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Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition)

Titel: Strange Angels: Verraten: Roman (PAN) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lili St. Crow
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sich knochige Krallenfinger meinen Hals empor in meinen Schädel, wo sie die weiche Masse, mit der ich dachte, zusammendrückten. Erinnerungen stoben auf, verwirbelten und sickerten gleich wieder weg.
    Graves stützte mich. Ich wollte schreien, konnte es aber nicht. Meine Stimmbänder waren eingefroren. Alles an mir war eingefroren. Ein einziger Gedanke schaffte es, dem erbarmungslosen Schmerz zu entkommen.
    Bitte nicht, bitte, nicht wieder, bitte nicht, nicht, nicht …
    Leider half es nichts, und nun war es noch schlimmer, weil die grabenden scheußlichen Finger nicht an etwas Physischem zogen. Stattdessen schabten, bohrten und drehten sie sich in mir, an jenem Teil von mir, der ganz und gar Ich war, dem unsichtbaren Kern meiner selbst.
    Ich hätte ihn Seele genannt, nur wusste ich nicht, ob das Wort passte, auch wenn es dem wohl am nächsten kam.
    Graben, Schaben, Ziehen, Zerren, Reißen. Unsichtbare Dinge in mir wurden fortgezerrt, ließen mich in einem verheerenden Zustand zurück. Mein Kopf fiel nach hinten, mein Atem stockte. Wieder gab Graves diesen erschrockenen Laut von sich und wollte mich zurückziehen.
    Christophe hob seinen Kopf. Seine Reißzähne glitten aus meiner Haut, und etwas wickelte sich eng um mein Handgelenk, unterhalb von Christophes schmerzendem Griff. Schaudernd atmete er aus, und noch einmal wollte Graves mich von ihm wegbringen. Mein Arm wurde zwischen den beiden langgezogen, als wäre ich das Seil beim Tauziehen, meine Schulter brannte wie Feuer, doch ich brachte nach wie vor keinen Pieps heraus.
    Christophes winterblaue Iris wurde umwölkt, und dunkle Fäden zogen sich ähnlich Lebensmittelfarbe, die in Wasser tropfte, durch das helle Blau. Seine Augen glühten noch intensiver, geradezu bizarr hell. »Süß«, zischte er mit einem merkwürdigen Zucken. Dann neigte er das Kinn und umfasste mein Handgelenk strammer, als wollte er erneut zubeißen.
    Ich hätte zu gern geschrien, konnte es aber nicht. Gar nichts konnte ich mehr. Erstarrt und wehrlos hing ich in Graves’ Arm.
    »Christophe«, sagte Shanks nervös. »Ähm, Christophe?«
    Die Welt zitterte auf Messers Schneide. Schwärze drang von allen Seiten herbei, und mein Kopf fiel weiter nach hinten. Graves hatte nun beide Arme um mich geschlungen und hielt mich. Ich war so müde, dass mich selbst das Atmen ungeheure Kraft kostete. Ein, aus, ein, aus, mein Brustkorb wollte sich nicht weiten. Da war Luft direkt vor mir, doch es war so wahnsinnig schwer, sie hereinzuholen. Stattdessen drückte die Atmosphäre mich hinunter, erstickte mich.
    »Mein Gott!«, hauchte Graves. »Was hast du mit ihr gemacht?«
    Wieder blitzten Christophes Zähne auf. »Ich habe sie bloß kurz ausgeliehen, Hundejunge.« Die ungerührten, verletzenden Worte kratzten in meinem Schädel wie ein Eisschaber auf einer überfrorenen Windschutzscheibe. Ich fuhr zusammen. »Keine Sorge! Ich werde nicht zulassen, dass einer von denen seine hässlichen Zähne in Moja księżniczko versenkt.«
    Schmerz und totale Erschöpfung zogen an sämtlichen Nerven und Muskeln meines Körpers. Hinter uns stieg ein weiteres gruseliges Heulen in die Nacht auf.
    »Wir brauchen Deckung«, drängte Shanks. »Und …«
    »Ich weiß, was ihr braucht. Sei still!« Christophe berührte mein Gesicht. Er kam sehr nahe, glitt mit seinen Fingerspitzen über meine schmutzige Wange, und ich erschrak. Graves zog mich zurück. Wie seltsam es war, dass er sich lautlos bewegte. Überall um uns herum knackte und seufzte die Dunkelheit. Das Knurren in Graves übertrug sich auf mich, hallte durch meinen Kopf.
    Die beiden Jungen starrten einander an, und plötzlich war mir klar, dass etwas Übles passieren würde. Der bedrohliche Moment dehnte sich unerträglich in der kalten Nacht.
    »Sie kommen näher«, flüsterte jemand.
    Christophe lachte, kurz und verbittert, ein bisschen wie Graves’ sarkastisches Bellen. »Ich rette nicht euch «, erinnerte er sehr leise. »Ich rette sie, vergesst das nicht!«
    Er drehte sich um und war buchstäblich verschwunden. Ein komisches Schnalzen ging durch die Luft, genau dort, wo er gestanden hatte, und einer der Wölfe schnüffelte verwundert. Shanks fluchte leise. Im nächsten Augenblick waberte feuchte weiße Luft an der Stelle auf und kroch an meinen Beinen hinauf.
    Ich bekam eine Gänsehaut. Das war exakt die Art schmieriger Nebel, in dem die Blutsauger aufgetaucht waren. Warte mal! Was hat er eben getan?
    »Blutnebel«, stellte einer der Wölfe fest. »Er deckt uns

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