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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Papa hatte ausweichend geantwortet, als sie ihn danach fragte.
    Ein Geheimnis, das er ihr eines Tages offenbaren würde. Sie hatte immer daran geglaubt.
    Jetzt würde sie es nie mehr erfahren.
    Nach kurzem Zögern steckte Pilar sich den Ring an den Zeigefinger. Zu ihrer Überraschung passte er wie angegossen.
    Ihr Herz war wund, als sie sich langsam wieder erhob. Tränen liefen über ihre Wangen. Ihre Beine zitterten. Dennoch wies Pilar die Hände zurück, die sie stützen wollten.
    »Ich kann allein stehen«, sagte sie leise.
    »Du kommst natürlich mit zu uns«, sagte Albin Löbel. »Dort kannst du dich ausruhen.«
    Er und sein Sohn hatten sofort die Prozession verlassen, als sie von dem Brand gehört hatten. Zusammen mit den Männern von der Wahlenwacht hatten sie bis zum Morgengrauen gelöscht. Wenigstens war es ihnen gelungen, ein
    Übergreifen auf die Nachbarhäuser zu verhindern. Das Feuer schwelte nur noch. Aber es hatte fürchterlich gewütet. Das Haus des Weltenpurgers war eine schwarze Ruine. Wo sich einst der stolze Turm erhoben hatte, standen nur noch rußige Mauerreste.
    »Wenn du willst, lassen wir den Medicus rufen«, sagte Martin besorgt. »Der kann dir etwas Stärkendes verabreichen.«
    »Ich brauche keinen Medicus«, sagte Pilar. »Wo ist Magda?«
    »Hier. Hier bin ich.« Sie klang wie eine alte Frau. »Ich hab' ihn so geliebt«, stammelte sie.
    »Und du, Tariq?«
    «Hier, mi niña. Ganz nah bei dir.«
    »Du gehst nicht weg, oder?«
    »Niemals. Solange du mich brauchst, bin ich bei dir.«
    »Gut.« Das Zittern wurde langsam schwächer. »Dann sage ich dir, was ich jetzt brauche. Ich möchte zur Schottenkirche. Bringst du mich dort hin?«
    »Zur Schottenkirche?«, wiederholte der Maure. »Jetzt?«
    »Papa hat dort immer mit dem heiligen Jakobus geredet, wenn er nicht mehr weiter wusste. Und das werde ich jetzt auch tun. Ich glaube, Jakobus wartet bereits auf mich.«

 
VERMÄCHTNIS 2
ROSE & SCHWERT
      
    León, Frühling 1227
     
    Natürlich belog ich Sancha, mehr oder weniger täglich. Und obwohl der Augenblick unaufhörlich näher rückte, an dem ich feierlich vor der versammelten Gemeinde geloben würde, niemals mehr die Unwahrheit zu sagen, bereitete es mir regelrecht Vergnügen. Zu verlockend war die Versuchung, meinen Liebsten zu treffen. Die Hündin trottete jedes Mal mit, als sei sie ebenfalls froh, endlich Freiheit zu schnuppern.
    Consuelo war mein Vorwand, gegen den Sancha nichts einwenden konnte, weil Diego es ausdrücklich gestattet hatte. Was sie besonders hassen musste, denn sie verabscheute die in ihren Augen Leichtsinnige und Flatterhafte aus tiefstem Herzen. Zudem war Consuelo schwanger. Ich wusste es noch nicht lange, weil sie es sogar mir anfangs verschwiegen hatte. Damit galt sie nach Auffassung der Reinen, die jedes neue Leben vermeiden wollten, um nicht länger an das irdische Jammertal gefesselt zu sein, erst recht als verflucht.
    Vielleicht wäre Sancha zu besänftigen gewesen, hätte die Schwangere wenigstens an Übelkeit gelitten und sich dezent zurückgezogen, um im Schutz der häuslichen Mauern die Zeit der Niederkunft zu erwarten. Consuelo freilich dachte nicht daran. Ihr Gatte weilte auf einer ausgedehnten Handelsreise, die ihn tief in den Süden von Al-Andalus führte, und sie benutzte seine Abwesenheit, um endlich ein Leben ganz nach ihrem Sinn zu führen.
    Dazu gehörte nicht nur, dass sie sich noch prächtiger kleidete und parfümierte als gewöhnlich, selbst wenn sie nur auf den Markt ging, um Gemüse oder Schinken einzukaufen. Die Stoffe wurden dünner, die Juwelen größer, und sie zeigte ihren wogenden Busen, wann immer sich Gelegenheit dazu bot. Consuelo wurde nicht müde, Gäste einzuladen, und an vielen Tagen prunkten alle Räume mit Blumengirlanden. Musikanten gingen ein und aus; Gaukler wurden zu regelmäßigen Besuchern, und halb León zerriss sich das Maul darüber, wie unergründlich die Geldtruhen von Manuel Esteban sein mussten, um solchen Pomp zu gestatten.
    »Nie habe ich mich wohler gefühlt«, gurrte sie in mein Ohr. »Meine Haut dürstet nach Liebkosungen, all meine Sinne sind geweckt. Niemals zuvor hatte ich so große Lust zu lieben.«
    »Du Arme!«, entgegnete ich naiv. »Ausgerechnet jetzt, wo Manuel so lange fort ist!«
    »Ach, wer redet denn von Manuel!«, sagte sie bitter. »Der kriegt bald seinen Erben, aber was ist mit mir? Glaubst du, mich gelüstet nach seinen ranzigen Umarmungen? Im Bett taugt er nicht mehr als ein fetter Kapaun.

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