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Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene

Titel: Streifzüge durch das Abendland - Europa für Anfänger und Fortgeschrittene Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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spaziereng e g a ng e n w aren, ohne ihnen vorher die Mäntel z ug e knöpft zu haben.
    Über das berühmte C a fe Land t m ann neben d e m Bu r gthe at er an der Ringstraße w ußte Brook zu berichten, daß m a n dort » von Kellne r n und Garderobieren w ie der letzte Dreck behandelt w i r d « , w as me i nen Erf a h r ung e n sch o n e t w a s n ä her k a m . Sie legt e n t a tsäch l ich diese aufgetrag e ne A rroganz a n den T ag, die ein e m bei europäisch e n Kellne r n h ä ufig b e gegnet. A l les in a l l e m w ar e n die Wiener Cafes denn a u c h die größte Ent t äus c hung für mich. Ich h a be ein e n Lebensabschni t t erreicht, i n de m i c h ni c hts lieber tue, a l s d en halben T ag vor einer T asse Kaffee zu sitz e n und Ze i tung zu lesen. Daher schi e n diese Stadt m it i hren zahllos e n Kaffe e häusern w ie für mich g e m a c ht. Doch i c h hatte mir mehr d a von versproch e n. Ich hatte e i ne A rt verrauchten Cha r me er w artet und j ede Menge exzentris c he Char a ktere, aber i m G r unde w ar e n es ganz einfa c h Rest a urants. Der Kaffee w ar ni c ht s c hle c ht, w enn a uch nicht übe r w äl t ig e n d , und die Bedienung w ar i m a l lg e me i nen langs a m und ste t s unfreundlich. Sie geben e i n e m Zei t ungen z u lesen - das i st der einzige U nterschied. Sogar das Cafe Central, i n dem si c h T rotzki T ag für T ag die Zeit mit Nich t stun vertrieben hat, e r w i es si c h a ls e i ne E ntt ä us c hung. Es hatte eine g e w i sse A t mosphäre - g e w ölbte Deck e n, Ma r m ortis c he, ein e n P ianist e n -, aber der Kaffee kostete vie r unddreißig S c h i lling pro T asse, und der Service w a r höchst e ns m i tte l mäßig. D och die Geschi c hte, die sich um das a lte Kaffeeh a us rankt, g e fällt mir: Z w ei Wiener si t zen i m Central und reden über P olit i k. Der e i ne, gerade zurück a us Mosk a u, prophe z eit, daß in Rußland e i ne R e volution bevorsteht. »Ach, j a ? « s a gt der andere skeptisch und macht eine kurze Kopfb e w egung i n die Ri c h t ung des e w i g e n M üß i gg ä ngers T rotzki. » Und w er soll die führen - er ? «
    In g a nz Wi e n fand ich nur e i n freundlich e s Cafe, das H a w a l ka. Es lag in der Nähe me i nes Hote l s und w ar muff i g, unordentlich und so dunkel, daß m a n sich den W e g zu se i n e m T isch ertast e n mußte. Üb e r den g a nz e n Raum vertei l t l a gen Zei t ung e n herum. E in alter Kel l ner, der eher w ie e in A nstre i cher gekl e idet w ar, brachte mir e i ne T asse Kaffee, ohne daß ich darum gebeten hatte. A l s er m e r kte, daß ich Amer i kaner b i n, beg a nn er, ein paar Ex e m p lare der U SA Today zus a mmen z usu c hen, und l e gte sie m ir auf den T isch.
    » O h, ne i n, dank e « , s a gte i c h. » We r fen Sie die ins F e uer, und bringen Sie m ir e i ne Zei t ung . « A ber er hörte w ohl ni c ht bes o nders gut, d e nn nun trippelte er durch den Rau m , s a mmelte w eiter und kehrte m it ein e m g a nz e n Stapel a n me i nen T is c h zu r ück. » Ne i n, ne in « , protestierte ich, » d a mit legt man S c hubladen a us . « Doch er brachte mehr und m e hr, bis si c h die Zei t ung e n e i nen halb e n Meter hoch a uf me i n e m T isch t ü r m t e n. S chließli c h faltete er ein Ex e m plar ause i n a nder und breitete es vor m ir aus. A lso trank i c h m e i nen Kaffee und las eine halbe St unde l a ng A rt i kel über Vanna White, S y l vester S tallone und andere große Denker unser e s Jahrhunderts.
    Wien ist z w e i fell o s die prachtvollste S tadt, die ich j e gesehen habe. Auf der ges a mten L ä nge der Ringstraße künden m o num e ntale Bauten von der Verg a ngenhe i t einer Ka i serstadt: das P arlament, der Justizpalast, das Na t u r histo r ische M useum, das K uns t h i storische Mus e um, das Opernh a us, das Burg t heater und vor all e m die Hofbu r g mit i hren 2600 Räumen - ma j estätis c he Berge aus G r anit und Sandste i n, an d e ren Dächern und Giebeldreiecken kriegeris c he Statu e n aufgereiht st e h e n. Sollten j e m a l s Marsmensch e n die Erde besuch e n, w erd e n sie sicher i n Wi e n l a nden, i n d e m Glauben, dies sei die Hauptstadt des P lanet e n.
    Daß die Donau i n Wien nur eine Nebenrolle spie l t, daran uß m a n sich erst g e w öhn e n. Sie liegt so w eit v o m S tadtzent r um entfernt, daß sie auf den m e i st e n Stad t plänen für T ouristen nicht ein m al verzeichnet i st. A n e i n e m N a chmi t tag habe i c h

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