hoher Abkunft, doch ist es kaum zu erkennen, denn die Linien sind nicht blau, sondern eher silbern.«
Bislang hatte Rogon nichts dergleichen an sich entdeckt und fragte sich, was die nicht gerade junge, leicht magisch begabte Frau an ihm sehen wollte.
Der Baronin war das Interesse ihres Gastes an Rogon unangenehm, daher räusperte sie sich, um die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken.
Als Rogon sich ihr zuwandte, sah er auf ihrem Schoß eine große Katze mit langem, blau leuchtendem Fell liegen, die sich gerade wohlig drehte und zeigte, dass sie gekrault werden wollte. Nicht weit entfernt stand ein Korb mit drei jungen Kätzchen, die ebenfalls dem Idealtyp der bei den Damen der blauen Wardan-Reiche beliebten Rasse entsprachen. Die Baronin musste sehr stolz auf das Muttertier und dessen Wurf sein, denn als sie Rogons Blicke bemerkte, lächelte sie geschmeichelt. »Feinstes Blaulandblut!«
»Das sind sie!«, antwortete Rogon mehr aus Höflichkeit. Für ihn aber waren diese Tiere Schaustücke, mit denen man nicht viel mehr anfangen konnte, als ihnen zuzusehen und sie zu streicheln. Jede Maus würde ihnen eine lange Nase drehen.
»Wie recht du hast!«, hörte er plötzlich jemand in seinen Gedanken sagen. Zuerst dachte er, es wäre Tirah, doch dann spürte er, wie etwas um seine Beine strich. Gleichzeitig bemerkte er, dass der Blick der Baronin sich verdüsterte, und blickte an sich hinab.
Dort rieb sich ein Kätzchen, das etwas kleiner war als die anderen, an seinem Bein. Das Fell des Tieres war kurz und von einem sanften Blaugrau, aber es stammte unzweifelhaft aus dem gleichen Wurf wie die anderen Tiere. Allerdings spürte Rogon weitaus mehr Magie in ihm als in seinen Geschwistern oder in der Mutter.
»Die sind dumm!«, klang es erneut in seinen Gedanken auf. »Sie können nicht einmal richtig mit mir sprechen! Du aber kannst es!«
Noch während Rogon sich wunderte, klatschte die Baronin in die Hände. Sofort erschien die Magd, an der sie gestern ihre Wut ausgelassen hatte.
»Ihr wünscht, Herrin?«
»Wieso läuft diese Missgeburt hier herum?« Die Baronin sah aus, als würde sie am liebsten sofort wieder zum Stock greifen und zuschlagen.
Rogon schüttelte innerlich den Kopf über diese Frau, während die Magd sich bückte, die junge Katze aufhob und damit nach draußen verschwand.
»Man sollte dem Gesinde verbieten, eigene Tiere zu halten«, sagte die Baronin.
Ihre Besucherin nickte verstehend, während Rogon angewidert das Gesicht verzog. Seiner Meinung nach war dieses so verächtlich behandelte Kätzchen um ein Vielfaches mehr wert als seine Geschwister. Allein schon die Tatsache, dass es mit ihm Gedanken austauschen konnte, war beachtlich. Wahrscheinlich hätte die Kleine seiner Herrin ebenfalls sagen können, wer ihre Brosche gestohlen hatte.
»Wie recht du hast!«, klang es in seinen Gedanken auf, dann wurde es still.
Im nächsten Augenblick hörte er Tirah in sich lachen. »Du verbesserst dich, Kleiner. Von einer Maus hast du es immerhin schon bis zu einer Katze geschafft.«
Rogon beschloss, nicht darauf zu antworten.
Der unvorhergesehene Zwischenfall brachte die Hausherrin dazu, den Empfang abzukürzen. »Ich danke dir dafür, dass du mit deinen Seherfähigkeiten meine schöne Brosche entdeckt hast, Fremder. Nimm das als kleine Anerkennung dafür.«
Sie griff nach mehreren Münzen, die abgezählt auf der Lehne ihres Stuhles lagen, und reichte sie Rogon.
Dieser wollte sie im ersten Impuls abweisen, vernahm aber sofort Tirahs Stimme in seinem Innern. »Nimm es! Oder glaubst du, ich habe Lust, wegen deiner Dummheit zu hungern? Immerhin spüre ich das, was du fühlst, am eigenen Leib.«
An dem wohl weniger, dachte Rogon und steckte die Münzen ein. Ihr Wert entsprach etwa dem der
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