Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
Vom Netzwerk:
Rücken. »Nicht so gierig essen, Mirwald, das ist schlecht für die Verdauung. Trinken Sie etwas Tee, das hilft.«
    Nach einer Weile hatte sich Mirwald wieder gefasst. »Wollen Sie damit sagen, Hochwürden, es ist ein neues Beweismittel aufgetaucht?«
    »Gewissermaßen.« Es war nur eine Frage der Zeit, bis er mit der ganzen Wahrheit herausrücken musste.
    »Etwas präziser, Herr Senner, bitte.« Dix roch an dem Makowiec, traute sich aber nicht, es sich in den Mund zu schieben. »Haben Sie den Rosenkranz gefunden? Und wann?«
    »Einer meiner Ministranten hat ihn zufällig entdeckt.«
    »Hallo, mein Kollege wollte wissen, wann das war.«
    »Noch bevor ich das Skelett ausgegraben habe.«
    Mirwald klappte der Mund auf. »Sie haben uns also die ganze Zeit ein wichtiges Beweismittel vorenthalten? Wissen Sie, wie man so ein Delikt nennt?« Er griff unter seine Jacke und holte ein Paar Handschellen heraus. »Am liebsten würde ich Sie sofort verhaften, Herr Pfarrer.« Er ließ die Handschellen vor Baltasars Gesicht baumeln. »Sie hätten es wirklich verdient. Unterschlagen vorsätzlich Beweismittel!«
    »Respekt, Mirwald, Respekt.« Dix deutete Applaus an. »Sie haben anscheinend Ihre ganze Ausrüstung dabei. Die Pistole auch?«
    Mirwald nickte und schob die Jacke beiseite, ein Halfter mit Waffe wurde sichtbar.
    »Fast wie Dirty Harry.« Baltasar grinste. »Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich nicht versehentlich über den Haufen schießen.«
    »Herr Mirwald ist ein vorbildlicher Beamter, er handelt immer nach Vorschrift«, sagte Dix. »Und mein Kollege hat recht – was hat Sie nur geritten, uns diesen Fund zu verheimlichen?«
    »Ich hatte dem Jungen versprochen, ihn da rauszuhalten. Außerdem wollte ich mir selbst Klarheit darüber verschaffen, wem die Gebetskette gehört. Das ist jetzt geklärt.« Baltasar berichtete von den Ergebnissen seiner Recherche. »Das Fazit lautet: Der Rosenkranz gehört zu meiner Kirche.«
    »Sind Sie noch ganz bei Trost?« Mirwald schüttelte den Kopf. »Wir müssen das Teil mitnehmen. Das wandert in die Asservatenkammer. Das gibt uns die Chance, einen Hinweis auf die Identität der Unbekannten zu finden.«
    »Wie gehen Ihre Ermittlungen voran?«
    »Leider haben wir noch keine konkrete Spur«, sagte Dix. »Die Anfragen bei umliegenden Zahnlabors haben nichts eingebracht, genauso wenig wie der Aktenvergleich mit den Vermisstenanzeigen jener Jahre. Die Melderegister: Fehlanzeige. Einschlägige Delikte in jener Zeit sind ebenfalls nicht vermerkt. Ein paar Raufereien, eine Messerstecherei im Wirtshaus, ein Spanner, der Pärchen beobachtete, einige Fälle von häuslicher Gewalt, alles keine Täter, die ins Raster für ein solches Verbrechen passen. Wir haben sogar nach herrenlosen Autos gesucht, die damals registriert wurden, denn irgendwie muss die Unbekannte ja hergekommen sein. Aber auch das war ein Schlag ins Wasser. Und die Veröffentlichung der Phantomzeichnung in der Presse hat bisher ebenfalls nicht gefruchtet. Ich bin fast der Meinung, die junge Frau stammte aus dem Ausland. Das würde den Mangel an verwertbaren Indizien erklären.«
    »Da wird Ihnen der Rosenkranz nicht unbedingt weiterhelfen. Wir wissen nicht, wer ihn entwendet hat und ob der Diebstahl in einem Zusammenhang mit dem Verbrechen steht.«
    »Vielleicht scheucht es den Mörder auf. Er sieht, dass ein wichtiges Beweismittel entdeckt wurde, das ihn belasten könnte. Das verunsichert ihn, und er macht Fehler.« Mirwald lehnte sich zurück.
    »Sie gehen davon aus, dass der Täter noch hier in der Gegend wohnt, Mirwald. Das ist noch lange nicht ausgemacht.«
    Baltasar stand auf. »Ich habe eine Idee, wie wir dem Rosenkranz eine neue Rolle zuweisen, die uns weiterhilft. Lassen Sie ihn solange da. Danach kriegen Sie Ihr Beweisstück – zumindest bis zum Abschluss des Falls. Danach wandert es zurück in unser Gotteshaus, wo es hingehört.«
    Die Kirche war bis auf den letzten Platz gefüllt. Sogar Zeitungsreporter waren gekommen. Baltasar hatte im Vorfeld für sein Vorhaben Reklame gemacht und sogar Interviews gegeben. Unter dem Motto »Die Heimkehr des Kirchenschatzes« hatte er die Neuigkeit verbreitet, der legendäre Edelstein-Rosenkranz der Jungfrau Maria sei auf wundersame Weise wieder aufgetaucht und werde nun den endgültigen Platz an seinem Bestimmungsort einnehmen. Garniert hatte er die Geschichte mit Hinweisen auf die segensreiche Wirkung der Gebetskette, die vor so langer Zeit gestohlen worden war, was

Weitere Kostenlose Bücher