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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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ihn.

(7)
    Eins
    In der Finsternis von Docs Labor begannen die Schalen mit den Körperteilen des Spielers zu zittern.
    Verwestes Fleisch kroch die Wände der Schalen empor und drückte gegen die Deckel. In den anderen Gefäßen klapperten Knochen wie Würfel im Becher. Auch die Pappschachtel mit dem Kopf des Spielers wackelte ein wenig.
    An der Oberseite der Schachtel breitete sich ein nasser Fleck aus. Zähne schlugen aufeinander. Der Kopf des Spielers fraß sich durch den Pappdeckel.
    Eine Knochenhand in einem der größeren Behälter ballte sich zu einer fleischlosen Faust und klopfte energisch gegen das Glas.
    Doc saß an seinem Schreibtisch; ein Dutzend Bücher stapelten sich zu seiner Rechten, eines lag aufgeschlagen vor ihm. Herausgerissene Seiten aus einem Notizbuch dienten ihm als Lesezeichen. Auf dem Stapel lagen das NECRONOMICON, DE VERMIS MYSTERIIS, die KABALLA DES SABOTH, CULTES DES GOULES, das SCHWARZE BUCH VON DOCHES und das COMPENDIUM MALEFICARUM.
    Im Moment war Doc in Rémys DÄMONOLATRIE vertieft.
    Da hörte er ein Geräusch.
    Er hob den Kopf und lauschte. Das Geräusch kam aus seiner Praxis, die mit dem Lesezimmer verbunden war. Es hörte sich an, als ginge Glas zu Bruch.
    Er zog eine Schublade auf, entnahm ihr einen kleinen Revolver, erhob sich und ging zur Verbindungstür zwischen den beiden Räumen.
    Wieder klirrte Glas.
    Er spannte den Hahn seines Revolvers, öffnete die Tür und trat in die dunkle Diele. Die Geräusche kamen eindeutig aus seinem Labor, wo er die Leichenteile des Spielers aufbewahrte. Jemand war dort eingebrochen.
    Da ihm der Weg vertraut war, ging er ohne Licht weiter.
    Er schlich zur Labortür und legte ein Ohr dagegen.
    Da drin zertrat jemand Glasscherben.
    Er öffnete die Tür.
    In dem Laborraum konnte er lediglich die Umrisse seiner Regale und einiger darin verstauter Behälter ausmachen, Bechergläser und dergleichen. Er legte den Revolver in die linke Hand und nahm mit der rechten ein Streichholz vom Regal neben sich, zündete es an und fragte: »Wer ist da?«
    Keine Antwort. Stattdessen wurden die verschiedenen Klappergeräusche immer lauter.
    Die Streichholzflamme erlosch.
    Doc schnappte sich noch eine Handvoll Streichhölzer und ging damit weiter in den finsteren Raum hinein.
    Etwas schabte an seinem Stiefel entlang; er trat es weg ins Dunkel.
    Nachdem er den Revolver wieder in seine Rechte genommen hatte, zündete er mit der Linken an seinem Hosenbein ein Streichholz an und hielt es empor.
    Von einem der oberen Regalbretter hörte er ein Nagen, und die Schachtel mit dem Kopf des Spielers zitterte deutlich sichtbar.
    Verdammte Ratten.
    Doch dann sah er, dass es keine Ratten waren.
    Der Kopf lugte mit feurigen Augen durch ein sauber herausgebissenes Loch und klapperte lautstark mit den Zähnen.
    Die Flamme erlosch, und gleichzeitig riss Doc den Revolver hoch und schoss auf den Kopf. Ob er getroffen hatte, konnte er nicht sehen. Es war zu finster. Immerhin sah er einen schwarzen Umriss aus der Schachtel zu Boden fallen und hörte, wie das Ding aufschlug.
    Er brachte ein weiteres Streichholz zum Brennen – und erstarrte.
    Etwas hatte ihn am Knöchel gepackt. Er hielt das Streichholz nach unten und erblickte eine Knochenhand, einen ganzen Arm.
    Doc trat danach, und der Knochenarm flog davon und schlitterte quer über den Fußboden – bis er gegen einen Haufen waberndes Fleisch voller Glassplitter und Haarreste stieß, der einmal Kopf, Oberkörper und Schambereich des Spielers gewesen war. Die Fleischmasse bewegte sich wie ein grauenhafter Teppich mit Mäusen darunter.
    Die Rippen ordneten sich zu einem Brustkorb, und in weniger als einem Augenblick wickelte der Fleischteppich sich darum und fand Halt an den Knochen.
    Zu dem Arm, den Doc weggekickt hatte, gesellte sich ein zweiter. Die Hände reckten und streckten sich wie die Köpfe zweier Kobras, die beiden Arme schlängelten sich unter den Obduktionstisch, und als sie wieder hervorkamen, hielten sie den Schädel aus der Pappschachtel umklammert.
    Sie setzten ihn oben auf den Rumpf, und das Genick rastete ein. Schenkelknochen fügten sich zusammen, die Beine fanden ihre Gelenke am unteren Ende des Rumpfes, und die Arme kugelten sich in die Schultergelenke ein.
    Der zusammengestückelte Mann rappelte sich auf seinen nackten Beinknochen hoch, bis er zu Docs grenzenlosem Entsetzen aufrecht stand.
    Immer noch wanden sich Fleischfetzen an dem Körper empor und suchten ihren angestammten Platz, als wäre der Mann ein

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