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Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Titel: Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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ve r geblich versucht, sie zu Fuß z u erreich e n. Ich bin bis zum P rater g e k o mmen, d e m berühmten P ark, der an der gegenüberlieg e nden Seite a n d ie Don a u grenzt. Der P rater ist so riesengroß, daß es m ir nach e iner halben Stunde s i nnlos ers c hi e n, mir die Füße w und z u l a uf e n, nur um mit eigen e n Aug e n zu s e hen, w as ich schon hundert Mal gelesen hatte: daß die Donau n ä mli c h alles andere als blau ist. Statt dess e n trottete ich über die große, gerade Hauptallee der L ä nge nach durch den P ark. Ich k a m vorbei an S portplätzen, an Schauke l n, a n ein e m Stadion, a n Caf e s und R e staur a nts und erreichte e ndlich d e n Vergnügungspark mit se i n e m Riesenrad, das durch den F i l m Der Dritte Mann m it O r son Well e s und Joseph Cott o n berühmt g e w orden ist.
    Eine T afel info r mierte auf Deuts c h über die Gesch i chte des Ries e nrades. D e mnach w ur d e es 1896-97 v o n e i n e m E ngl ä nder n a m e ns Walter Basset geb a ut, w ie i c h, stel l vertretend für m e ine Freunde und Na c hbarn, m i t e i n e m Anf l ug von S tolz festste l lte. Eine Fahrt kostete fünfund z w anz i g Schill i ng. A n j en e m T ag st a nd es still. Ans o nst e n herrschte j edoch reger Betrieb i m Vergnügungspark, w as ich mir ni c ht re c ht z u e r klär e n ve r m o c hte, denn er w irkte zi e m li c h heruntergek o mm e n.
    An e i n e m Spä t nachmi t tag g i ng ich z um S igmun d -Fr e ud-Mus e um, das si c h i n se i ner alt e n Wohnung i n der Berggasse, et w a a nderthalb Kil o m eter nördlich der Innenstadt, befindet. Die Bergg a sse ist heute eine uns c heinbare und zi e m l i c h trostlose Straße. Die Freuds sche i n e n dageg e n recht gut g e lebt zu haben. Ihre Wohnung hatte sechz e hn Z i mmer, von den e n ganze v i er der Öffen t lichkeit z ugäng l ich s i nd. Sie en t halten fast kein Mobil i ar, lediglich ein paar persönliche Dinge aus Freuds Bes i tz: e i nen Hu t , einen Spazierstock, se i ne Arzttasche und dergl e ich e n mehr. Do c h das h i ndert die Betreiber des Mus e ums nicht, d e m Besu c her dreißig S chi l ling Eintri t t abzuknöpf e n.
    An den Wänden der vier fast leeren Räume h i ng e n 400 F otos und Fotokopien v o n Briefen und a nderen Dokument e n, die irg e n d w ie mit dem Leb e n Fr e uds i n Verbindung st a nden, w e nn diese V e rbindung auch m a n c hmal a n den Haa r en herbeigezog e n w ar - ein Foto von Michel a ng e los Moses, den Freud auf einer Itali e nreise b e w undert hatte, und ein Foto von Sarah Bernhardt, das hier ni c ht e t wa geze i gt w urde, w eil Freud sie beh a ndelt oder m it ihr ges c hl a f e n hatte oder ihr au c h nur b e gegnet w ar, s o ndern lediglich, w eil er sie e i n m a l auf der Bühne ges e hen hatte. A l l das, w a s Freud i m Laufe der fünf Jahrzehnte, die er i n di e ser Wohnung z u H a use w ar, z us a mm e ng e trag e n hat - se i ne Bibliothek, s e ine 2500 P last i ken, se i ne Möbel, seine berühmte C o u c h -, b e f i ndet si c h fast a usn a hmsl o s in ein e m w eit a us anspru c hsvol l eren Mus e um in H a mpste a d, da e r bekanntli c h z w ei Jahre vor sein e m T od von den Nazis aus Wien vertrieben w urde.
    Ich fr a ge mich, w a r um er üb e rhaupt so l a nge i n Wien g e blieben ist. Weit vor der Jahrhunder t w e nde zählte Freud b e reits zu den n a mhaftest e n P ersönli c hke i ten i n der Welt der Medizin, w eg e n j üdischen A bst a mmung bot m a n i hm j edoch erst 1902, als er fast fünfz i g Jahre alt w ar, e i nen L e hrs t uhl a n der Wiener Un i versität a n.
    Vor dem Krieg lebten ungef ä hr 200 000 Juden in Wi e n. In z w i sch e n hat si c h i hre Z a hl fast a uf nu l l reduziert. Wie Jane Kr a m er in i hr e m Buch Europeans schreibt, sind die m eist e n Österrei c her n i e ein e m österreichis c hen Jud e n beg e gnet, und dennoch i st Öste r reich bis heute das an t is e mit i schste L a nd Europas. L a ut Kr a mer haben U mfrag e n w iederholt e r geben, daß e t w a siebzig P rozent der Österreicher Juden ni c ht m ö g e n, daß e t w a s m e hr als z w anz i g P rozent ihn e n g e g e nüber ein e n rege l rechten A bs c heu verspüren und daß nicht g a nz e i n Z e hntel der Bevölkerung Juden a l s so wider w ärtig e m pf i nden, daß sie si c h » i n der Geg e n w art e in e s Juden phys i sch abgestoßen fühle n « . Ich k o nnte das k a um gl a uben, bis ich i m Observer von e i ner w e iteren U mfrage l a s, die ergeben

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