Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
merklichen Unterton. Der Lamont betrachtete seine Anwesenheit mit Argwohn, und Jamie hatte durch sein Interesse an dem Mädchen das Misstrauen des Lamont etwas zerstreut – jedoch nicht vollständig.
»Dieses Mal nicht.« Doch das würde er noch. Er wusste, dass die MacGregors hier waren; das konnte er fühlen. Obwohl er um der Lamonts willen hoffte, dass er sich irrte.
Sein Cousin hatte sofort Truppen aussenden wollen, aber es war Jamie gelungen, Argyll zu überreden, noch zu warten, bis sie mehr Beweise hatten als nur eine alte Geschichte
über die Gastfreundlichkeit der Highlander – obwohl die Geschichte an sich schon eine überzeugende Erklärung dafür lieferte, warum die Lamonts so viel riskieren sollten, um den geächteten MacGregors Unterschlupf zu gewähren. Nichts war den Highlandern heiliger als der jahrhundertealte Brauch der Gastfreundschaft. Wenn daran appelliert wurde, musste ein Clan selbst seinem schlimmsten Feind Schutz gewähren. Die wohlbekannte Geschichte über die Lamonts und die MacGregors war ein Beweis dafür, wie mächtig dieser Brauch war.
Vor vielen Jahren war ein Chief der Lamont mit dem Sohn eines MacGregor-Chief zur Jagd gegangen. Als zwischen den beiden ein Streit ausbrach, zog der Lamont einen Dolch und tötete den Sohn des MacGregor. Auf der Flucht vor seinen Verfolgern war er gezwungen, auf Glenstrae Schutz zu suchen – der Festung eben jenes Mannes, dessen Sohn er getötet hatte. Ohne zu wissen, dass der Lamont gerade seinen Sohn ermordet hatte, willigte der Chief der MacGregor ein, ihn vor seinen Verfolgern zu beschützen.
Als die MacGregor-Clansmänner auftauchten und dem alten Chief von dem Mord an seinem Sohn berichteten, weigerte dieser sich – trotz des Grams und Zorns über den Tod seines Sohnes – aufgrund des Brauchs der Gastfreundschaft, den Lamont an sie auszuliefern. Da er befürchtete, seine wütenden Männer könnten dem Mann etwas zuleide tun, eskortierte der MacGregor den Mörder seines Sohnes persönlich nach Cowal zurück.
Trotz dieses kummervollen Verlustes verband die beiden Clans seit jenem Tag ein untrennbares Band, und Jamie vermutete, dass für die Lamonts die Zeit gekommen sein könnte, den MacGregors ihre Gastfreundschaft zu vergelten.
Doch eine Ahnung allein war nicht genug. Er brauchte Beweise.
Jamie hatte den Lamont aufmerksam beobachtet, und bis
jetzt war ihm nichts Ungewöhnliches aufgefallen. Nicht, dass er etwas anderes erwartet hatte. Wenn der Lamont etwas von Jamies wahren Absichten ahnte, dann wusste er, dass er beobachtet wurde. Jamies Männer hatten den gesamten Umkreis unter sicherer Beobachtung: Niemand konnte Ascog betreten oder verlassen, ohne dass sie es wussten.
Es war offensichtlich, dass den anderen Mann ebenfalls etwas beschäftigte. Der Blick, mit dem er Jamie fixierte, war hart und berechnend. »Und was ist mit dem Zweck Eures Besuches, Campbell?«
Jamie gab nicht vor, ihn nicht verstanden zu haben. Er respektierte die Herausforderung des anderen Mannes. »Eure Tochter ist sehr schön.«
Die Augen des alten Chief wurden schmal. »Also sind Eure Absichten ernsthaft?«
»Das sind sie.« Eigentlich sollte das eine Lüge sein, aber überrascht musste Jamie an dem Nachdruck in seiner Stimme und dem tiefen Gefühl im Bauch erkennen, dass er es wirklich so meinte. Es war eine instinktive Reaktion, eine spontane Entscheidung für einen Mann, der ansonsten immer alles sorgfältig plante. Irgendwann zwischen dem ersten Kuss und diesem Augenblick war die Täuschung Wirklichkeit geworden. Er wollte sie.
Sein Tonfall musste den Lamont ebenfalls beeindruckt haben, denn er sah aus, als glaubte er ihm. »Warum sollte Argylls Cousin eine Verbindung mit einem Lamont wollen? Wie Ihr bereits sagtet, ist meine Tochter sehr schön, aber ihre Mitgift ist bescheiden. Ich würde meinen, dass Eurem Cousin eine einträglichere Verbindung lieber wäre.«
Sein Cousin würde ebenso überrascht sein wie Jamie selbst. »Mein Cousin möchte der Fehde ein Ende setzen. Und das ist etwas, das Ihr ebenfalls wollt, vermute ich.«
»Aye «, gab der Lamont widerwillig zu. Die Feindschaft zwischen den beiden Clans ging tief. Jamie bewunderte die
Beherrschung des anderen Mannes, der kaum eine Reaktion zeigte, obwohl er sicher innerlich kochte bei dem Gedanken, seine geliebte Tochter mit einem Campbell zu verheiraten. Aber gleichgültig, wie sehr er das Mädchen liebte, das Wohl des Clans hatte Vorrang. Und eine Verbindung mit Jamie würde den
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