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Strandwoelfe

Strandwoelfe

Titel: Strandwoelfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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haarsträubende Dummheit. Noch eine Sekunde, und diese Schurken hätten Sie in Stücke gehackt!« Er drückte dem Mädchen ein großes Glas in die Hand. »Gib ihm hiervon zu trinken!« Dann, während Bolitho versuchte, das heiße Getränk zu schlucken, schüttelte er nochmals den Kopf. »Was hätte ich bloß Ihrer Mutter gesagt?«
    »Was ist mit den anderen, Sir?« Bolitho erinnerte sich wieder an Trillos Schrei, vermutlich seinen letzten auf dieser Erde.
    Vyvyan hob die Schultern. »Nur einer ist tot. Ein wahres Wunder.« Es klang, als könne er es immer noch nicht fassen.
    »Eine Handvoll Männer gegen diese Horde Teufel!«
    »Ich danke Ihnen, Sir. Sie haben uns das Leben gerettet.«
    »Nicht der Rede wert, Junge.« Vyvyan lächelte, und die Narbe in seinem Gesicht wirkte dadurch noch grimmiger. »Ich lief mit meinen Leuten zum Strand, weil ich den Kanonenschuß gehört hatte. Wir waren ohnehin draußen. Schließlich ist die Marine nicht als einzige hinter diesen Verbrechern her.«
    Bolitho lag still und blickte zu der hohen Decke hinauf. Er sah, wie das Mädchen ihn mit blauen Augen und besorgt gerunzelten Stirn beobachtete.
    Also hatte Vyvyan alles gewußt. Hugh hätte das in Betracht ziehen sollen. Ohne Sir Henry wären sie jetzt alle tot gewesen.
    »Und das Schiff, Sir?« fragte er.
    »Gestrandet, aber bis zum Morgen besteht keine Gefahr. Ich habe Ihren Bootsmann hingeschickt, er paßt auf.« Sir Henry tippte sich mit dem Finger vergnügt an die riesige Nase. »Das wird ein hübsches Bergegut, schätze ich.«
    Die Tür wurde einen Spaltbreit geöffnet, und eine grobe Stimme meldete: »Die meisten sind entkommen, Sir. Zwei haben wir umgelegt, aber der Rest verschwand zwischen den Felsen und in Höhlen. Bis Anbruch der Dämmerung sind sie bestimmt schon meilenweit weg.« Er kicherte. »Einen von ihnen haben wir trotzdem geschnappt.«
    Vyvyans Stimme klang nachdenklich. »Ohne das Schiff und die Notwendigkeit, diesen Seeleuten zu helfen, hätten wir wahrscheinlich die ganze Bande erwischt.« Er rieb sich das Kinn.
    »Immerhin wird wenigstens einer am Galgen baumeln und diesen Schurken zeigen: Der alte Fuchs schläft nicht!«
    Die Tür schloß sich geräuschlos. »Tut mir leid, Sir. Ich habe das Gefühl, daß alles meine Schuld war.«
    »Unsinn! Sie haben nur Ihre Pflicht getan und ganz richtig gehandelt. Ihnen blieb gar keine andere Möglichkeit.« Grimmig fügte er hinzu: »Aber mit Ihrem Bruder werde ich Klartext reden, darauf können Sie sich verlassen!«
    Die Erschöpfung, die Hitze des Feuers und die Wirkung des Getränkes ließen Bolitho bald in einen tiefen Schlaf fallen. Als er wieder erwachte, war es bereits Morgen, und fahles Winterlicht fiel durch die Fenster von Vyvyan Manor.
    Er befreite sich von zwei dicken, schweren Decken und stand vorsichtig auf; in einem Wandspiegel stellte er fest, daß seine Erscheinung mehr einem Opfer als einem Sieger glich.
    Vom Flur her beobachtete ihn Vyvyan durch eine offene Tür und fragte: »Fertig, Junge? Mein Butler meldet mir soeben, daß Ihr Schiff vor der kleinen Bucht geankert hat. Aber lassen Sie sich Zeit. Ich war selbst den größten Teil der Nacht auf und weiß, wie Ihnen zumute ist.« Er grinste. »Immerhin ist nichts gebrochen, nur werden Sie ein paar Tage lang Kopfschmerzen haben.« Bolitho zog seinen Rock an und setzte den Hut auf. Er bemerkte, daß beide gesäubert und ein Riß im Ärmel sorgfältig geflickt worden war. Ein Säbelhieb mußte seinen Arm um Haaresbreite verfehlt haben.
    Es war ein heller, kalter Morgen. Der Schneematsch hatte sich überall in Harsch verwandelt, am blaßblauen Himmel stand keine einzige Wolke. Wäre die Nacht genauso klar gewesen, dann hätte man auf dem Schiff sicherlich die Gefahr erkannt, und die Schmuggler hätten in aller Ruhe die Ladung vom Meeresgrund geborgen.
    Wenn… wenn… Aber diese Überlegungen waren jetzt gegenstandslos.
    Vyvyans Wagen setzte Bolitho auf der schmalen Küstenstraße über dem Vorland ab, und zu seinem Erstaunen sah er dort Dancer und ein paar Seeleute auf ihn warten und weiter unten ein auf den Strand gezogenes Boot.
    Wie anders alles bei Tageslicht wirkte! Er erwartete beinahe, noch Leichen herumliegen zu sehen, aber der Strand war so glatt wie Seide, und draußen vor der Bucht lag die Avenge r fast bewegungslos vor Anker.
    »Dick! Gott sei Dank, daß du lebst!« Dancer lief ihm entgegen und ergriff ihn am Arm. »Aber du siehst schrecklich aus!« Bolitho lächelte mit schmerzverzerrtem

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