Stolz und Leidenschaft: Roman (German Edition)
»Ihr wollt mir nur Angst einjagen. Ihr vergesst wohl, dass die MacGregors Verbündete der Lamonts sind.«
Das hatte er keineswegs vergessen. Im Gegenteil, deshalb war er hier. »Ich schlage vor, Ihr wählt Eure Freunde etwas weiser aus.«
Trotzig schürzte sie die Lippen. »Wenn sie Gesetzlose sind, dann nur, weil sie gar keine andere Wahl haben, da die Campbells ihnen das Land weggenommen haben. Und Ihr lasst sie schlimmer klingen, als sie sind. Genau das will Argyll die Leute glauben machen, um sein Handeln zu rechtfertigen.«
Jamie musste sich Mühe geben, seinen Ärger zu zügeln, da ihm klar war, dass sie nur aus Unwissenheit sprach und keine Ahnung von den vielschichtigen Problemen hatte, denen sich die Highlands gegenübersahen, oder dem jahrhundertelangen Streit zwischen den MacGregors und den Campbells um Land – Land, auf das die MacGregors keinen rechtlichen Anspruch hatten. Doch er verspürte den seltsamen Drang, es ihr zu erklären. »Mein Cousin will der Gesetzlosigkeit, unter der die Highlands leiden, ein Ende setzen und
die Unschuldigen schützen. Und glaubt mir, die MacGregors sind nicht unschuldig. Betrachtet ihre Notlage nicht in einem romantisch verklärten Licht. Sie sind nicht wie in der Legende von Robin Hood und seinen Gefährten. Und sie sind auch nicht schuldlos an dem, was ihnen widerfahren ist.«
Heftig atmend und mit blitzenden Augen riss sie sich los. »Also verdienen sie es, gejagt und abgeschlachtet zu werden?«
Sein Blick wurde hart. »Sie verdienen es, für ihre beträchtlichen Verbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden.«
Ihre Stimme troff vor Spott. »Und was ist mit Euren Verbrechen? Wurden den Campbells denn nicht ähnliche Ungerechtigkeiten vorgeworfen? Hat Euer Cousin nicht die Häuser der Leute verbrannt und sie von ihrem Land vertrieben?«
»Im Gegensatz zu den MacGregors brechen wir nicht das Gesetz.«
»Wie überaus praktisch, Ihr seid ja das Gesetz!«
Der Zug um seinen Mund verhärtete sich. »Ich bin der Mann, der dafür sorgen will, dass Ihr durch das Land reiten könnt, ohne Angst vor einem Überfall haben zu müssen.«
»Mit Angst, Gewalt und Einschüchterung.«
Er trat einen Schritt näher und widerstand dem Drang, sie in die Arme zu reißen und ihre lächerlichen Anschuldigungen verstummen zu lassen. Seine Geduld war bis an die Grenzen überstrapaziert, von diesem unverschämten Mädchen mit ihren blitzenden Augen und roten Lippen, die darum bettelten, geküsst zu werden, einem Mädchen, das Dinge zu ihm sagte, die noch niemand zuvor gewagt hatte – niemand! »Mit allen Mitteln, die das Gesetz bietet«, sagte er fest.
»Schließt das auch mit ein, Köpfe abzuschneiden, um das Kopfgeld zu kassieren?«
Er wusste, dass sie sich damit auf den jüngsten Erlass
des Geheimen Rates bezog, der jedem, der den Kopf eines MacGregor lieferte, nicht nur eine Belohnung, sondern auch noch den gesamten Besitz des Toten versprach. »Ich habe auf beiden Seiten grausige Taten gesehen, die Euch jahrelange Albträume bescheren würden. Ihr seid eine Frau. Männer sind in Bezug auf solche Dinge nicht so zimperlich – so ist es in den Highlands eben Brauch.«
»Und das macht es automatisch rechtens?«
»Die Regierung hält es für wirkungsvoll.«
»Meint Ihr nicht vielmehr, Euer Cousin hält es für wirkungsvoll, da er ja die Regierung ist? Oder sich gerne zur Regierung machen würde?«
»Mein Cousin möchte die Highlands vereinen – mit der Unterstützung der meisten Chiefs anhand von Lehensbündnissen. Ohne Staatsgewalt wäre die Alternative eine Rückkehr zu den aufrührerischen Fehden zwischen den Clans. Ist es das, was Ihr wollt?« Wenn es nicht die Campbells übernahmen, dann vielleicht die Mackenzies oder die Gordons, aber zweifellos würde es irgendjemand tun.
Sie reckte das bezaubernde Kinn vor und begegnete kühn seinem Blick. »Es ist nicht das Wohl der Highlands, was König Campbell antreibt, sondern Gier.«
Wütend darüber, von einem verwöhnten, behüteten Mädchen, das nur wenig von der rauen Wirklichkeit wusste, abgekanzelt zu werden, biss Jamie die Zähne zusammen. »Ihr gebt Gerüchte und Übertreibungen von Euch, als wären es Tatsachen. Aber was wisst Ihr denn wirklich, Caitrina? Ihr seid ein verwöhntes Gör, das in einem Elfenbeinturm lebt, beschützt von Eurem Vater und Euren Brüdern. Irgendwie bezweifle ich, dass Euer Vater Euch ins Vertrauen zieht.« Ihr Erröten bewies, dass er mit seiner Beobachtung recht hatte. »Aber außerhalb
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