Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
sie in etwas hineingezogen wurde, das zu mächtig war, um es beherrschen zu können.
Doch sie konnte nicht vergessen, wer er war.
Also zwang sie sich, ihm in die Augen zu sehen, und sagte in aller Aufrichtigkeit: »Eher würde ich eine Kröte heiraten als einen Campbell.«
Jamie hatte nicht übel Lust, sie dazu zu zwingen, ihre Worte zurückzunehmen. Er könnte sich vorbeugen, ihr mit seinen Lippen den Mund verschließen und sie so lange küssen, bis er ihr das Gegenteil bewiesen hatte. Und Gott, er war in Versuchung!
Er hatte nicht vorgehabt, sich tatsächlich eine Ehefrau zu suchen, als er hierhergekommen war, aber dieses dreiste Mädchen mit seiner seltsamen Mischung aus Hochmut und Unschuld könnte es sehr wohl wert sein. Es war selten, dass er einer Frau begegnete, die er nicht mit Samthandschuhen anfassen musste, aus Angst, sie zu verschrecken oder einzuschüchtern. Er musste lächeln. Nay , Caitrina Lamont ließ sich definitiv nicht von ihm einschüchtern.
Er war gerade von einem Treffen mit seinen Männern zurückgekommen, die die Höhlen in den Hügeln abgesucht, aber nichts gefunden hatten, als er die Unterhaltung zwischen Caitrina und Torquil MacNeil aufgeschnappt hatte. Sie war raffiniert, das musste er ihr lassen. Und wie sie am vergangenen Abend schon viele Male bewiesen hatte, verstand sie es geschickt, ihre Verehrer loszuwerden – aber ihre Kühnheit hatte etwas gefährlich Naives an sich. Und eines Tages würde sie das in gewaltige Schwierigkeiten bringen.
Jeder verfügbare Mann im Umkreis von hundert Meilen schien unter ihrem Bann zu stehen. Sogar jetzt, da ihr das Haar ungebändigt um die Schultern fiel, Stroh an ihren lächerlich kostbaren Röcken klebte, weil sie in einer Scheune gesessen hatte, und sie hinreißend zerzaust aussah, war ihre Anziehungskraft nicht zu leugnen. Trotz all ihrer unschuldigen Schönheit war sie von einer unübersehbaren Aura sexueller
Verheißung umgeben, die weit irdischere Freuden erahnen ließ. Sie war eine Rose, die darauf wartete, gepflückt zu werden.
Er wollte sie mit einer Heftigkeit, die jeder Vernunft widersprach. Er wollte sie auf eine ursprüngliche Weise, wie er es noch nie zuvor bei einer Frau empfunden hatte. Und wenn Jamie etwas wollte, dann bekam er es auch.
Und doch schien sie keine Ahnung zu haben, welch eine Versuchung sie darstellte oder wie kurz er davor war, sie zu packen, ins Heu zu werfen und sie zu küssen, bis sie den Verstand verlor. Hitze strömte durch seine Adern bei dem Gedanken, dass sie sich unter ihm wand, dass er ihre weiche Haut streichelte, dass sein Mund …
Verärgert kämpfte er die Lust nieder, die ihn benebelte. Er war ein Mann mit erstaunlicher Selbstbeherrschung, wenn es darum ging, sein Verlangen im Zaum zu halten, doch noch nie zuvor hatte er ein Mädchen getroffen, das in ihm solch primitive Regungen auslöste. Oder, was das betraf, die ihn mit ihren unbedachten abfälligen Bemerkungen über seinen Clan so leicht provozieren konnte.
Er trat einen Schritt zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Also ist es mein Name, der Euch stört?«
»Ist das nicht genug? Unsere Clans sind Feinde, und das schon seit Jahrzehnten.«
»Was gäbe es dann für eine bessere Art, eine Fehde zu beenden? Außerdem war Eure Mutter eine Campbell.«
Sie errötete vor Zorn. »Und sie wurde von ihrem Vater, dem Laird of Cawdor, einem Campbell, verstoßen. Ich habe keine familiären Gefühle für die Campbells, und Euer Cousin ist der Schlimmste der ganzen üblen Bande.«
»Für jemanden, der sich so offensichtlich nicht für Politik interessiert, vertretet Ihr jedenfalls eine starke Meinung.«
»Jeder weiß doch, dass Argyll ein Despot ist, der den Clansleuten erst die Ländereien stiehlt und sie dann, wenn
sie gebrochen sind und nicht mehr wissen, wohin sie sich wenden sollen, wie Hunde hetzt.«
»Ich nehme an, Ihr sprecht von den MacGregors?«, fragte Jamie ruhig, obwohl er alles andere als das war. Was wusste sie denn von den MacGregors? Von dem Massaker an den Colquhouns bei der Schlacht von Glenfruin? Von den zahllosen Campbells, die ihrem Plündern und Brandschatzen zum Opfer gefallen waren? Er umfasste ihr Kinn und rieb mit dem Daumen über die wild pochende Ader an ihrem Hals. »Die MacGregors sind Räuber und Gesetzlose, die Euch ohne mit der Wimper zu zucken die hübsche kleine Kehle durchschneiden würden. Daran solltet Ihr denken, wenn Ihr meinen Cousin verurteilt.«
Ihre Augen weiteten sich beunruhigt.
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