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Straße der Toten

Titel: Straße der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Sonne sinkt bereits, und die Dunkelheit ist unser größter Feind.«
    Als das Pferd im Haus war und Norville die Steine auf dem Boden aufgestapelt hatte, blickte der Reverend endlich vom Buch auf und sagte: »Legen Sie die Steine in einem großen Kreis um uns herum, und legen Sie auch eine Reihe quer durch den hinteren Raum. Dann führen Sie das Pferd an die Wand hinter diese Steinreihe und lassen ihm viel Platz, um sich zu bewegen. Legen Sie ihm das Zaumzeug an und binden Sie es an dem großen Nagel an der Wand fest.«
    »Und was machen Sie in der Zwischenzeit?«
    »Lesen«, sagte der Reverend. »Vertrauen Sie mir, denn ich bin Ihr einziger Schutz vor diesem Ding.«
    Norville verteilte die Steine, wie ihm geheißen. Als er damit fertig war, brach auch schon die Dunkelheit herein.
    Reverend Mercer schaute von dem Buch hoch. »Sind Sie fertig?«
    »Beinahe, ich muss nur noch das hintere Fenster zunageln. Bringt nicht viel, denn das Ding kann durch die schmalsten Ritzen schlüpfen. Aber es wird die Bestie wenigstens kurze Zeit aufhalten.«
    »Lassen Sie das Fenster, wie es ist, und lassen Sie auch die Tür zum Schlafzimmer einen Spalt offen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Das bin ich.«
    Der Reverend nahm einen der bemalten Steine und legte ihn auf den Tisch. Mit einem scharfen Messer versuchte er, die Symbole so gut es ging auf die Spitzen seiner Patronen zu übertragen. Es waren einfache Strichmännchen mit einigen Schnörkeln darum, und nach einer Stunde hatte er zwölf Patronen verziert, mit denen er nun seine Revolver lud.
    »Soll ich die Lampe anzünden?«, fragte Norville.
    »Nein. Hier müssen doch irgendwo die Axt und die Schrotflinte herumliegen, von denen Sie erzählt haben. Vielleicht können wir sie gebrauchen. Holen Sie sie, und kommen Sie dann in den Steinkreis.«

Viertes Kapitel
    Die Ankunft
    Die beiden Männer saßen im Schneidersitz in dem Steinkreis. Der Reverend ritzte die Symbole von den Steinen auch in die Klinge der Axt. Er dachte darüber nach, auch die Patronenhülsen der Schrotflinte damit zu versehen, aber dort wären sie nutzlos. Die Schrotladung selbst zu bemalen war unmöglich.
    Der Reverend legte die Axt zwischen sich und Norville auf den Boden und reichte ihm dann die Schrotflinte. »Die Schrotflinte ist nichts weiter als eine Schrotflinte. Sie kann das Ding nicht töten, aber vielleicht vorübergehend ablenken. Wenn Sie die Möglichkeit haben, schießen Sie damit, aber treten Sie unter keinen Umständen aus dem Kreis hinaus. Die Axt habe ich mit den Schutzsymbolen versehen, sie könnte also mehr Wirkung zeigen.«
    »Sind Sie sicher, dass der Kreis das Ding abhalten kann?«
    »Nicht vollkommen«, sagte der Reverend, und Norville schluckte.
    Die Stunden schlichen dahin, während die beiden Männer in dem Steinkreis saßen und lauschten. Schließlich zog der Reverend einen Flachmann aus seiner Satteltasche und sagte: »Normalerweise ist der Inhalt für medizinische Zwecke gedacht, aber es ist kalt heute Abend. Genehmigen wir uns einen kleinen Schluck – aber nur einen kleinen.«
    Norville und der Reverend tranken beide aus der Flasche, und dann steckte der Reverend sie zurück in die Satteltasche. Plötzlich drang ein heftiger Geruch in die Hütte, eine Mischung aus Leichenhaus, Schlachthaus und Scheißhaus.
    »Es ist ganz in der Nähe«, sagte Norville. »Das ist sein Geruch.«
    Reverend Mercer legte einen Finger auf die Lippen und bedeutete Norville, er möge still sein. Um das Haus herum raschelte es, doch das konnte alles Mögliche sein. Schließlich hörten sie etwas im Schlafzimmer – ein Geräusch, als würde nasse Wäsche auf den Boden plumpsen.
    Norville sah den Reverend an, und dieser nickte ihm zu. Er hatte es auch gehört. Vorsichtig entsicherte er die Revolver.
    In dem Zimmer war es dunkel, aber daran hatten sich die Augen des Reverend bereits gewöhnt, und er konnte die Umrisse der Möbel erkennen. Er sah, dass sich die Schlafzimmertür, die ein kleines Stück offen stand, bewegte. Eine aufgedunsene Hand, so weiß wie die Blütenblätter von Orchideen, erschien am Rand der Tür. Die Finger waren lang und gekrümmt wie Pflanzenstängel. Die Tür knarrte, und auf dem Fußboden floss trübes Wasser in den Raum herein.
    Norville machte Anstalten aufzuspringen, doch der Reverend berührte ihn an der Schulter, um ihn zurückzuhalten.
    Die Tür öffnete sich noch weiter, und dann glitt das Ding in den Raum, wobei es sich bewegte, als wäre es aus weichem Wachs. Es war am ganzen

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