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Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald

Titel: Stossgebete - Ein Krimi aus dem Bayerischen Wald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Schreiner
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gestorben, soweit ich weiß. Autounfall. Hab sie nie kennengelernt. Das Mädel wuchs bei ihrer Großmutter auf. Hätte einen Vater gebraucht, der ihr mit harter Hand Manieren beibringt, dem Flitscherl. Aber so war es halt.«
    »Eva Helming ist vor zwanzig Jahren von hier weggegangen. Was war mit der Großmutter?«
    »Die arme Frau. Das war schlimm damals. War nicht mehr ganz richtig im Hirnkasterl. Mehrmals musste die Polizei sie nach Hause bringen, weil sie sich verlaufen hatte. Eine Aufregung war das, Polizei bei uns im Haus! Sie wurde immer wirrer, Demenz nennen das die Leut im Fernsehen.«
    »Wie ging es weiter?«
    »Eine Großtante dieser Eva kümmerte sich um die Oma. Ich glaub, das Mädel hat dann auch bei der Großtante gewohnt.«
    »Lebt Evas Großmutter noch?«
    »Soweit ich gehört hab, wurde sie in ein Pflegeheim in der Glimpfingerstraße gebracht. Hat mich dann nicht mehr interessiert. In die Wohnung sind neue Leut eingezogen.«
    »Haben Sie zufällig den Namen oder die Adresse von der Großtante? Oder vielleicht Unterlagen, Fotos von der Familie? Das würde mir weiterhelfen.«
    »Wo denken Sie hin? Ich brech doch nicht in andere Wohnungen ein. Was die anderen machen, geht mich nichts an. Ich werd mit denen doch nicht gleich persönlich. Man trifft sich im Hausflur, man grüßt sich freundlich, sonst nichts. Ich misch mich nicht bei anderen Leuten ein, wer bin ich denn?«
    Baltasar bedankte sich für die Auskünfte und verabschiedete sich. Er ging vor bis zur Hauptstraße und besorgte sich ein Taxi. Eva Helming war also erst bei der Großmutter, dann bei der Großtante aufgewachsen. Warum hatte sie Linz allein verlassen? War sie von zu Hause ausgerissen? Der einzig konkrete Hinweis war das Pflegeheim.
    Er ließ sich zu der Adresse fahren. Die Anlage war ein moderner Zweckbau im Südosten der Stadt, jenseits der Autobahn A 7. Baltasar meldete sich am Empfang. »Ich würde gern Frau Helming besuchen.«
    »Erwartet sie Besuch?«
    »Nein, ich bin nur diesen Tag in Linz und wollte sie sehen.«
    »Bitte warten Sie.« Die Frau tippte etwas in den Computer. Es dauerte eine Weile, bis sie die Informationen auf dem Bildschirm abgerufen hatte. »Nehmen Sie einen Moment Platz. Es kommt gleich jemand.«
    Er sah sich im Wartebereich um. Senioren stützten sich auf ihren Rollator, eine Schwester schob einen Mann im Rollstuhl vorbei. Eine Frau mittleren Alters, in grauem Kostüm, tauchte auf und sah sich suchend um. Sie kam auf ihn zu.
    »Sind Sie der Herr, der Frau Helming sehen wollte?«
    Er nickte.
    »In welchem Verwandtschaftsverhältnis stehen Sie zu der Dame, wenn ich fragen darf?«
    Baltasar stellte sich vor. »Ihre Enkelin wurde bei uns tot aufgefunden. Ich überbringe die Nachricht.«
    »Verstehe, Herr Senner. Dennoch halte ich das für keine gute Idee.«
    »Warum?«
    »Frau Helming hat einen Schlaganfall erlitten. Sie liegt derzeit im Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Linz. Das Letzte, was sie braucht, ist jede Form von Aufregung. Schon gar keine Todesnachrichten. Außerdem bezweifle ich, dass sie den Sinn Ihrer Botschaft überhaupt versteht. Sie hat fortgeschrittene Demenz.«
    »Wer betreut sie denn?«
    »Die Pflegekräfte natürlich. Wenn Sie meinen, ob sie von jemandem regelmäßig Besuch erhielt, so kann ich das nicht sagen.«
    »Hat sie gar keine Verwandten mehr?«
    »Ich sehe in den Unterlagen nach. Haben Sie etwas Geduld.« Die Frau verschwand in einem Gang und kam nach zehn Minuten wieder. Sie überreichte ihm ein Blatt Papier. »Das ist die einzige Adresse, die bei uns von Verwandten hinterlegt worden ist. Hoffentlich hilft es Ihnen weiter. Richten Sie der Frau mein Beileid aus. Schönen Tag noch.«
    Auf dem Zettel stand der Name Josefa Breuer und eine Anschrift im Stadtteil Lustenau. Er probierte die angegebene Telefonnummer, aber niemand nahm ab. Er versuchte es noch einmal, und nach dem sechsten Klingeln meldete sich eine Frau.
    »Hallo?« Die Stimme war brüchig.
    Baltasar nannte seinen Namen und sagte ihr, woher er ihre Telefonnummer hatte. »Eine Frage: Sind Sie die Großtante von Eva Helming?«
    Am anderen Ende der Leitung war es still. Er dachte schon, die Frau habe aufgelegt, als er ein Schluchzen hörte.
    »Eva? Sie haben was von Eva gehört?«
    »Frau Breuer, ich möchte Ihnen das ungern am Telefon sagen. Darf ich bei Ihnen vorbeikommen, jetzt gleich?«
    Wieder hörte er eine Zeitlang nichts. »Also gut, kommen Sie. Ich erwarte Sie.«
    Die Anlage mit der Wohnung Josefa Breuers gehörte zum

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