STOP! (German Edition)
Wahrheitsgehalt nahm dabei deutlich ab. Deshalb würde ich mich überraschen lassen, welches Bild sich mir in Frankfurt bieten würde. Abgesehen von dem Essen und der fehlenden Gelegenheit zu duschen war die Zugfahrt eigentlich auch ganz erträglich.
Eine halbe Ewigkeit, so kam es mir vor, später dann ...
Endlich in Frankfurt angekommen war ich froh, von meinen Mitfahrern erlöst zu werden. Ich nahm das erste Taxi, das mir unter die Augen kam, zum Flughafen.
Das Bild, das sich mir dort bot, deutete aber keinesfalls eine Entspannung der Situation an. Es war wie überall, nichts hatte sich geändert.
„Alle Flüge fallen aufgrund des Vulkanausbruchs in I s land aus. Sie können an den Informationsschaltern umbuchen oder bekommen je nach Reiseanbieter Ihre Kosten erstattet. Wir bitten um Ihr Verständnis und wünschen Ihnen noch einen angenehmen Tag.“
Ich dachte an Letitia und Gustavo und sah die beiden in jedem Gesicht, das an mir vorbeilief. Dann schlug ich die Hände vors Gesicht und setzte mich auf meinen Koffer, während um mich herum die Welt laut und hektisch war, selbst jetzt, selbst im Stillstand.
5.
Darwin
Kann sich eigentlich irgendjemand vorstellen, wie scheiße es sich anfühlt, wenn man andauernd ignoriert wird und man erst dann im Leben der eigenen Eltern wahrgenommen wird, wenn man die richtig große Scheiße gebaut hat?
Am besten fang ich doch mal ganz von vorne an. Ich heiße Darwin, bin schüchtern, nicht der typische Outgoing-Typ , hänge andauernd vor meinem Computer ab. QUATSCH!
Darwin heiße ich aber wirklich, bin gerne mit meinen Freunden unterwegs, ein gern gesehener Partygast und dumm bin ich auch nicht. Gute Voraussetzungen für ein zufriedenes und erfolgreiches Leben. Ha, von wegen!
„Darwin, was soll das?“, fragt mich mein bester Freund Nic.
„Wie, was soll was? Schreib du mir nicht auch noch vor, was ich zu tun und zu lassen habe?“
Ich hab´s echt satt! Satt mich von meinem Dad heru m schubsen zu lassen.
„Er muss nicht denken, dass man mit Geld einfach alles regeln kann!“, kontere ich ganz aufgeregt.
„Ich versteh dich doch! Aber deswegen die Kreditkarte einzustecken und durch jeden Automaten zu ziehen? Findest du das okay?“
„Klar! Und außerdem habe ich doch noch nichts gemacht. Also keep cool, Junge! Ist doch nicht mein Problem, wenn mein Alter zu blöd ist und sein hundertstes Portemonnaie im Haus liegen lässt!“
„Unter dem Bett meinst du! Aber was machen wir jetzt?“
Nic ist eher die ruhigere Person von uns beiden. Er holt mich gerne wieder auf den Boden der Tatsachen zurück, wofür ich ihm immer wieder sehr dankbar bin. Wir waren nur im Doppelpack zu haben und passten wie Arsch auf Eimer. Fast genauso wie meine Schwester und ich.
„Einen Flug buchen!“, antworte ich ganz cool, als wäre es die natürlichste Sache der Welt.
„Einen Flug buchen? Und wohin geht´s? Und noch wichtiger die Frage: wozu?“
„Wir spielen Detektiv und fliegen meinem Vater hinte r her. Aber zuerst müssen wir herausfinden, wohin er heute genau fliegt und was er dort machen könnte.“
Mein Vater war nie für mich da gewesen. Immer nur dann, wenn ich den Finger schnipste und Geld brauchte. Geld schien die Probleme für lange Zeit gelöst zu haben. Ich kannte es nicht anders. Doch je älter man wird, desto mehr kommt man zur Erkenntnis, dass es bedeutend wichtigere Dinge im Leben gibt als nur das verdammte Geld. Zum Beispiel Z u neigung oder Liebe. Ich bin kein Mädchen oder eine Heulsuse. Ich möchte nur einmal solch ein Gefühl haben, wie jeder stinknormale Mensch. Nämlich das Gefühl geliebt zu werden.
„Aha, und dann?“, fragt er mit einem Unterton in der Stimme, den ich von meinem Vater kenne und hasse. „Gege n frage machst du mit oder nicht. Kann ich auf dich zählen?“
„Klar, ich bin nur ein wenig skeptisch, ob wir nicht eher Kindergarten als Detektiv spielen.“
Nic hat Angst, dass wir wieder einmal irgendeinen Bockmist bauen könnten. Ganz klar, er hat Angst.
„Cool, super! Auf dich kann man sich echt immer ve r lassen!!“, klopfe ich ihm beherzt auf die Schulter. „Dann schlage ich vor, dass wir das Büro meines Vaters durc h suchen.“
„Aber wenn dein Vater jetzt schon im Flieger sitzt, was machen wir dann?“
„Das ist doch egal. Solange wir wissen, wo er hinfliegen will, ist doch alles bestens.“
Wir hatten innerhalb einer Stunde die ganze Bude links gemacht, aber kaum mehr
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