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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Marienkinder-Rosenkranz. Auferstanden von den Toten.« Sie küsste die Gebetskette. Küsste sie wieder und wieder. »Die Vergangenheit ist auferstanden. Eine Mahnung der Heiligen Jungfrau. Gott sei uns Sündern gnädig. Der Deifi wird uns holen. Unsere Taten werden bestraft.«
    Baltasar wartete, bis sich die Frau etwas beruhigt hatte. »Kennen Sie den Rosenkranz von früher?«
    »Wo haben Sie den her, Hochwürden?« Noch immer war ihre Stimme zittrig. »Der Rosenkranz, wie kam der zu Ihnen?«
    »Er lag im Acker, zusammen mit dem Skelett des unbekannten Mädchens.« Baltasar hatte sich entschlossen, die Wahrheit zu sagen.
    Sie schrie auf und sackte zu Boden. Für einen Moment glaubte er, sie wäre ohnmächtig geworden. Er half ihr auf und setzte sie auf die Bank. Sie hielt die Augen geschlossen, nur das unregelmäßige Atmen zeigte, dass sie noch am Leben war. Nach und nach beruhigte sie sich. Sie schlug die Augen auf.
    »Frau Bichlmeier, erzählen Sie bitte, befreien Sie sich von der Last, was ist Besonderes an diesem Rosenkranz?«
    »Es ist der Rosenkranz der Marienkinder.« Ihre Stimme war kaum zu verstehen.
    »Nie davon gehört. Wer soll das sein?«
    »Ich kann nichts sagen, das Gelübde. Bei der Jungfrau Maria, ich darf nicht untreu werden, ich hab’s versprochen.«
    »Wem gegenüber haben Sie ein Gelübde abgelegt? Was ist das für ein Geheimnis, über das Sie nicht reden dürfen?«
    »Das Madl. Nach dem die Polizei sucht. Hatte das Madl den Rosenkranz?« Walburga Bichlmeiers Worte waren voller Verzweiflung.
    »Ja. Er lag bei ihr im Grab.«
    »Mein Gott, mein Gott. Alles kommt ans Tageslicht. Die Jungfrau Maria hat dafür gesorgt.«
    »Was kommt ans Tageslicht? Was wissen Sie? Kannten Sie die Tote?«
    »Das Madl … Ja, ich kannte sie.« Sie begann zu weinen. »Zuerst glaubte ich … das Bild … das Bild sah ganz anders aus, als ich sie in Erinnerung hatte. Aber mit dem Rosenkranz … da ist kein Zweifel mehr möglich. Es muss das Madl sein.« Sie verbarg ihr Gesicht mit den Händen.
    »Wie hieß die junge Frau? Kennen Sie ihren Namen?«
    Walburga Bichlmeier antwortete nicht. Sie saß da und weinte. Baltasar legte ihr beruhigend die Hand auf die Schulter. »Bitte, denken Sie nach, es ist wichtig, wie hieß die Verstorbene?«
    »Ich bin schuld«, schluchzte sie. »Meine Schuld mit den beiden.«
    »Bitte, Frau Bichlmeier, Sie sprechen in Rätseln. Welche beiden meinen Sie denn?«
    »Die beiden. Gott, oh Gott. Ich bin schuld, ich habe gesündigt.«
    »Wo haben Sie damals das Mädchen getroffen?«
    »Sie ist’s, jawohl, sie ist’s. Oh Gott, der Deifi. Der Deifi wird uns alle holen. Das ist die Straf’. Nein, nein, nein!«
    Baltasar versuchte, die alte Frau zu trösten. Aber Walburga Bichlmeier war nun in ihrer eigenen Welt gefangen. Sie stammelte immer wieder dieselben Worte und blickte starr ins Leere. Nach einer Weile stand sie unvermittelt auf und sagte: »Lassen Sie mich in Ruhe.« Dann packte sie ihren Stock und verließ die Kirche.
    25
    B altasar hatte ein Problem: Den Rosenkranz der Polizei vorzuenthalten, war ein Fehler gewesen. Nach allem, was Walburga Bichlmeier angedeutet hatte, war die Gebetskette wichtiger als vermutet. Deshalb musste er einen Bußgang antreten und die Herren der Kripo Passau zu einem Gespräch bitten – eine Aussicht, die ungefähr so erbaulich war wie der Gang zum Zahnarzt.
    Die zweite Unterredung war nicht weniger heikel. Baltasar erläuterte Sebastian die Umstände und Hintergründe des Fundes und bat, im Notfall seinen Namen der Polizei weitergeben zu dürfen, verknüpft mit dem Versprechen, alles dafür zu tun, dass seine Eltern nichts davon erfuhren. Der Ministrant willigte erst ein, als ihm Baltasar zusagte, er erhalte den ihm zustehenden Finderlohn.
    Die Beamten kamen noch am selben Tag. Teresa servierte Kaffee und Tee und Makowiec, ein polnisches Hefegebäck mit Mohn.
    »Was haben Sie uns Wichtiges mitzuteilen, Herr Senner? Ich hoffe, es war die Fahrt hierher wert.« Oliver Mirwald trommelte mit den Fingern.
    »Zumindest die Luft ist herrlich«, meinte Wolfram Dix.
    Ohne ein Wort zu sagen, legte Baltasar den Rosenkranz auf den Tisch. Die Kommissare besahen sich das Schmuckstück. »Und, sollen wir jetzt mit Ihnen beten, Herr Pfarrer?« Mirwald nahm sich ein Stück Gebäck.
    »Der Rosenkranz wurde bei dem toten Mädchen gefunden.«
    »Was, Sie …« Der Rest ging in einem Hustenanfall unter. Mirwald lief rot an und würgte an dem Makowiec.
    Dix klopfte ihm auf den

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