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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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zusammen, aber eher Tierzähne. Das Ding biss Sissy einfach den Kopf ab. Die Kiefer bewegten sich von einer Seite zur andern, und Sissys Blut spritzte überallhin. Ich hab auf das Ding geschossen, fünf Mal, und hab fünf Mal getroffen!
    Das hat ihm überhaupt nix ausgemacht. Genauso gut hätte ich ihm den Bauch kraulen können. Es hat mich bloß angeschaut und ... Gott ist mein Zeuge, es hat den Rest von ihrem Kopf ausgespuckt und dann seine Zähne in Sissys Hals geschlagen und daran gesaugt wie ein Baby an der Flasche.
    Ich geb zu, da sind mir die Knie weich geworden. Ich hab die Pistole fallen lassen, bin zurück ins hintere Zimmer gerannt und hab mir die Axt geschnappt, und als ich mich umdreh, ist das Ding schon über mir. Ich hab die Axt geschwungen, hab es auch erwischt, und die Klinge ging ihm richtig tief ins Fleisch ... doch da kam kein einziger Tropfen Blut raus. Das Ding griff nach mir und schleuderte mich durchs Fenster nach draußen. Ich landete mit dem Rücken auf den Steinen, die ich aus dem Brunnen geholt hatte. Wie Wasser floss das Ding durchs Fenster direkt auf mich zu. Ich rollte herum, griff mir einen der Steine und schmiss ihm den mitten auf die knochige Brust. Was die fünf Schüsse und der Axthieb nicht geschafft hatten, erledigte der Stein.
    Das Ungeheuer hat geschrien, als wär ein Höllenfeuer in seiner Brust entflammt, und ist dann geradewegs zum Brunnen gerannt, so schnell, wie ich’s noch nie bei irgendwas erlebt hab, und dabei verdrehte sich sein ganzer Körper in alle möglichen Richtungen, als würde er auseinanderbrechen oder als würden sich die Knochen verschieben. Es sprang in den Brunnen, und ich hab gehört, wie es unten in den Schlamm platschte.
    Ich bin durchs Fenster zurück ins Haus geklettert, in den vorderen Raum gegangen und hab dabei versucht, nicht auf die Leiche von der armen Sissy zu schauen. Hab meine doppelläufige Flinte gepackt, eine Laterne angezündet und bin wieder nach draußen gegangen, die Schrotflinte in der einen Hand, die Laterne in der anderen.
    Erst hab ich die Laterne nur über den Brunnen gehalten, konnte aber nix außer Dunkelheit sehen. Da hab ich mich über den Rand gebeugt und die Laterne etwas tiefer reingehalten, obwohl ich panische Angst hatte, das Ding könnte nach mir schnappen. Die Wände des Brunnens waren mit so was wie Schleim bedeckt, und ich konnte bis zum Grund schauen. Das Ding muss im Schlamm verschwunden sein, denn es war nix weiter zu sehen als aufgewühlter Matsch.
    Den Rest der Nacht über hab ich mich im Wald versteckt. Am nächsten Morgen hab ich Sissy im Garten hinterm Haus begraben. Bevor es wieder dunkel wurde, hab ich dann alle Fenster vernagelt, die Tür verriegelt und mich mit der Schrotflinte mitten in den großen Raum gesetzt und so die Nacht verbracht. Ich wusste, die Waffe würde mir nicht viel helfen, aber das war alles, mehr war mir nicht geblieben, nur ich und meine Schrotflinte.
    Doch das Ding kam nicht in meine Nähe, obwohl ich hören konnte, wie es sich vor dem Haus bewegte. Außerdem konnte ich es riechen. Am nächsten Morgen nahm ich all meinen Mut zusammen und ging nach draußen. Sissys Leichnam war ausgegraben und angenagt worden. Könnten durchaus Tiere gewesen sein, aber das glaub ich nicht. Ich begrub sie ein zweites Mal, diesmal tiefer, häufte Erde aufs Grab und trat sie fest und machte aus einigen Stöcken ein Kreuz und steckte es aufs Grab. Dann ging ich nach Wood Tick und erzählte, was passiert war. Denen kam nicht mal in den Sinn, dass ich ein Mörder sein könnte – sie fragten gar nicht, ob ich Sissy vielleicht selber getötet hätte, wie ich es eigentlich erwartet hatte. Stattdessen sperrten sie mich ein, weil sie mich für verrückt hielten, und niemand hat sich die Mühe gemacht, nach Sissy zu schauen, ob ihre Leiche in der Hütte lag oder so. Hat niemanden interessiert. Weil sie mit mir zusammen war, war sie jetzt plötzlich allen egal, was ich aber nicht ganz verstehen kann bei der Auswahl an Frauen, die sie sonst da in Wood Tick haben, aber was in Wood Tick passiert, begreif ich eh nicht.
    Dann sind Sie aufgetaucht, und den Rest der Geschichte kennen Sie.«

Drittes Kapitel
    Das Ding im Brunnen
    Die Sonne neigte sich allmählich in Richtung Westen, aber es war immer noch hell, als die beiden Männer auf ihrem Pferd die Hütte erreichten. Die Hütte war aus stabilen Holzbalken erbaut worden. Der Schornstein schien solide zu sein, die Dachschindeln waren gerade und fest vernagelt worden.

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