Sträfliche Neugier
Plastikbehältern mit den Bestellungen sowie eine lange Liste der
zu beliefernden Apotheken im östlichen Teil des Regierungsbezirkes.
»Ich kenne mich hier bestens aus, keine Sorge, das wird
alles noch heute ausgeliefert«, versicherte Max seinem neuen Chef.
Endlich hatte Max also Arbeit, vor allen Dingen war er
jetzt wieder in der Sozialversicherung. Das war das Schlimmste für ihn und
Claudia gewesen, dass sie in keiner Krankenkasse waren; die teuren ärztlichen
Honorare und Medikamente für ihre Therapie hätten sie deshalb aus eigener
Tasche bezahlen müssen, und da wären ihre gesamten Ersparnisse drauf gegangen.
Täglich belieferte Max auch die Schloss-Apotheke, wo ihm
Bettina Gruber die bestellten Arzneien abnahm. Sie war keine Schönheit im
eigentlichen Sinne, aber eine zierliche und intelligente junge Frau, die immer
ein wenig schüchtern wirkte. Aber gerade das reizte Max. Jedes Mal, wenn er
Waren vorbeibrachte, schäkerte er mit ihr und war glücklich, wenn er ihr ein
Lächeln abgewinnen konnte.
Eines Tages fasste er sich ein Herz und fragte sie:
»Hättest du nicht Lust, mit mir mal richtig schön essen zu gehen? Ich kenne ein
nettes Lokal.«
Zunächst zierte sich Bettina, aber dann sagte sie sich,
dass man eine so höflich vorgebrachte Einladung nicht ablehnen durfte.
»Ja, gerne«, sagte sie, »danke für die Einladung.«
In dyem erstklassigen Restaurant fanden sie einen Tisch, wo
sie sich ungestört unterhalten konnten. Das Essen war vorzüglich und bei
Kerzenschein und Wein beschlossen Max und Bettina, sich von nun an öfters zu
treffen.
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60
Auf
dem Reiterhof
D ie Zeit ihrer Aushilfstätigkeit in der Praxis des Doktor
Mayrhöfer verging wie im Flug. Zu schnell, fand Claudia, denn ihr gefiel die
Arbeit und der Umgang mit den Patienten. Als die acht Wochen herum waren, kam
der Tag des Abschieds, denn die neue Arzthelferin trat pünktlich ihren Dienst
an.
Max und Tim waren mit Tims VW Käfer gekommen, um sie
abzuholen. Als sie beim Einpacken ihrer Utensilien war, sah sie etwas am Boden
liegen. Es war eine Visitenkarte. Reiterhof Merz stand darauf, sowie die
Adresse und eine Telefonnummer. Claudia war in den letzten Wochen derart
beschäftigt gewesen, dass sie an den sympathischen Sebastian Merz gar nicht
mehr denken konnte. Eine ganze Weile stand sie unschlüssig da, fasste sich dann
ein Herz und wählte mit ihrem Handy die angegebene Nummer.
»Hier Reiterhof Merz« - meldete sich eine helle
Frauenstimme - »was kann ich für Sie tun?«
»Mein Name ist Claudia Berger, bitte verbinden Sie mich mit
Herrn Sebastian Merz.« Daraufhin erklärte die Frauenstimme:
»Herr Merz ist bei den Pferden auf der Koppel, bitte warten
Sie, ich gebe Ihnen seine Handynummer.«
Claudia schrieb die Nummer hinten auf die Visitenkarte. Sie
sah wieder Sebastians freundliches Gesicht mit dem kleinen Schnauzbart und den
lustig blickenden Augen vor sich. Hatte er nicht gesagt, dass sie ihn anrufen
solle? Warum zögerte sie also noch? Sie hatte Angst, Angst davor, sich zu
verlieben und enttäuscht zu werden. Ein Mann wie Sebastian hatte bestimmt eine
Freundin oder war verheiratet. Warum hatte sie bloß vergessen, ihn danach zu
fragen? Schließlich wählte sie doch seine Handynummer. Mehrmals ertönte
ein Signalton, dann meldete sich eine anonyme Stimme:
»Hier ist die Mailbox von Sebastian Merz, bitte
hinterlassen Sie nach dem Signalton Ihren Namen und Ihre Rufnummer. Sie werden
baldigst zurückgerufen«.
Sie gab ihre Handynummer durch und dachte etwas enttäuscht: ›Es soll wohl nicht sein, schade!‹ Gerade als sie ihren Koffer zuklappte
erklang die vertraute Melodie ihres Handys. Fast wäre ihr das kleine Gerät aus
der Hand gefallen, so aufgeregt war sie, und das Blut pochte in ihren Adern bis
zum Hals hinauf.
»Hier Claudia Berger!« rief sie lauter als notwendig.
»Hallo, Frau Berger. Ich hörte soeben meine Mailbox ab.
Schön, dass Sie sich noch an mich erinnern. Dachte schon, na ja, wieder eine,
die mich vergisst!«
»O nein, ich habe Sie bestimmt nicht vergessen, im
Gegenteil, ich dachte oft an unsere Begegnung.« Augenblicklich wurde ihr
bewusst, dass das nicht der Wahrheit entsprach, denn sie hatte an ihn in den
Wochen der Aushilfstätigkeit nicht mehr gedacht und schämte sich jetzt. Aber
dann sagte sie: »Schön, dass Sie zurückgerufen haben, ich bin nämlich im
Aufbruch, mein Bruder ist
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