Storm - Aus dem Leben eines Auftragskillers (German Edition)
absichtlich oder unabsichtlich, musst du mit deinem Leben dafür bezahlen. Die Organisation kann dir viel geben, aber binnen weniger Sekunden auch wieder alles nehmen. Bist du einmal drin, ist der Bund dein ganzes Leben.«
Diese Ausrede genügt ihm scheinbar als Rechtfertigung dafür, warum er seine Familie systematisch zerstört. Unter seiner Entscheidung, bei der Vita brevis einzusteigen, müssen alle anderen leiden. »Da stellt sich mir doch die Frage, warum ich dich nicht einfach ans Messer liefern sollte. Verdient hättest du es.«
Waldenburg beißt sich verärgert auf die Unterlippe. »Ich habe weit weniger Menschen auf dem Gewissen als du.«
» Dafür habe ich keine unschuldigen Kinder missbraucht«, kontere ich.
Seine Augen huschen verschämt zur Seite. Sein e Lippen schweigen. Es stimmt also. Steffen Waldenburg ist ein Kinderschänder, ein grauenerregendes Monster.
In Hannas verkrampftem Gesicht breitet sich eine tiefe Traurigkeit aus. Sie weiß auch Bescheid, obwohl sie die Reaktion ihres Opas gar nicht sehen konnte.
Waldenburg wird zunehmend ungeduldiger. Sein rechter Zeigefinger übt verstärkt Druck auf den Abzug der Waffe aus. »Schluss mit den Spielchen!«, sagt er vehement. »Wie wirst du dich entscheiden? Tötest du sie oder mich? Und bedenke immer die Konsequenzen! Solltest du dich gegen mich entscheiden wird dich entweder die Polizei auf ewig einsperren oder die Vita brevis filetiert dich bei lebendigem Leib.«
Ich fülle meine Lungen bis zum Anschlag mit Luft und lasse das Gasgemisch anschließend wieder hörbar entweichen. Mein Magen steht Kopf. Ich schwitze überall; mein Mund ist staubtrocken. Dennoch bringe ich folgende Worte über meine Lippen: »Geh zur Seite! Ich werde sie erschießen. Danach reden wir über das Geld.«
In Hannas Blick stirbt der Glaube an die Menschheit. Sie zerbricht vor meinen Augen. Ich habe ihre Seele getötet; das tut mir unendlich leid, aber Geschäft ist Geschäft. Sie schreit gepresste Laute durch den Knebel. Diesmal verstehe ich die einfachen Worte. »Du Schwein! Du mieses Schwein!«
Es schmerzt in meiner Brust, weil mir ihre Meinung so sehr am Herzen liegt. Ich kann es nicht ändern. Ich muss tun, was getan werden muss und standhaft bleiben.
Steffen Waldenburg bekommt beinahe einen Lachkrampf, so erfreut ist er über meine Wahl. Glucksend nimmt er die Waffe von Hannas Kopf und weicht fünf Meter nach rechts, weg von dem gefesselten Mädchen. »Jetzt darfst du deine Waffe auf einen Menschen richten«, frohlockt er.
Ich visiere mit der Desert Eagle Hannas Stirn an.
Ihre Augen treffen mich wie zwei Pfeile, getränkt in puren Hass.
»Fällt es dir schwer, noch einen Familienangehörigen wegen deiner Perversionen in den Tod zu schicken?«, frage ich Waldenburg energisch.
» Nein, nicht ansatzweise«, antwortet er wütend. »Ich habe diese Fotze nie geliebt. Ihre Mutter war eine dreckige Hure, ihre Tochter ist keinen Deut besser. Ich bin mir nicht mal sicher, ob Pia meine leibliche Tochter war. Meine Frau war mir eine Zeit lang untreu gewesen. Die Bastarde sehen mir überhaupt nicht ähnlich. Sollen sie zur Hölle fahren. Sie hätten mich um ein Haar aus dem Geschäft getrieben, diese blöden Fotzen. Nichts kommt mir über die Vita brevis. Es lebe die Vita brevis! Ich wusste, dass du sie töten würdest. Du bist so schön berechenbar.«
Hanna ist kurz vor der Ohnmacht. Die neuen Enthüllungen treffen sie ins Mark. Ich muss sie erlösen.
Ich lasse Waldenburg seinen letzten Lacher ausstoßen. Jetzt reicht es mir endgültig mit dem faltigen Drecksack. Ich schwenke die Waffe zu ihm herüber und ziele sicherheitshalber auf seinen Oberkörper. Die Trefferfläche ist einfach größer als beim Kopf.
Er schaut mich verwundert an und öffnet den Mund. Er will seine gestohlene Waffe gegen mich richten, aber ich komme ihm zuvor. Drei Kugeln dringen in kurzen Abständen in seinen Brustkorb ein und schleudern ihn nach hinten. Binnen weniger Augenblicke kann ich seine letzten Worte als Lüge entlarven. Es hat mich schon lange gestört, dass Waldenburg mich für berechenbar hielt. Hätte ich ihn nicht ohnehin erschießen wollen, hätte mich spätestens dieser letzte Satz dazu veranlasst. Niemand darf mich in der Form beleidigen.
Ich schreite eilig zu seinem scheinbar leblosen Körper und stelle mich über ihm auf.
Er atmet noch röchelnd. Aus seinen Mundwinkeln rinnen dünne Blutfäden.
Ich habe mit meinen Schüssen seine Lunge zerfetzt.
Mit weißen Augen sieht er
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