Straße nach überallhin
alt warst?“
„Ja. Wenn du sie jemals wiedersiehst, wirst du die Bestätigung erhalten. Zuerst suchten wir – anfangs gemeinsam, dann getrennt – nach dem Weg zurück, von wo wir gekommen waren. Ohne Erfolg. Dann erkannte ich eines Tages, dies lag daran, daß die Dinge seit meiner frühesten Erinnerung einen entscheidenden Wandel erfahren hatten. Daher machte ich mich daran, das Bild selbst zu verändern. Ich wollte es wieder so machen, wie ich es in Erinnerung hatte – und so hoffte ich, die richtige Route zu finden, wenn alles wieder beim alten war. Aber die Welt ist zu vielschichtig, man kann sie nur schwer formen. Inzwischen erkenne ich, daß ich lediglich mal hier und da eine Veränderung in Richtung des Zustandes, als ich noch alt war, bewirken kann, aber mehr auch nicht. Das ging mir schon vor einiger Zeit auf. Aber ich konnte mir keinen anderen Weg vorstellen, die Sache anzugehen, daher blieb ich bei der Methode. Dann erklärte mir Chadwick die Schwarze Zehn, und damit begannen die Dinge sich langsam aufzuhellen.“
„Sollte mir jetzt klar sein, wie?“
„Nein.“
Red paffte an seiner Zigarre und sah zum Fenster hinaus. Ein kleines, schwarzes Vehikel überholte. Er sah ihm nach, bis es in der Ferne verschwunden war, dann fuhr er fort: „Als mein Leben bedroht war, kamen meine Anfälle regelmäßiger, und meine Träume wurden intensiver. Ich sah immer deutlicher, welche Träume wahr waren – und plötzlich erkannte ich auch, daß die Bedrohung dafür verantwortlich war. Ich überdachte meine Vergangenheit. Ich hatte ähnliche Gefahrenmomente bereits in meinem früheren Leben gehabt. Vorhin im Lager, als ich kurz vor dem Angriff döste, wurde mir bewußt, daß Chadwick mir mit seiner Vendetta einen großen Gefallen getan hatte. Dann, als wir flohen, überlegte ich mir: Vielleicht ist das gar kein Zufall? Angenommen, er versucht – wenn auch unbewußt – mir zu helfen? Es besteht die Möglichkeit, daß wir derselben Brut angehören und er irgendwie weiß, wessen es bedarf …“
Seine Stimme versagte.
„Ich glaube, der letzte Anfall hat deine Gedanken tatsächlich etwas verwirrt, Red. Dein Geschwätz gibt immer noch keinen Sinn. Es sei denn, du läßt etwas aus.“
„Nun, ich habe eine Menge Freunde, und jetzt ist sowieso alles gesagt. Es könnte sein, daß jemand Chadwick manipuliert, mir einen Gefallen zu tun. Das würde ich gern herausfinden, und deswegen unternehmen wir diese Reise.“
„Hm. Wenn ich deine irre Logik betrachte, dann wird mir klar, warum du so plötzlich den Mann schonen willst, der dir nach dem Leben getrachtet hat. Aber darauf wollte ich eigentlich gar nicht hinaus. Das sagtest du nur, um mich abzulenken. Du verschweigst mir noch etwas, aber ich komme dir immer mehr auf die Schliche. Also raus damit.“
„Fleurs, du bist schon zu lange mit mir zusammen. Es gab einmal eine Einheit wie du, die ich zurücklassen mußte, weil sie anfing, zu sehr wie ich zu denken.“
„Ich werde daran denken und dich zuerst verlassen. In der Zwischenzeit …“
„Ich war der Meinung, sie begann ernsthaft auszuflippen. Nun frage ich mich aber, ob sie nicht weitsichtiger war als …“
„Du kannst jemanden mit meiner Geisteskapazität nicht mit leerem Geschwätz hinhalten! Was verschweigst du?“
„Nichts, wirklich nichts. Ich suche den Rückweg zu der Existenz, an die ich mich immer deutlicher erinnere. Du weißt das. Diese Suche war immer etwas Konstantes für mich. Ich habe das Gefühl – falls du das wissen willst –, daß ich mein Ziel binnen kürzester Zeit finden werde.“
„Aha! Endlich. Okay, das hatte ich bereits vermutet. Und jetzt noch den Rest der Neuigkeiten. Wie soll das vor sich gehen?“
„Nun, ich glaube, daß diese Existenz terminiert werden muß, bevor die andere sich manifestieren kann.“
„Weißt du, ich fühlte schon die ganze Zeit etwas Derartiges herannahen. Das ist der bizarrste Todeswunsch, von dem ich je gehört habe – dabei ist mein Dekadenzprogramm sehr gründlich. Hast du noch etwas hinzuzufügen? Hast du schon einen Entschluß gefaßt, wie du es anpacken willst?“
„Nein, nein. Nichts von dem, was du mir unterstellst. Ich habe nie an Selbstmord gedacht. Dies hier hat mehr den Charakter einer Vorahnung. Ja, so könnte man es nennen. Ich fühle einfach, es muß etwas geschehen. Ich fühle auch, es kann keiner der alten Orte oder Zeiten sein. Es gibt nur eine Art und Weise, wie die Transformation vonstatten gehen kann, und sie muß am
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