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Straße nach überallhin

Straße nach überallhin

Titel: Straße nach überallhin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roger Zelazny
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richtigen Fleck geschehen.“
    „Kennst du Ort, Zeit und Umstände?“
    „Nein.“
    „Immerhin etwas. Vielleicht hast du demnächst eine andere Vorahnung.“
    „Glaube ich nicht.“
    „Na gut, jedenfalls freut es mich, die Informationen erhalten zu haben. Und nun, um deine Frage gleich zu Beginn zu beantworten: Nein, ich werde dich sicherlich nicht verlassen.“
    „Aber du könntest beschädigt oder sogar zerstört werden, wenn es passiert.“
    „Das Leben besteht aus Unsicherheiten. Ich werde das Risiko eingehen. Mondamay würde es mir nebenbei nie verzeihen, wenn ich dich jetzt verlassen würde.“
    „Hast du ein bestimmtes Verständnis oder so was?“
    „Ja.“
    „Interessant …“
    „Augenblicklich bist du das Objekt der Diskussion. Meine Entscheidungen werden hauptsächlich durch die bekannten Tatsachen und die Logik bestimmt, weißt du.“
    „Ich weiß. Aber …“
    „‚Aber’, zum Teufel! Sei endlich mal eine Minute still, während ich nachdenke. Ich habe überhaupt keine Fakten, mit denen ich Kalkulationen anstellen könnte. Alles, was du mir gesagt hast, ist subjektiv und hat paranormale Anklänge. Nun, ich bin bereit, das Paranormale unter gewissen Umständen anzuerkennen. Aber ich habe keine Möglichkeit, es zu testen. Ich kann mich eigentlich nur auf das Wissen über dich verlassen, das ich im Laufe unserer merkwürdigen Beziehung gesammelt habe, während wir zusammen tätig waren. Ich will im Grunde genommen glauben, daß du weißt, was du tust, habe aber gleichzeitig Angst, du könntest einen großen Fehler machen.“
    „Daher?“
    „Ich kann nur zu einem Schluß kommen: Wenn ich dich zurückhielte, und es würde sich herausstellen, du hättest recht gehabt und ich unrecht, und ich hätte dich von etwas für dich sehr Wichtigem abgehalten, dann würde ich mich entsetzlich fühlen. Ich hätte in meiner Pflicht, dich zu unterstützen, versagt. Daher sehe ich mich gezwungen, dir bei allem, was du tust, zur Hand zu gehen, auch wenn ich es nur provisorisch akzeptieren kann.“
    „Du weißt, das ist mehr, als worum ich dich bitten würde.“
    „Ich weiß. Verdammt anständig von mir. Ich möchte dich aber auch darauf hinweisen, daß ich mich nicht scheuen werde, die Bremse zu ziehen, wenn ich glaube, du begehst eine große Dummheit.“
    „Ich schätze, das ist fair.“
    „Es muß genügen.“
    Red stieß Rauch aus.
    „Ich glaube auch.“
    Die Meilen tickten wie Jahre vorbei.

 
     
Zwei
     
     
     
    Plötzlich warf der Marquis de Sade seinen Füller hin und erhob sich vom Schreibtisch, ein seltsames Funkeln flackerte in seinen Augen. Er sammelte alle Manuskripte des Schriftstellerlehrgangs ein, machte ein gewaltiges Bündel daraus und ging mit ihnen durch den Raum und auf den Balkon. Dort, drei Stockwerke über dem Boden, über dem Park und den glitzernden Fenstern der Stadt, löste er sämtliche Bindungen und ließ die Blätter eines nach dem anderen hinabfallen, schmutzige Schneeflocken im trügerischen Licht der Nachmittagssonne.
    Er führte einen kurzen Tanzschritt aus, küßte seine Fingerspitzen und winkte den letzten Blättern zu, die im Wind tanzten, die krankhaften Träume von Möchtegernschriftstellern aus mehr als einem halben Dutzend Jahrhunderten.
    „Bon jour, au revoir, adieu“, proklamierte er feierlich, dann wandte er sich lächelnd ab.
    Er kehrte zu seinem Schreibtisch zurück, setzte sich, nahm seinen Füller und schrieb: Ich habe meinem Gönner einen Gefallen getan und alle Ihre dummen Manuskripte vernichtet. Keiner von Ihnen hat auch nur das geringste Talent. Das unterzeichnete er, faltete es zusammen, damit er es mitnehmen und an die Tür des Konferenzzimmers heften konnte.
    Dann nahm er ein zweites Stück Papier.
    Es könnte den Anschein erwecken, schrieb er, als würde ich Eure Freundschaft, Eure Großzügigkeit besonders schlecht belohnen, indem ich mich entschließe, Eurem größten Feind zu helfen, Euch zu vernichten – zu vernichten, möchte ich hinzufügen, auf eine ganz makabre Art und Weise. Manche meinen vielleicht, ich hätte meinen Sinn für Gerechtigkeit verloren und würde das hier im Hinblick auf eine höhere Gerechtigkeit tun. Sie irren sich.
    Nachdem er unterzeichnet hatte, fügte er noch das Postskriptum hinzu: Zu der Zeit, wenn Ihr dies lest, werdet Ihr bereits tot sein.
    Er kicherte, legte den Briefbeschwerer, einen Totenschädel, auf das Dokument und verließ seine Gemächer, wobei er die Tür einen Spalt weit offenließ.
    Er warf seine

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