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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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dafür.«
    »Natürlich wollte er Sie in Verlegenheit bringen.«
    »Das hat er geschafft.«
    »Er hat einen Hass auf Geistliche. Seine Mutter wurde von einem vergewaltigt, als er klein war.«
    »Und Sie? Haben Sie auch einen Hass auf Geistliche?«
    »Sind Sie ein echter, wahrer Gottesmann?«
    »Das bin ich.«
    »Dann tun Sie mir den Gefallen und sprechen Sie ein kurzes Gebet für mich. Ich kann es gebrauchen.« Matt stand auf, warf ebenfalls Kleingeld auf den Tisch und ging hinaus.
    Als er weg war, sagte der Reverend zu sich selbst: »Das werde ich tun.«
    Zehn
    Nach dem Frühstück zahlte der Reverend und ging zum Eingang. Dort begegnete ihm eine schöne dunkelhaarige Frau, die gerade hereinkam, als er die Tür öffnete. Er war fassungslos. Sie sah genau so aus, wie seine Schwester jetzt aussehen musste. Er stand ihr einen winzigen Augenblick zu lange im Weg, bevor er beiseitetrat, um sie durchzulassen. Dabei lächelte sie ihn an, und er tippte sich an den Hut.
    Hinter ihr kam ein erheblich älterer Mann herein, mit Brille und aschgrauem Haar, dessen Blick auf fünfzig Schritt Entfernung einen Bullen umgehauen hätte.
    Der ältere Mann nahm ihren Arm und führte sie an einen Tisch. Als sie sich gesetzt hatten, wandte er sich zum Reverend um, der immer noch dumm dastand, mit der Tür in der Hand.
    Der Reverend nickte, und als die Frau ihm ein zweites Mal zulächelte, machte er, dass er hinauskam.
    Auf seinem Fußweg zur Kirche überkam ihn ein ungutes Gefühl. Ihm war klar, dass die Frau nicht seine Schwester war. Sie sahen sich nicht zum Verwechseln ähnlich, aber sie erinnerte ihn doch an seine Schwester, und die alte Lust regte sich wieder in seinen Lenden.
    War sie eine von Gottes kleinen Prüfungen? Wenn ja, dann hatte er ihn damit kalt erwischt. Der Reverend zitterte wie Espenlaub.
    Im Vorbeigehen sah er David im Stalltor stehen und ein Pferd striegeln. David winkte ihm zu. Er winkte zurück und ging weiter seines Weges, das Bild der Frau immer noch überdeutlich vor Augen.
    Als der Reverend an der Pferdestation vorbeiging, bewegte sich (von David gänzlich unbemerkt) oben auf dem Heuboden ganz sacht eine Kiste in Richtung des Reverend, so als wolle sich eine Kompassnadel nach Norden ausrichten – und als sei der Reverend ihr ganz eigener Nordpol.

(2)
    Eins
    Der Reverend ging die Straße hinunter, und ganz am Ende, da stand sie wie hingeklatscht: eine große weiße Kirche mit einem großen weißen, zum Himmel emporragenden Kreuz. Daneben ein windschiefes Häuschen, umgeben von einem eingezäunten Garten, in dem Reverend Calhoun wütend auf das Unkraut einhackte.
    Jeb wusste auf den ersten Blick, dass er einen Prediger vor sich hatte. Wie sein Vater stellte Calhoun die unverrückbar ernste Miene eines strengen Baptisten zur Schau. In seinem kleinen Garten ging er genauso unbarmherzig gegen das wuchernde Unkraut vor wie der Herrgott gegen die Sünder.
    Calhoun richtete sich auf, stützte sich auf seine Hacke und wischte sich mit dem Hemdsärmel den Schweiß von der Stirn. Er musterte den Reverend, runzelte dabei gewohnheitsmäßig leicht die Stirn und kam zum Gartenzaun, wo er sich auf einer der Querlatten abstützte.
    Der Reverend lehnte sich ebenfalls gegen den Zaun.
    »Guten Tag, Sir. Mein Name ist Reverend Jebidiah Mercer, und ich wollte Sie um einen Gefallen bitten.«
    »Einen Gefallen?«
    »Einen, den jeder gute Christ gerne gewährt.«
    »Das werden wir ja sehen.«
    »Der Sheriff hat mir, wenn Sie damit einverstanden sind, die Erlaubnis erteilt, hier in Mud Creek einen Abendgottesdienst abzuhalten. Er wollte sichergehen, dass Sie nichts dagegen haben, denn er wollte keinen Ärger heraufbeschwören – obwohl ich mir kaum vorstellen kann, dass es Ärger zwischen uns geben könnte, sind wir doch beide Männer Gottes.«
    »Tatsächlich?«
    Der Reverend lächelte. Das tat er selten mit Absicht, eher unbewusst und aus Gewohnheit, wenn er irgendetwas von jemandem wollte. Bei diesem alten Fuchs von einem Prediger schien seine Liebenswürdigkeit jedoch nicht zu wirken.
    »Er hat mir auch gesagt, dass Sie ein Zelt hätten, und ich bräuchte ein Zelt. Ich würde es gerne mieten, um darin meine Predigt zu halten.«
    »Noch habe ich Ihnen nicht gestattet, hier zu predigen. Sie haben selbst gesagt, dass der Sheriff mein Einverständnis zur Voraussetzung gemacht hat, nicht wahr?«
    »Das habe ich gesagt. Ich würde übrigens anständig dafür bezahlen, dass Sie mir Ihr Zelt leihen.«
    »Wie anständig?«
    »Nennen Sie

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