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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Maschinenpistole auf den Knien und polierte sie liebevoll mit einem Stück Tuch, obwohl die Dunkelheit so tief war, daß er nichts sah. Seine Finger tasteten geübt über den kalten Stahl, ab und zu sah er in die Richtung, wo Deutschmann saß.
    »Wir müßten wenigstens ein bißchen pennen«, sagte er. »Wie lange geht das jetzt schon.«
    »Es ist die zweite Nacht«, sagte Deutschmann mit seiner toten, leeren und seltsam wachen Stimme.
    »Willst du nicht auch ein bißchen pennen?«
    »Nein. Du kannst schlafen. Ich werde aufpassen.« Und nach einer Weile, als Schwanecke die Augenlider schwer über die Augen fielen und sein Bewußtsein in eine weiche, bleierne Grundlosigkeit zu versinken begann: »Du wirst allein weitergehen müssen. Ich gehe zurück.«
    »Was?« Schwanecke schreckte hoch.
    »Ich gehe zurück.«
    »Wegen …?«
    »Auch.«
    »Ja«, sagte Schwanecke müde. »Ich verstehe, Kumpel.«
    »Schlaf jetzt«, sagte Deutschmann.
    »Jaja. Ich bringe dich hin, Kumpel.«
    »Wohin?«
    »Die Schweine!« sagte Schwanecke murmelnd und zusammenhanglos. »Ich verstehe dich. Ich bring' dich so weit, daß du 'rüber kannst.«
    »Das ist nicht notwendig.«
    »Du kommst – nicht mal –«, murmelte Schwanecke schon halb im Schlaf, »– du kommst nicht – mal – bis zum Waldrand – allein. Ich bring ' dich hin, und halt den – Mund! Halt den Mund, Kumpel, halt – – –«
    Er schlief ein.
    Sie verbrachten die ganze Nacht und den darauffolgenden Tag in der Hütte. Am Nachmittag schlief Deutschmann einige Stunden lang einen schweren Schlaf der Erschöpfung. In der größten Hütte hatten sie ein Säckchen Sonnenblumenkerne gefunden. Während Schwanecke an der Wand unter dem Fenster lehnte und mit der Maschinenpistole auf den Knien Wache hielt, kaute er an den Kernen herum und spuckte die Schalen auf den Boden. Ab und zu sah er hinüber zu Deutschmann, der wie ein Toter, mit zwei alten Säcken zugedeckt, auf dem Dielenboden lag, und nickte vor sich hin. Einmal stand er auf und zog den verrutschten Sack bis unter das Kinn des Schlafenden. Er tat es seltsam verschämt, ungeschickt, doch seine großen, klobigen Hände waren zärtlich wie die eines Vaters, der sein Kind zudeckt.
    »Ist 'n armes Schwein«, murmelte er, als er zurück zu seinem Platz unter dem Fenster ging, »ein verflucht armes, gescheites Schwein, ein Professor, aber ein armes Schwein …«
    Kurz vor der Abenddämmerung brachen sie auf.
    Die russische HKL war nur dünn besetzt. Es war bitter kalt und außer einigen weit auseinanderliegenden Posten saßen alle Soldaten in ihren Unterständen. Bei solcher Kälte griffen die Deutschen nie an. Nur die Russen. Und außerdem – wann hatten in den letzten Monaten die Deutschen schon von sich aus angegriffen? Wenn sie selbst angegriffen wurden, dann schlugen sie zurück, das stimmte, aber sonst? Dazu waren es auch zu wenige. Viel zu wenige! Wo sind eigentlich die großen Armeen, die großartig ausgerüsteten Menschenmassen aus dem ersten Kriegsjahr geblieben, wo es für sie nichts anderes gab, als immer weiter gegen Osten zu stürmen?
    Jetzt waren die Germanskijs glücklich, wenn man sie in Ruhe ließ …
    Deutschmann und Schwanecke lagen eng aneinandergepreßt in einem Trichter.
    »Siehst du dort – den Panzer?« fragte Schwanecke flüsternd.
    »Ja. Du meinst den abgeschossenen?«
    »Ja. Der liegt bereits im Niemandsland. Bis dahin bringe ich dich. Dann mußt du selbst weitersehen.«
    »Ja.«
    »Denn los. Immer robben – den Arsch am Boden lassen … weiter!«
    Schlangengleich, unhörbar, aus einer Entfernung von wenigen Metern kaum sichtbar, krochen die beiden Männer gegen die russischen Gräben und gegen die dunkle Silhouette des abgeschossenen Panzers im Niemandsland.
    Der Schnee war von vielen Schritten festgetreten, die Luft war eisig und still, das Hemd klebte schweißnaß an Deutschmanns Körper, und über sein Gesicht rannen Schweißtropfen und zogen die Haut wie steifes Papier zusammen.
    Der russische Graben.
    Sie hatten eine Stelle gefunden, wo die Grabenränder von den Panzern eingedrückt wurden. Nun schlängelten sie sich langsam, Zentimeter um Zentimeter auf die andere Seite. Etwa zwanzig Meter seitwärts sahen sie eine kleine, dunkle Kuppe – den Kopf eines russischen Postens, der über den Grabenrand ins Niemandsland sah. Ein roter Punkt glühte von Zeit zu Zeit auf. Er raucht, dachte Schwanecke abgerissen, er raucht, der Hundesohn … weiß von nichts … ich könnte hinkriechen und ihn … er

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