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Strasse der Sterne

Strasse der Sterne

Titel: Strasse der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brigitte Riebe
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wie schillernde Seifenblasen aufsteigen. Während sie gierig das Essen herunterschlang, stocherte ich nur darin herum. In Gedanken war ich längst schon wieder bei Oswald.
    Keine unserer Begegnungen glich der anderen, beinahe, als ob wir uns jedes Mal wieder von neuem erkannten. Manchmal redeten wir ohne Unterlass und machten uns mit Worten trunken; dann wieder waren wir schweigsam und liebten uns voller Leidenschaf t . Es schien unbedeutend, wer ich war, wer er. Sobald sich die Tür der Laube hinter uns geschlossen hatte, gehörten wir nur noch uns.
    Dagegen fiel es mir zunehmend schwerer, Consuelos Forderungen nachzukommen. Hatte ich anfangs noch halbwegs bereitwillig berichtet, so gab es nun etwas in meinem Herzen, das dagegen rebellierte und mir mehr und mehr den Mund verschloss.
    »Du bist ein echter Geizhals, Blanca«, sagte sie eines Tages. »Nennst du das etwa >teilen<, dieses eintönige Herunterleiern? Wenn das so weiter geht, werde ich noch selbst Hand anlegen müssen an deinem schönen Ritter.«
    »Das würdest du nicht wagen!«, sagte ich. »Dann kratz ich dir die Augen aus.«
    Lachend wiegte sie die Hüften. Ihr Bauch begann sich zu runden, die Züge wurden weicher, die Brüste voller. Die Schwangerschaft hatte ihre Schönheit erblühen lassen. Eine Schönheit, die Gefahren barg, wenn ich die Männerblicke, die ihr folgten, richtig deutete. Aber Consuelo konnte nicht genug davon bekommen - wie von allem.
    »Und er?«, sagte sie lauernd. »Bist du dir sicher, dass er dich wirklich liebt? Nur dich? Sollten wir uns nicht gemeinsam davon überzeugen, dass er keine andere ansieht?«
    »Ich mag deine Spiele nicht.«
    Ich hatte sie getroffen, tiefer, als sie zugeben mochte, das sah ich an ihrem Blick. Mit scheinbar beherrschten Schritten ging sie durchs Zimmer, nahm Dattelkonfekt aus einer Schale, um es dann irgendwo achtlos beiseite zu legen.
    »Du meinst ihn also gut zu kennen, deinen Ritter«, sagte sie, in jenem schleppenden Tonfall, den sie für besonders aufreizend hielt. »Aber er ist auch nur ein Mann. Und Männer lügen. Alle. Also lügt auch dein Oswald.«
    »Nie!«, rief ich. »Nicht er!«
    »Dann weißt du sicher, dass erneut der Aufruf zum Kreuzzug ergangen ist. Die Granden von Navarra und León werden ihm folgen. Und er hat dir bestimmt auch erzählt, dass sich die Schiffe in La Coruna sammeln. Mit Santiagos Segen brechen sie auf, um Jerusalem aus den Händen der Ungläubigen zurückzuerobern.«
    Es fühlte sich an wie ein Schlag.
    »Wann?«, fragte ich kraftlos.
    »Bald. Sehr bald, wie es aussieht. Die Segler werden bereits überholt. Du musst dich beeilen, Blanca. Genieße, solange noch Zeit dazu ist! Denn wenn sie erst einmal die Anker gelichtet haben, kannst du deinen schönen Ritter nur noch aus der Ferne lieben.«
    Ich ging hastig zur Tür. Ich musste jetzt allein sein.
    »Ach, da ist noch etwas, was du wissen solltest«, rief sie mir nach. »In der Stadt gibt es seit neuestem hässliche Gerüchte über deine tugendhaf t e Wohngenossin. Weißt du, dass Sancha zu den Reinen gehören soll?«
    »Sancha?« Ich blieb stehen, wagte aber nicht, mich umzudrehen.
    »Sancha.« Sie wiederholte den Namen genüsslich. »Hast du nicht die Schwarzen Brüder gesehen, die sich überall herumtreiben? Die ganze Stadt wimmelt auf einmal von Dominikanern! Und wenn die Hunde des Herrn erst einmal Witterung aufgenommen haben, ist auch das erste Jagdopfer nicht mehr weit.«
    Ihre Augen wurden groß und strahlend.
    »Wenn du sie also loswerden möchtest - ein Wort genügt. Keine üble Vorstellung, sich Sancha im Kerker vorzustellen oder besser noch mit lodernden Röcken auf dem Scheiterhaufen, was meinst du?«
    Sie lachte, als ich stumm blieb.
    »Ein bisschen Angst sollten wir ihr schon einjagen. Das hat sie verdient. Ich glaube, ich weiß sogar schon, wie wir es anstellen könnten!«
    »Die Leute haben doch immer etwas zu reden.« Meine Zunge schien einer Fremden zu gehören, so schwer lag sie auf einmal in meinem Mund. »Je weniger sie wissen, desto mehr erfinden sie. Ich kann Sancha wahrlich nicht ausstehen, aber eines weiß ich genau: Sie gehört so wenig zu den Reinen wie ich.«
    Consuelo war mir gefolgt. Jetzt lehnte sie sich an mich, vertraulich, wie es ihre Art war, und nicht zum ersten Mal war ihre Nähe mir unangenehm. Ich roch ihren Lavendelatem, auf den sie großen Wert legte, weil sie Schwierigkeiten mit einem fauligen Backenzahn hatte; ich spürte die Hitze ihrer Haut. Ich wagte nicht von ihr

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