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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Gesang. Es klang, als würde am Boden eines Brunnens ein sterbendes Vögelchen zirpen.
    »Millie, hier bin ich. Wo bist du?«
    »Hunger«, ertönte Millies Stimme. »Hab solchen Hunger.«
    Jetzt konnte Buela sie ausmachen. Ihre Stimme kam von unten aus dem Keller. Aber dort war doch nichts als Wasser!
    Plötzlich begriff Buela. Millie hatte sich verirrt. Während der Kutschfahrt war etwas Schreckliches geschehen, und Millie hatte sich verirrt. Vielleicht war sie halb verrückt vor Hunger, nicht mehr bei Sinnen, und versteckte sich im Keller. Da unten im Brackwasser.
    Buela hob ihre Röcke und rannte zur Kellertür.
    »Ich geb dir was zu essen, Liebling. Du musst nur noch ein bisschen aushalten. Ich geb dir zu essen.« Buela riss die Kellertür auf.
    Da unten sang niemand. Alles war schwarz und still. Furcht krabbelte ihr den Rücken hoch.
    »Millie?«
    Sie hielt die Laterne in das Kellerloch hinunter.
    Und da sah sie Millies Gesicht. Ein schmutziger Mond, in dem die Würmer zappelten. Schleim tropfte ihr aus dem Haar.
    »Mein Gott«, sagte Buela.
    Millies Hand schoss vor, packte den Arm mit der Laterne und zog daran.
    Buela schrie. Aber nur kurz. Sie wurde unter Wasser gedrückt, und die Laterne erlosch.
    Aber sie sollte recht behalten. Sie gab Millie zu essen.
    Zehn
    Mertz, der Bestatter, war bei der Arbeit. Er hatte Nate Foster hergerichtet und mit Sachen, die der Sheriff aus dem Haus des Bankiers geholt hatte, neu eingekleidet, und Mertz fand, dass er nun besser aussah als jemals zuvor. Die Würmer würden seine Mühe hoffentlich zu schätzen wissen.
    Andererseits hatte ihn die Arbeit an Nate ermüdet. Und wenn man bedachte, dass Nate ungefähr so viele Freunde hatte wie eine Klapperschlange, dann hätte er ihn einfach schnellstens in die Kiste werfen und unter die Erde bringen sollen, bevor er noch anfing zu verwesen.
    Als er nun Nolan daneben aufgebahrt liegen sah, beschloss er, mit dessen Leichnam genau so zu verfahren. Keiner von beiden würde einen Schwarm Trauernder auf den Friedhof locken. Eher einen Schwarm Schmeißfliegen. Und bei Nate würden sich vielleicht noch eine Handvoll Leute einfinden, die man fürs Kommen bezahlt hatte.
    Am besten wäre es, dachte Mertz, Nolan einfach auszuziehen, in ein altes Leintuch zu hüllen und in eine billige Fichtenholzkiste zu legen. Und morgen in aller Frühe zu beerdigen, bevor er zu arg stank und sich aufblähte und womöglich die Kiste sprengte. Das war Mertz nämlich bei so einem Billigbegräbnis schon einmal passiert. Er hatte den alten Crider, ohne ihn einzubalsamieren, in eine Kiste gepackt und ihn über Nacht hierbehalten. Am nächsten Tag – in der prallen Julisonne – war die Leiche des Scheißkerls aufgedunsen wie ein Wal. Mertz hatte noch Glück gehabt, denn der Sarg war erst geborsten, als die Angehörigen schon weg waren. Und der Gestank – schlimmer als Fischinnereien, die eine Woche in der Sonne gelegen hatten. Mertz und seine Totengräber hatten Crider so schnell wie möglich in das Erdloch verfrachtet und es zugeschaufelt.
    Natürlich stank Nolan schon ganz ordentlich. Wirklich übel.
    Mertz ging zu ihm rüber und besah sich den Leichnam. Ein hässlicher Typ. Vielleicht sollte er ihm zumindest den Dreck aus der leeren Augenhöhle puhlen.
    Nix da. Wer nix zahlt, kriegt auch nix. Er würde ihn ganz einfach ausziehen, auf Eis legen und morgen ganz früh unter die Erde bringen. Die Totengräber hatte er schon bestellt. Und wenn das erledigt wäre, dann wäre Nates Begräbnis an der Reihe, und da würde er wenigstens was dran verdienen. Selbst wenn niemand kam. Oder nur ein paar Schadenfrohe.
    Mertz drehte den Docht an der Lampe hoch, die über Nolans Bahre hing, trat ans Fußende, kehrte der Leiche den Rücken zu, umfasste einen der Stiefel des Kutschers und zog ihn vom Fuß.
    Er hielt sich den Stiefel ans Bein und verglich die Größe. Nein, passte nicht. Er packte den anderen Stiefel und zog. Er ging nicht ab.
    »Na komm schon, du Schweinehund!«
    Nolan setzte sich auf der Bahre auf. Dreck kullerte aus seiner Augenhöhle und aus seinen Haaren.
    Mertz hörte auf zu ziehen. Ihm stellten sich die Nackenhaare auf.
    Von der anderen Bahre her, wo Nate lag, hörte er ein Geräusch. Als er hinsah, schwang Nate sich im schummrigen Licht der Lampe gerade von der Tischplatte.
    Ein Dummejungenstreich, dachte er. Dann aber bemerkte er, dass Nolan auf der Bahre hinter ihm aufrecht saß.
    Er ließ den Stiefel fallen und drehte sich zu Nolan um.
    Und Nolan packte

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