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Sträfliche Neugier

Sträfliche Neugier

Titel: Sträfliche Neugier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus H. Stumpff
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würde sein Vertreter die Praxis
notfalls auch ohne Arzthelferin über die Runden bringen, aber dann? Unterwegs
fiel ihm wieder das Angebot Claudias ein und frohen Muts fuhr er nach Hause.
    Julia, Ludwig, Max und Claudia
erwarteten ihn bereits. Ohne zu zögern ging Markus auf Claudia zu, legte eine
Hand auf ihre Schulter und sagte nur: »Angenommen, Claudia!«
    »Ist das wahr? Sie wollen mich tatsächlich als Sprechstundenhilfe
einstellen?« Etwas skeptisch sah sie den Arzt an.
    »Ja, ich habe es mir überlegt, aber nur unter einer
Bedingung: Sie müssten gleich morgen früh anfangen.«
     
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58
     
    Ein
netter Nachbar
     
    C laudia
hatte sich äußerst wohl gefühlt in der komfortablen Ferienwohnung und war
dankbar, nun noch etwas länger bleiben zu können. Sie freute sich auf den
kommenden Tag und die Tätigkeit in der Arztpraxis. Die Abwesenheit ihres
Bruders nutzte sie zu einem kurzen Spaziergang durch die hügelige Landschaft.
Als sie zurückkam und nach dem Haustürschlüssel suchte, stand plötzlich hinter
ihr ein Mann, der ebenfalls ins Haus wollte.
    »Mein Gott, haben Sie mich erschreckt!«, rief sie.
    Der Fremde verzog schmunzelnd den Mund und meinte: »Na,
junge Frau, so schlimm sehe ich hoffentlich nicht aus, dass man sich vor mir
erschrecken muss, oder?«
    Beide mussten jetzt lachen.
    »Mein Name ist Sebastian Merz, ich wohne in der
Ferienwohnung nebenan. Ich habe Sie und Ihren Mann schon einige Male gesehen.«
    Claudias Antwort klang entrüstet: »Das ist nicht mein Mann,
sondern mein Bruder! Ich heiße übrigens Claudia Berger.«
    »Wenn wir nun schon unsere Namen kennen, dann könnten wir
doch auf gute Nachbarschaft anstoßen. Für Alkohol ist es noch etwas zu früh,
aber wie wäre es mit einer Tasse Kaffe bei mir?«
    Claudia brauchte nicht lange zu überlegen. Wie lange war es
schon her, dass sie eingeladen wurde – bei ihrem grässlichen Anblick?
    »Sehr gern!«, sagte sie, »ich bin im Augenblick allein,
mein Bruder unterzieht sich gerade einer Blutwäsche im Krankenhaus.«
     
    Sebastian Merz war um die Fünfunddreißig, mit einer
rundlichen Figur und einem gutmütigen Gesicht, das Wärme und Herzlichkeit
ausstrahlte. Er hatte bereits eine Stirnglatze, aber als Ausgleich für das
mangelnde Haupthaar trug er einen gepflegten Oberlippenbart, was ihm das
Aussehen eines Diplomaten verlieh.
    »Was meinen Sie wohl, welchen Beruf ich ausübe?«, fragte er
Claudia, als sie sich in der kleinen Küche gegenübersaßen.
    »Hm, schwer zu raten. Sie sind vielleicht Lehrer oder
Rechtsanwalt?«
    Da lachte Sebastian herzhaft und hielt sich die Hand vor
den Mund. Claudia stellte fest, dass es eine kräftige Hand war, zu kraftvoll
für einen Akademiker oder Schreibtischtäter. Die Fingernägel waren kurz
gehalten, aber sauber. Überhaupt machte der Mann einen sehr gepflegten
Eindruck.
    »Nun, ganz so schlimm ist es nicht. Oder vielleicht noch
schlimmer. Ich bin eine Art Wirt und verbringe in dieser wunderschönen Gegend
einen zweiwöchigen Urlaub.«
    »Wirt?« fragte Claudia leicht entsetzt. »Also Gastwirt,
oder?«
    Sebastian Merz las die Enttäuschung in ihren Augen. »Ich
sagte doch ›eine Art Wirt‹ . Also genauer gesagt: Ich habe mit Pferden zu
tun oder, wie man bei uns in Bayern sagt, mit Rössern. Ich bin Pferdefachwirt
und besitze einen Reiterhof im Bayerischen Wald.«
    Claudia blieb vor Staunen der Mund offen. Pferde! Das war
doch mal ihr Traum gewesen! Infolge ihrer Krankheit war der Kontakt zu ihrer
Schulfreundin Alice Kästner abgerissen und ein Pferd zu besitzen war das
Letzte, woran sie seitdem gedacht hatte.
    »Mir bleibt die Spucke weg! Pferde! Ich liebe Pferde,
wollte immer mal ein eigenes haben. Leider blieb dieser Wunsch unerfüllt, denn
ich wurde sehr krank. Aber wie sind Sie zu diesem Beruf gekommen?«
Claudias Mimik verriet große Neugier.
    »Na ja, das war so: Mein Vater ist Landwirt – bei uns sagt
man ja noch ›Bauer‹ – wie schon viele Generationen vor ihm. Zusammen mit seinem
Bruder hatte er den elterlichen Hof übernommen. Normalerweise bekommt der
Ältere den Hof, und der Jüngere muss sich einen anderen Beruf suchen, das hängt
mit dem uralten bäuerlichen Erbrecht zusammen. Aber mein Vater und sein Bruder
Xaver vertrugen sich immer sehr gut und betrieben daher die Landwirtschaft
gemeinsam, solange sie einigermaßen davon leben konnten. Dann kamen ständig
neue Vorschriften von der EG aus Brüssel, und es wurde

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