Straße der Toten
geschwind, verfolgte er David.
Der rannte dem Reverend praktisch in die Arme.
»Aber, aber«, sagte der Reverend. »Habt ihr Krach miteinander, du und dein Vater?«
Tränen liefen dem Jungen über das von Furcht entstellte Gesicht. »Er will mich umbringen, Reverend. Damit ich so werde wie er. Um Himmels willen, Reverend, helfen Sie mir!«
Der Reverend konnte dem Gedanken, Joe Bob Rhine einen kräftigen Kinnhaken zu versetzen, durchaus etwas abgewinnen. Dieser Grobian war ihm zutiefst unsympathisch. Andererseits wollte er sich nicht in Familienangelegenheiten einmischen, die ihn nichts angingen, und tätliche Auseinandersetzungen so spät in der Nacht (oder so früh am Morgen, je nachdem, wie man es betrachtete) widersprachen seinem Gefühl für Anstand.
Doch er würde dafür sorgen, dass der Junge keine Prügel bezog.
»Vielleicht rede ich mal mit ihm«, sagte der Reverend.
»Nein, bloß nicht.« David blickte über die Schulter zurück. »Er ist tot.«
»Was? Aber da kommt er doch, mein Junge.« Der Reverend zeigte auf Rhine, der die Straße entlangtaumelte, als wären seine Beine mit einem kurzen Stück Schnur zusammengebunden.
»Ich sag Ihnen doch, er ist tot!«
Der Reverend schaute sich Rhine genauer an, und als der näher kam, bemerkte er das Blut überall auf Rhines Gesicht und Hals. Offenbar war er schwer verwundet. Im Gesicht und an seiner nackten Brust fehlten sogar ganze Fleischfetzen. Ob David das wohl aus Notwehr getan hatte, fragte sich der Reverend. Mit einer Axt womöglich. Und der verletzte (aber offenbar nicht tote) Rhine wollte es ihm nun heimzahlen.
»Schauen Sie, da!«, sagte David.
Der Reverend drehte sich um. Aus der Gasse, die zum Haus von Doc und Abby führte, kam eine Horde von Leuten.
»Sie sind tot, Reverend. Warum, weiß ich nicht, aber sie sind alle tot. Und sie laufen herum. Und – sie haben meine Mutter in Stücke gerissen.« Der Junge brach in Tränen aus. »Sind bei uns eingebrochen. Haben sich Mama geschnappt – haben ihr die Eingeweide rausgerissen. Und Papa, der – ich bin zum Fenster raus. Herrgott, Reverend, wir müssen abhauen!«
Hinter Rhine tauchten noch mehr Leute auf. Sie kamen aus Seitengassen, aus Wohnhäusern und Geschäften. Eine kleine Armee, die nicht marschierte, sondern vor sich hin stolperte.
Der Reverend berührte mit einer Hand seinen Revolver und stieß David die Straße entlang, bevor ihnen auf beiden Seiten der Weg abgeschnitten war. Schon nach ihren ersten Schritten kam jedoch ein leichter Pferdewagen aus der Gasse neben Docs Praxis gerast. Doc hielt Zügel und Peitsche in der Hand, Abby saß mit einem Gewehr neben ihm.
Die Pferde preschten direkt durch die Menge der Toten, und schon bog der Wagen auf die Straße ein.
»Doc!«, rief der Reverend.
Doc erblickte den Reverend und David. Kurz zögerte er, vielleicht weil er nicht genau wusste, ob die beiden tot oder lebendig waren, dann lenkte er das Gespann scharf nach rechts und raste in hohem Tempo auf sie zu.
Ein Mann griff in eines der Räder und wurde kurzerhand überfahren. Das Rad rollte ihm über den Hals und brach ihm das Genick. Doch als der Wagen seinen Weg fortsetzte, stand der Mann wieder auf – sein Kinn kippte ihm auf die Brust, und aus dem Nacken ragte ein Knochenstück – und ging weiter.
Doc bremste leicht, damit David und der Reverend hinten aufspringen konnten, dann schwang er wieder die Peitsche und trieb die Pferde im Galopp nach links, die Straße hinunter in Richtung Kirche.
Eine Horde toter Mitbürger hatte sich ihnen in den Weg gestellt. Als der Reverend seinen Revolver zog, schrie Doc: »In den Kopf schießen, nur das kann sie aufhalten!«
Abby zielte mit ihrem Gewehr und schoss. Einer der Zombies ging, plötzlich ohne Kopf, zu Boden.
Der Revolver des Reverend krachte vier Mal, und vier der Zombies hatten plötzlich ein drittes Augenloch im Kopf. Sie stürzten vornüber und hauchten endgültig ihr Leben aus.
Mit der freien Hand zog Doc den kleinen Revolver aus seinem Gürtel und schoss einer Frau, die sich seitlich am Wagen festklammerte, ein Auge aus.
Ein großer Mann (Matthews, dem die Gemischtwarenhandlung gehörte) schwang sich, als der Wagen durch die Menge rumpelte, auf eines der Pferde und schlug dem Tier die Zähne in den Nacken. Eine Blutfontäne spritzte empor, das Pferd strauchelte, und die anderen Pferde kamen aus dem Tritt und stürzten ebenfalls.
Der Wagen kippte um, und die Fahrgäste fielen herunter.
Der Reverend rollte sich ab und kam
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