Storm: Thriller (German Edition)
ich musste schreien, um die Aufmerksamkeit wieder auf mich zu lenken.
» Aber selbst, wenn «, fuhr ich fort, »dann heißt das zunächst einmal nur, dass Hennessey irgendwann zwischen Mitternacht und vier Uhr morgens in der Stadt war.«
»Und mittlerweile kann er überall sein«, ergänzte Sampson und fasste so für mich zusammen. »Darum sollten wir jetzt hier einpacken und draußen weitersuchen.«
»Glauben Sie, dass Hennessey für die beiden Toten in dem Auto gearbeitet hat?«, wollte trotzdem jemand wissen.
»Weiß ich nicht«, lautete meine Antwort. »Wir sind immer noch dabei, ihre Identität zu klären. Aber es macht schon den Eindruck, als hätte er versucht, mögliche Spuren zu verwischen. Ob er fertig ist oder nicht, das ist eine weitere Frage, auf die wir keine Antwort haben.«
Da meldete sich ein Lieutenant aus der ersten Reihe zu Wort. »Fertig mit dem Aufräumen oder fertig mit diesen Attentaten?«
Es waren alles naheliegende Fragen, aber so langsam gingen sie mir auf die Nerven. Ich breitete die Arme aus und zuckte mit den Schultern. »Verraten Sie’s mir.«
»Das heißt also mit anderen Worten«, schaltete sich Chief Perkins ein, »jetzt sind fast vierundzwanzig Stunden um, und wir wissen weniger, als wir vor diesen Morden gewusst haben. Ist das so?«
Niemand wollte ihm antworten. Eine tiefe Stille legte sich über den Saal.
»So in etwa«, sagte ich schließlich.
101
Zwei weitere Tage vergingen in nervtötender Stille, ohne nennenswerte Fortschritte und ohne Lebenszeichen von Steven Hennessey oder zumindest jemandem, der ihn vielleicht kannte. Dann endlich kam drüben beim FBI etwas Bewegung in die Sache. Ich erhielt einen Anruf von Max Siegel persönlich.
»Wir haben hier übers Netz etwas bekommen«, sagte er. »Anonym, aber es scheint was dran zu sein. Es geht um einen Mann, einen gewissen Frances Moulton, auf den Hennesseys Beschreibung angeblich bis in die Haarspitzen zutrifft. Er bewohnt ein Apartment drüben in der Twelfth Street, wo er allerdings seit zwei Monaten nicht mehr gesehen wurde. Aber heute Morgen hat jemand beobachtet, wie er zu seiner Wohnungstür herausgekommen ist.«
»Jemand? Wer?«, hakte ich nach.
»Das ist der Anonyme«, sagte er. »Aber der Hausmeister hat die Aussage bestätigt. Auch er hat diesen Moulton seit Monaten nicht gesehen, hat ihn aber identifiziert, als ich ihm ein Bild von Hennessey gezeigt habe.«
Entweder standen wir vor einem gewaltigen Durchbruch – oder aber es fühlte sich einfach nur so an, weil wir bislang nicht einmal den winzigsten Schritt vorangekommen waren. Wenn man verzweifelt ist, dann ist der Unterschied nicht immer leicht zu erkennen.
»Wie wollen Sie in der Sache weiter vorgehen?«, wollte ich wissen. Immerhin hatte Siegel den Hinweis bekommen und nicht wir.
»Ich dachte, vielleicht könnten wir beide für eine Weile seine Wohnung beschatten, einfach nur, falls da was passiert«, sagte er. »Ich bin dabei, wenn Sie wollen. Merken Sie was? Ich kann mich durchaus ändern.«
Mit dieser Antwort hatte ich nicht gerechnet, und mein Schweigen sprach für sich.
»Jetzt spannen Sie mich doch nicht auf die Folter«, sagte Siegel. »Ich versuche doch bloß, nett und freundlich zu sein.«
Wenn ich ehrlich war, dann musste ich zugeben, dass er es wirklich versuchte. Ob mir die Vorstellung, die nächsten acht Stunden oder noch mehr zusammen mit Max Siegel in einem Auto zu hocken, gefiel? Im Prinzip nicht, aber was schwerer wog: Ich wollte auf keinen Fall den Finger vom Puls dieser Ermittlungen nehmen.
»Na gut, einverstanden«, erwiderte ich. »Ich bin dabei. Wo treffen wir uns?«
102
Ich brachte sogar Kaffee mit.
Siegel auch, sodass wir jede Menge Koffein mit an Bord hatten. Wir stellten uns mit einem Crown Vic aus dem FBI -Fuhrpark an den östlichen Straßenrand der Twelfth Street, zwischen M- und N-Street. Es war ein schmaler, baumgesäumter Straßenzug, wo an vielen Häusern gebaut wurde, allerdings nicht im Midlands. Dort wohnte Frances Moulton und, wenn wir auf der richtigen Fährte waren, auch Steven Hennessey.
Die fragliche Wohnung befand sich im siebten von neun Stockwerken und besaß zwei große Fenster zur Straße hinaus. Bei unserer Ankunft brannte kein Licht. Max und ich stellten uns auf eine lange Wartezeit ein.
Sobald wir alles besprochen hatten, was es zu dem Fall zu sagen gab, wurde es ein bisschen unangenehm, mit etlichen peinlichen Schweigephasen. Aber irgendwann entspannte sich das Ganze wieder. Siegel
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