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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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Nein, ich möchte auch einen Ritter, der so jung und feurig ist wie deiner. Und der mir so schöne Smaragde schenkt.«
    Der Schreck verschlug mir zunächst die Stimme, aber sie plapperte einfach weiter.
    »Ich bin weder blind noch taub, und dass du in Nöten steckst, jetzt wo dein eifersüchtiger Bruder zwar verreist ist,
    dir aber diese neugierige Vettel ins Nest gesetzt hat, liegt auf der Hand. Aber ich kann dir helfen, meine kleine Blanca. Doch du solltest wissen: Meine Hilfe ist nicht umsonst.«
    »Was willst du dafür?«, fragte ich überrascht.
    Natürlich hatte sie Recht. Ich hatte mir alles sehr viel einfacher vorgestellt. Noch kein einziges Mal, seitdem Diego abgereist war, hatten wir uns sehen können, so unermüdlich bewachte mich meine neue Wärterin. Manchmal kam es mir schon vor, als hätte ich Oswald von Lichtenfels nur geträumt.
    Dann jedoch blickte ich auf den grünen Stein an meinem Finger, den ich nun ganz ungeniert trug, und ich erinnerte mich an den Druck seiner Hände, an den Klang seiner Stimme. An sein schmales Gesicht, auf dem Licht und Dunkelheit spielten, und die hellen Augen, die so rätselhaft leuchten konnten. So groß wie die Erde. So weit wie die Zeit - das war unsere Liebe. Lohnten sich dafür nicht alle Zugeständnisse?
    »Teilhaben«, sagte Consuelo und lachte anzüglich, als ginge es um den Genuss einer saftigen Frucht, die ihr bereits das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. »Du sollst nicht die einzige sein, die sich an ihm erfreuen darf. Lass mich in gewisser Weise - dabei sein.«
    »Du willst uns zusehen? Ausgeschlossen!«
    »Davon rede ich doch gar nicht, du Schäfchen, du sollst ihn ruhig lieben, deinen Ritter.« Sie packte meine Hand und ihre Stimme bekam etwas Drängendes. »Ich bin deine Freundin, die einzige, die dein Geheimnis kennt. Und ein Geheimnis, das man miteinander teilt, verbindet wie die Liebe. Nichts darfst du mir vorenthalten, versprochen? Du musst mir alles haarklein berichten.«
    Natürlich sagte ich Oswald kein Wort davon. Zu schäbig erschien mir dieser Handel, auf den ich mich schließlich wider besseres Wissen einließ. Er schien seinerseits wenig Gedanken daran zu verschwenden, warum uns auf einmal
    die Laube der Estebans zur Verfügung stand, was mich wiederum verwunderte.
    Aber ich hatte jetzt anderes im Sinn.
    Ich zitterte, war einer Ohnmacht nahe, als ich ihn dort zum ersten Mal erwartete. In jeder Ecke stand eine Blumenvase, was mich zunächst entzückt hatte; jetzt fand ich den Geruch betäubend. Oswald verspätete sich, und ich musste immer wieder an Consuelo denken, die drüben wie eine Spinne im Netz auf ihr Opfer wartete. Am liebsten hätte ich alles rückgängig gemacht. Doch ich brannte. Unendliche Tage hatte ich ihn nicht gesehen. Ihn nicht berührt.
    Plötzlich stand er hinter mir. Unsere Lippen trafen sich. Er streifte mir das Kleid von den Schultern, während ich mit fliegenden Händen die Fibel löste, die seinen weißen Umhang hielt. Als wir beide nackt waren, gab es keine Scham mehr, keine Angst, nur noch Sehnsucht und Verlangen. Meine Hand glitt hinter seinen Kopf, seine Finger vergruben sich in meinem Haar.
    Er schmeckte nach Wein. Er hatte sich Mut angetrunken. Ich liebte ihm umso mehr für seine Schüchternheit.
    Langsam liebkoste er mich. Die Schultern, die Brüste, die Hüften, die Schenkel. Seine Hände wärmten jede Elle meiner Haut. Ich schmiegte mich an ihn, plötzlich ganz erfüllt von tiefer Dankbarkeit für Consuelo, die uns dieses wunderbare Geschenk gemacht hatte.
    Und dann gab es keine Gedanken mehr, nur zwei Körper, die sich erkannten und zu einem wurden.
    *
    Ich hatte das Schlimmste getan. Jeder der Reinen würde mich dafür verachten - aber ich war so glücklich wie nie zuvor. Alle Schwere war abgefallen, der Druck, der die letzte Zeit auf mir gelastet hatte. Frei war ich, heiter, zum Fliegen bereit wie ein wilder, bunter Vogel.
    Natürlich konnten wir niemals die Nacht zusammen verbringen. Den Schein des ersten Morgens auf dem Gesicht zu sehen, das ich so liebte, blieb mir verwehrt. Im Glück zu leben, heißt blind zu sein, lautete ein Sprichwort, das ich mir immer wieder vorsagte, um nicht übermütig zu werden.
    Dabei hätte ich meine Seligkeit den ganzen Tag lauthals herausschreien können. Auf einmal machte es mir nichts mehr aus, mit Sancha zu weben und zu sticken, was ich immer gehasst hatte. Während sie unablässig das Vaterunser der Reinen vor sich hin murmelte, schwieg ich und ließ meine Erinnerungen

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