Strandwoelfe
der Tide aus. Ich schlage vor, Dick geht zum Hafen hinunter und ruft ein Boot.« Sein Ton wurde hart. »Bitte keine Einwände, Mutter. Ich pflege meine Entscheidungen rasch zu treffen. Aber wir werden Weihnachten zusammen verleben, wenn ich es einrichten kann.« Als Bolitho die Tür schloß, um in seinem Zimmer zu packen, hörte er noch die Stimme seiner Mutter.
»Aber warum bloß, Hugh? Du warst doch gern auf deinem Schiff! Jeder sagte, daß dein Kommandant sehr zufrieden mit dir war.«
Bolitho zögerte. Er haßte heimliche s Lauschen, aber er mußte wissen, was sich ereignet hatte.
Hugh erwiderte kurz: »Ich habe die Laerte s verlassen, weil man mir dieses Kommando anbot. Die Avenge r ist nicht groß, aber ich bin mein eigener Herr. Ich kann den Zollkuttern und ihren Besatzungen Gewicht und Autorität verleihen, kann völlig nach eigenem Ermessen entscheiden und handeln. Ich bedaure den Wechsel kaum.«
»Aber warum hast du dich so schnell entschieden?«
»Nun, Mutter, es war die beste Lösung, wenn du es genau wissen willst. Ich hatte Streit…«
Bolitho hörte seine Mutter aufschluchzen und wäre am liebsten zu ihr geeilt.
Hugh fügte hinzu: »Eben Ehrenhändel.«
»Hast du jemanden im Duell getötet? Oh, Hugh, was wird dein Vater sagen?«
Hugh lachte kurz. »Nein, ich habe ihn nicht getötet. Nur ein bißchen geritzt.«
Er mußte sie in die Arme genommen haben, denn ihr Schluchzen klang ruhiger und gedämpft.
»Und Vater muß es nicht erfahren, wenn du es ihm nicht erzählst.«
Dancer erwartete Richard oben auf dem Treppenabsatz. »Was ist los?«
Bolitho seufzte. »Mein Bruder hat ein hitziges Temperament. Ich glaube, er war in ein Duell verwickelt.«
Dancer lächelte. »In St. James wird alle Augenblicke jemand im Duell verletzt oder getötet. Der König hat es zwar verboten«, er hob die Schulter, »aber das Duellieren geht trotzdem weiter.«
Sie halfen sich gegenseitig beim Wiedereinpacken der Seekisten. Mrs. Tremayne wäre dabei doch nur in Tränen ausgebrochen, auch wenn sie ihr versprochen hätten, bald wiederzukommen.
Als sie die Treppe hinuntereilten, war Hugh schon verschwunden.
Bolitho küßte seine Mutter zum Abschied. Dancer nahm ihre Hand und sagte mit bewegter Stimme: »Selbst wenn ich niemals mehr zurückkehre, Madam, schon dieser eine Besuch war ein großes Geschenk für mich.«
Sie hob den Kopf. »Danke, Martyn, Sie sind ein guter Junge. Paßt auf euch auf, alle beide!«
Zwei Seeleute warteten bereits am Portal, um die Kisten an Bord zu tragen.
Bolitho lächelte in sich hinein. Hugh war sich also seiner Sache sicher gewesen, wie immer. Er hatte alles unter Kontrolle.
Als sie den Platz vor dem Gasthaus überquerten, rief Dancer plötzlich: »Schau, Dick, die Postkutsche!«
Sie blieben stehen und starrten hinüber, als ihr e Kutsche auf dem Kopfsteinpflaster polternd an ihnen vorbeischaukelte, während der Postillion ein schmetterndes Hornsignal ertönen ließ.
Sie fuhr zurück nach Plymouth, Kutscher und Wachmann waren sogar noch dieselben wie auf der Herfahrt.
Bolitho seufzte tief. »Wir gehen am besten so schnell wie möglich an Bord. Ich fürchte, Mrs. Tremaynes Kochkünste haben meinen Diensteifer erheblich gedämpft.«
Sie wandten sich wieder der See zu und trabten mit hängenden Köpfen zum Anlegesteg.
Wi e ei n Vogel
Nach einer bewegten Fahrt zu der vor Anker liegenden Avenger stellte Bolitho überrascht fest, daß der Kutter für seine geringe Größe relativ stabil lag. Der steife Wind zwang ihn, seinen Hut festzuhalten; einen Augenblick blieb er vor dem engen Niedergang stehen, betrachtete interessiert den stämmigen Mast und das breite Deck, das in dem grauen Licht wie Metall glänzte. Das Schanzkleid hatte auf beiden Seiten Stückpforten für zehn Sechspfünder, während vorn im Bug und achtern im Heck zusätzliche Sockel für Schwenkgeschütze montiert waren. Klein mochte der Kutter sein, aber bestimmt kein Schwächling im Kampf, entschied er.
Eine Gestalt löste sich aus dem geschäftigen Gedränge arbeitender Seeleute und trat den beiden Fähnrichen entgegen. Es war ein Riese an Größe und Umfang, mit einem von Wind und Wetter gebräunten Gesicht, so daß er mehr wie ein Spanier wirkte als wie ein Brite.
Mit dröhnender Stimme sagte er: »Hab’ schon von Ihnen gehört.« Er streckte eine große, narbenbedeckte Hand aus: »Andrew Gloag, kommissarischer Segelmeister und Steuermann.«
Bolitho stellte Dancer vor und verglich die beiden dabei: der
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