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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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Kanada. Er suchte die Seiten mit dem Impressum. Das eine Buch war vor einundzwanzig, das andere vor zweiundzwanzig Jahren erschienen.
    Jetzt war kein Zweifel mehr möglich: Die Tasche gehörte dem ermordeten Mädchen.
    Baltasar blieb bewegungslos sitzen. Endlich. Ein Hinweis. Doch wie war Walburga Bichlmeier in den Besitz der Tasche gelangt? Und warum hatte sie sie heimlich aufbewahrt? Hatte das Mädchen die Tasche bei ihr deponiert, als sie bei ihr übernachtet hatte? Und war dies tatsächlich Evas einziges Gepäck? Es kam Baltasar merkwürdig vor, dass sie nur mit ein paar Klamotten aufgebrochen zu sein schien und nicht einmal eine Zahnbürste dabeihatte.
    Er blätterte in dem Reiseführer. Verschiedene Passagen im Text waren mit Kugelschreiber unterstrichen. Es ging um Flughäfen, Klimadaten und Sprachhinweise. Eine Seite war mit einem Eselsohr markiert, um eine Adresse ein Kreis gemalt: das kanadische Konsulat in München. Hatte das Mädchen dorthin weiterreisen wollen?
    In dem Liebesroman war die Stelle, wo sie aufgehört hatte zu lesen, mit einem Papierstreifen gekennzeichnet. Baltasar sah sich den Streifen genauer an. Es war eine Zugfahrkarte von Linz nach Passau, einfache Fahrt. Der Entwerteraufdruck war schlecht zu lesen, nur die Jahreszahl stach klar hervor – es war genau vor zwanzig Jahren, als Eva das Ticket benutzt hatte. Auf der Rückseite hatte sie verschiedene Busverbindungen vom Bahnhof in Passau notiert. So war sie also in den Bayerischen Wald gekommen, ohne eigenes Auto, schlicht mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Kein Wunder, dass sie niemandem aufgefallen war.
    Quer am Rand stand eine weitere Notiz: »Taxi sieben Uhr früh Abholung« und »Rosenauerstraße« mit einer Zahl – war es die Hausnummer?
    Ihm kam ein Gedanke: Vielleicht konnte man die Adresse einem Namen zuordnen, genauer gesagt, dem Initial H., Evas Familiennamen. Die Idee begeisterte ihn. Jetzt brauchte er nur noch jemanden, der sich für Spezialrecherchen eignete.
    Philipp Vallerot klang am Telefon allerdings wenig begeistert von Baltasars Plan. »Da häng ich wieder Stunden am Computer und am Telefon. Mir reicht schon dein letzter Sonderauftrag, als ich Teresa ins Krankenhaus zu diesem Pater chauffiert habe. Das ist eine Quasselstrippe, sag ich dir. Besonders deine Haushälterin scheint es ihm angetan zu haben. Ich konnte ihn gerade noch davon abhalten, sich anzuziehen und mit uns wieder heimzufahren.«
    »Du tust ein gutes Werk, glaub mir. Das erste Mal sehe ich eine reelle Chance, die Identität des ermordeten Mädchens zu klären. Gib dir etwas Mühe, das erhöht deine Chancen, dass du irgendwann doch noch ins Paradies einfliegst.«
    »Tut mir leid, ich hab Flugangst. Ich bleibe lieber am Boden. Also meinetwegen, aber dir ist klar, dass dein Guthabenkonto mit Gefallen langsam aufgebraucht ist. Überleg dir was, es wieder aufzufüllen. Ich melde mich, wenn ich was habe.«
    Schon eine Stunde später rief Vallerot zurück. »Treffer!« Seine Stimme war getragen von Euphorie. »Also, ich will dich nicht mit technischen Details langweilen, wie ich an die Informationen gelangt bin. Die Daten der alten Adressverzeichnisse und Telefonbücher waren da ideal. Kurz und gut, in der Straße in Linz wohnte vor zwanzig Jahren nur eine Person mit dem Anfangsbuchstaben H. Er oder sie hieß Helming. Geschlecht unbekannt, da kein Vorname angegeben war. Eine Frau, die mit Vornamen Eva hieß, war nicht gelistet. Das muss aber nichts heißen, da Familien oft auf die Angabe der einzelnen Vornamen verzichtet haben. Oder sie haben den Eintrag im Telefonbuch ganz streichen lassen.«
    »Klasse! Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann. Hast du die Telefonnummer für mich?«
    »Tja, jetzt kommt die schlechte Nachricht: Heute ist da niemand mehr namens Helming gemeldet. Und solange ich keinen Vornamen habe, ist es sinnlos, weiter nach dem Namen zu suchen. Die Person könnte sonst wo hingezogen sein.«
    Baltasar bedankte sich und legte auf. Helming. Eva Helming. Das tote Mädchen hatte nun einen Namen. Eine Identität. Auch wenn es nur ein Wort war, er hatte das Gefühl, etwas Wichtiges für sie getan zu haben. Und er musste noch mehr tun.
    Eigentlich hatte er geplant, die Tasche sofort der Kriminalpolizei zu übergeben, wohl wissend, dass er sich damit angreifbar machte. Denn er müsste erklären, woher er sie hatte. Und bei dieser Aktion hatte er es mit dem Gesetz schließlich nicht ganz so genau genommen. Wobei das in seinen Augen

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