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Strafbataillon 999

Strafbataillon 999

Titel: Strafbataillon 999 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Selbstversuch.« Jetzt sprach sie sehr langsam und überlegt weiter. Sie durfte keinen Fehler machen. Sie mußte das bekommen, was sie von ihm wollte – und wenn sie lügen mußte.
    »Das war falsch, er hätte es nicht machen sollen, es war noch zu früh. Nun ist er weg, ich bin ganz allein – und was sollte ich schon tun? Ich habe an der Sache weitergearbeitet. Ich habe wieder etwas von diesem Stoff hergestellt – ›Aktinstoff‹ nannten wir ihn – und möchte ein paar Tierversuche machen. Was ich von dir brauche, ist Eiter von einem Patienten, der eine Staphylokokken-Infektion hat, am liebsten hätte ich Staphylokokkus aureus. Du wirst doch hier irgend etwas Ähnliches haben, eine Pyodermie, eine Furunkulose …«
    »Für einen Tierversuch?« Der Arzt sah sie fragend, forschend und zweifelnd an.
    »Ja«, sagte sie und erwiderte seinen Blick. Ihr Herz klopfte langsam und schwer. Und mit gespielter Leichtigkeit – wie gut können doch Frauen spielen, wenn sie etwas erreichen wollen – setzte sie hinzu: »Natürlich, was denn sonst? Du hast doch sicher solche Patienten?«
    Der Arzt Dr. Franz Wissek kannte Julia von früher her als eine umsichtige, zielstrebige Ärztin, die ihre Absichten immer sehr energisch in die Tat umsetzte. Gewiß war die Arbeit, mit der sie sich jetzt befaßte, nicht ungefährlich. Aber er war sicher, daß sie genau wußte, was sie tat und was sie wollte. Warum sollte er ihre selbstgestellte Aufgabe erschweren? Es gab keinen Grund dazu. Andererseits verschaffte es ihm eine gewisse Befriedigung, gerade Julia zu helfen – nicht nur deswegen, weil er früher einmal geglaubt hatte, sie würde seine Frau werden, sondern auch, weil sie die Frau des verpönten Dr. Deutschmann war, des Mannes, dessen Namen einige seiner Kollegen nicht einmal mehr auszusprechen wagten, obwohl sie früher stolz behaupteten, seine Freunde zu sein.
    »Nun ja«, sagte er, »wenn's so ist – mit diesen Biestern kann ich dir immer dienen. Ich habe hier einen sehr hübschen Fall. Einen Mann mit einem mächtigen Gesichtsfurunkel. Ich bin nicht sicher, daß wir ihn durchkriegen.«
    »Genau das Richtige. Komm, laß uns gehen.«
    »He, so schnell schießen die Preußen nicht! Trink zuerst deinen Kognak aus. Aber mir scheint, du hast gar nicht gemerkt, was für ein tolles Gesöff das ist. Ich hab' ein paar Flaschen von einem Parteibonzen bekommen, den ich von einer sehr unangenehmen Krankheit geheilt habe.« Er grinste breit. »Das gibt's auch noch, ob du's glaubst oder nicht.«
    »Hast du auch Privatpatienten?«
    »Das darf man ja nicht – aber kannst du mir verraten, wie man auf Lebensmittelkarten satt wird? Ab und zu kommt jemand zu mir, meistens hohe Herren und ihre Damen … man muß mitnehmen, was sich einem bietet.«
    »Das ist eine der häufigsten Redensarten, die man in diesen Tagen hört. Aber du hast dich auch schon früher daran gehalten … Komm, gehen wir jetzt.«
    »Also gut«, sagte der Arzt und stand auf.
    Der Patient, ein Mann von etwa vierzig Jahren, trug einen Verband, der das ganze Gesicht bedeckte. Schweigend, mit schnellen, geschickten Fingern nahm Dr. Wissek den Verband ab. Julia zuckte zusammen, als sie das Gesicht des Kranken sah: Es war verschwollen, die Augen waren hinter den dicken Wülsten kaum zu sehen, die Lippen waren eitrig verkrustet, und an einem Nasenflügel saß ein großes Geschwür, aus dem Eiter hervordrang.
    »Sieht schon besser aus«, sagte der Chirurg, und Julia wußte, daß diese Worte für den Patienten gedacht waren, nicht für sie. Der Kranke bewegte die Lippen, doch aus seinem Mund kam nur ein unverständliches Lallen. Er mußte gräßliche Schmerzen haben.
    »Nur ruhig«, sagte der Arzt. »Wir wollen eine kleine Eiterprobe entnehmen – immerhin haben Sie einen ganz schönen Furunkel, der wert ist, näher untersucht zu werden. So, mit dem Laboratorium und dem ganzen Drum und Dran.« Seine Stimme war sanft, plaudernd, sie beruhigte den Patienten, und Julia dachte, daß er der geborene Arzt war: Ein Mann, der wußte, was Schmerzen waren, der sie selbst erleiden und immer wieder von neuem besiegen mußte, ein Mann, dessen Stimme und dessen Hände verrieten, daß er allein um zu helfen da war, um zu helfen und zu trösten.
    Mit einem Spatel strich er vorsichtig etwas Eiter ab und schmierte ihn in eine kleine flache Schale. »Das wird genügen«, sagte er später, als er mit Julia wieder auf dem Gang stand. »Ein paar hundert Millionen Staphylokokken sind sicher drin. Unser

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